Labormanagement 28.12.2025

80 Prozent KI – und dann? Die neue Rolle des Laborinhabers im Jahr 2030



Die fortschreitende Digitalisierung verändert das Dentallabor, wie wir es bislang kennen, grundlegend. Doch was bedeutet es für die Rolle des Laborchefs, wenn künstliche Intelligenz und Automatisierung zunehmend die meisten Routineaufgaben übernehmen?

80 Prozent KI – und dann? Die neue Rolle des Laborinhabers im Jahr 2030

Foto: Strive Studio – stock-adobe.com

Das Telefon klingelt, doch kein Mitarbeiter nimmt mehr ab. Stattdessen meldet sich eine freundliche Stimme, die nicht menschlich ist, sondern von einer KI gesteuert wird. Sie versteht das Anliegen, leitet es weiter oder erledigt es gleich selbst. Auf dem Bildschirm ploppen bereits die Rechnungen des Vortags auf, automatisch erstellt anhand von 360-Grad-Fotos der fertigen Arbeiten, fehlerfrei und versandbereit. Deren Abholung und Lieferung übernehmen selbstfahrende Fahrzeuge. Und im CAD/CAM-Bereich entwirft die Software über Nacht eigenständig Kronen, Brücken oder Schienen, die von Maschinen produziert und vorsortiert wurden.

Dieses Bild klingt futuristisch, ist aber keine ferne Vision mehr. Einiges davon ist heute bereits Realität, manches wird in wenigen Jahren Standard sein. Meine Prognose: Realistisch betrachtet werden im Jahr 2030 rund 80 Prozent aller Routineabläufe in einem Dentallabor von KI und Automatisierung übernommen. Für viele Laborinhaber stellt sich deshalb die provokante Frage: Wenn Maschinen so viel erledigen, welche Rolle bleibt dann noch für den Chef?

Automatisierung als Chance

Die Möglichkeiten dieser Entwicklung sind offensichtlich: Abläufe werden schneller, effizienter und weniger fehleranfällig. Arbeiten, die heute noch mehrere Tage benötigen, können zukünftig in wenigen Stunden abgeschlossen sein. Das steigert die Wettbewerbsfähigkeit und erlaubt es, mit einem vergleichsweise kleinen Team deutlich mehr Aufträge zu bewältigen. In Zeiten des Fachkräftemangels ist das eine enorme Entlastung. KI kann zudem Prozesse standardisieren, Kosten senken und den wirtschaftlichen Druck auf die Labore verringern. Für viele Inhaber bedeutet das auch: weniger operative Hektik, weniger Fehlerkorrekturen, mehr Freiraum für strategische Entscheidungen.

Bild von einem Quotenzeichen
„Künstliche Intelligenz nimmt Routine ab und eröffnet enorme Möglichkeiten. Doch die wirklich entscheidenden Aufgaben – Führung, Kundenbindung und Kultur – bleiben allein in menschlicher Hand.“

Die Risiken: Abhängigkeit und Austauschbarkeit

Doch jede Medaille hat zwei Seiten und so birgt der Einsatz von KI einige Risiken, die nicht unterschätzt werden dürfen. Wenn alle Labore auf dieselben Systeme setzen, verschwinden die Unterschiede im Angebot. Die Gefahr der Austauschbarkeit ist real: Ein Zahnarzt, der keinen persönlichen Bezug mehr hat, könnte sein Labor leichter wechseln, wenn es nur noch um Geschwindigkeit und Preis geht.

Dazu kommt die Abhängigkeit von Softwareanbietern und Systemen. Fällt die Technik aus oder werden Daten durch Hackerangriffe gefährdet, kann ein kompletter Betrieb ins Stocken geraten. Und nicht zuletzt droht der Verlust von Handwerkskunst. Je stärker Prozesse automatisiert werden, desto mehr geht Wissen verloren, das über Jahrzehnte hinweg aufgebaut wurde. Das Risiko besteht darin, dass Laborchefs am Ende nur noch Systemüberwacher sind – und ihre eigene unternehmerische Relevanz schwächen.

Menschliche Faktoren als Schlüssel

Gerade aus den vorgenannten Gründen ist es entscheidend, die eigene Rolle neu zu definieren. Denn was selbst die beste Technik nicht leisten kann, sind die menschlichen Faktoren: Beziehung, Führung, Innovation. Zahnärzte wollen keinen anonymen Prozess – sie wollen Partner, die zuhören, beraten und Verantwortung übernehmen. Auch wenn Rechnungen oder Datentransfers automatisiert laufen, bleibt die persönliche Kommunikation der Schlüssel zu stabilen Geschäftsbeziehungen. Ein Laborchef, der den Zahnarzt versteht, Vertrauen aufbaut und zuverlässig agiert, wird auch in einer Welt voller KI unverzichtbar sein.

Ebenso wichtig ist die Rolle als Führungskraft. Auch wenn Maschinen die Arbeit dominieren, bleiben Menschen im Labor – als Bediener, Prüfer, Gestalter, Ideengeber und Problemlöser. Sie sind es, die aus dem digitalen Entwurf ein individuelles, ästhetisch anspruchsvolles Unikat schaffen. Diese Menschen wollen nicht nur Anweisungen, sie wollen Orientierung und Motivation. Kultur entsteht nicht durch Algorithmen, sondern durch Haltung, Werte und Vorbild. Der Laborinhaber ist derjenige, der diese Kultur prägt und sein Team befähigt, die Veränderungen mitzutragen. Gerade in einer Zeit, in der sich viele durch Technik verunsichert fühlen, braucht es Chefs, die Klarheit geben und Mut machen.

Hinzu kommt die Verantwortung für Innovation und Positionierung. Wenn Technik vieles gleichförmig macht, stellt sich die Frage: Wodurch unterscheidet sich ein Labor noch? Die Antwort liegt nicht in den Maschinen, sondern in den Menschen. Servicequalität, kreative Problemlösungen, maßgeschneiderte Angebote und ein klares Profil sind die Faktoren, die ein Labor von anderen abheben. Der Inhaber ist es, der diese Positionierung entwickelt und nach außen trägt.

Fazit

Vom Techniker zum Unternehmer

Die Entwicklung hin zu KI-gesteuerten Prozessen ist nicht aufzuhalten. Wer abwartet, bis „es so weit ist“, läuft Gefahr, überrollt zu werden. Wer aber die Chance ergreift, sich schon heute neu aufzustellen, kann nur gewinnen. Es geht darum, den Schritt vom besten Techniker zum besten Unternehmer zu machen. Laborinhaber, die lernen, am Labor zu arbeiten statt nur darin, werden auch 2030 eine klare und wichtige Rolle spielen. Künstliche Intelligenz nimmt Routine ab und eröffnet enorme Möglichkeiten. Doch die wirklich entscheidenden Aufgaben – Führung, Kundenbindung und Kultur – bleiben allein in menschlicher Hand. Das Dentallabor 2030 wird nicht von Maschinen geführt, sondern von Personen, die Technik klug nutzen, ohne das Wesentliche aus den Augen zu verlieren: den menschlichen Faktor.

JETZT HANDELN: Erste Schritte für Laborinhaber

  • Beziehungspflege priorisieren: Nehmen Sie sich bewusst Zeit für persönliche Gespräche mit Ihren Zahnärzten. Verstehen Sie ihre Bedürfnisse, bieten Sie maßgeschneiderte Lösungen an und zeigen Sie sich als strategischer Partner.
  • Mitarbeiter befähigen: Ermutigen Sie Ihr Team, neue Technologien zu erlernen und selbstständig Lösungen zu entwickeln. Setzen Sie auf Weiterbildung in Bereichen wie Datenanalyse, Softwarebedienung und kreativer Gestaltung.
  • Das eigene Profil schärfen: Überlegen Sie, was Ihr Labor einzigartig macht. Ist es die besondere Ästhetik, ein schneller Service oder die Spezialisierung auf komplexe Fälle? Kommunizieren Sie diesen Mehrwert klar und deutlich nach außen.
  • Prozesse strategisch überdenken: Identifizieren Sie die 80 Prozent der Routineaufgaben, die zukünftig automatisiert werden können, und planen Sie, wie Sie die frei gewordene Zeit und Energie in die menschlichen Kernkompetenzen (Führung, Kundenbeziehung, Innovation) investieren.

ZWL Zahntechnik Wirtschaft Labor 06/25

ZWL Zahntechnik Wirtschaft Labor


Dieser Beitrag ist in der Zahntechnik Wirtschaft Labor erschienen.

Seit über 25 Jahren erreicht die ZWL Zahntechnik Wirtschaft Labor mit einer Auflage von je 10.000 Exemplaren gewerbliche wie auch Praxislabore im gesamten Bundesgebiet und ist so eine der bevorzugten Informationsquellen und Ratgeber zu allen fachlichen und wirtschaftlichen Aspekten rund um das zahntechnische Labor. In sechs Ausgaben jährlich können sich die Leser über aktuelle Entwicklungen und Trends der Branche informieren.

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