Zahntechnik 28.02.2014
Wunschkunststoff für Wunschzahnspangen
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ZT Stefan Kehlbacher stellt den neuen Dentaurum Kunststoff Orthocryl® LC vor.
Die Verwendung und Verarbeitung von Kaltpolymerisat in der Kieferorthopädie ist seit Jahrzehnten bekannt und hat sich bestens (bei Orthocryl® weit über 250-millionenfach) bewährt. Moderne Kaltpolymerisate weisen eine geringe Schrumpfung, eine gute Festigkeit und Bruchstabilität sowie im Falle von Orthocryl® eine nachgewiesen gute Bioverträglichkeit auf.
Kunststoffe für die Kieferorthopädie werden in unzähligen Farben, sogar in Schwarz und Weiß, angeboten. Damit erhalten die (kleinen und großen) Patienten ihre Zahnspange in ihrer Wunschfarbe. Einlegemotive und Glitzer tragen zur weiteren Individualisierung bei. Doch was würde der Techniker sich wünschen, der die Zahnspange herstellt und den Kunststoff verarbeitet?
Nehmen wir doch einmal ein weißes Blatt und stellen uns einen Wunschkunststoff zusammen:
- keine Gesundheitsgefahr = keine Schutzmaßnahmen notwendig
- MMA-frei, Dibenzoylperoxid-frei = besonders verträglich, auch für Allergiker geeignet
- keine Geruchsbelästigung
- gebrauchsfertigen Kunststoff verarbeiten = kein Anmischen erforderlich
- geringer Materialverbrauch = wenig Überschuss, kostengünstig
- punktgenaues Auftragen und Modellieren
- Polymerisation startet, wann ich es will = kein Zeitdruck beim Verarbeiten
- kurze Polymerisationszeit = schnelles, rationelles Arbeiten
- leichtes Ausarbeiten und Polieren
- geringe Schrumpfung = gute Passung
- kein Gefahrstoff = problemloses Handling und Lagern
- kein Gefahrgut = einfacher und kostengünstiger Versand.
Einen Kunststoff mit all diesen Eigenschaften suchte man auf dem Markt bisher vergeblich. Nun bietet die Firma Dentaurum (Ispringen, Deutschland) mit Orthocryl®LC zum ersten Mal einen lichthärtenden Kunststoff für die Herstellung von Dehnplatten, Aufbissschienen, bimaxillären kieferorthopädischen Behandlungsgeräten sowie Bohrschablonen für die Implantologie an, der genau diesen Ansprüchen gerecht wird. Für die Herstellung bunter Zahnspangen wird dieser neue Kunststoff in den beliebten Farben Rot, Grün, Blau und Gelb sowie in Farblos und Rosa-transparent angeboten (Abb. 1).
Keine Schutzmaßnahmen notwendig Da Orthocryl®LC kein Gefahrstoff ist, sind bei der Verarbeitung keine besonderen Schutzmaßnahmen zu treffen. Es kann auf eine Absaugung und auf belüftete Räume verzichtet werden. Bei der Verwendung besteht keine Brandgefahr. Somit kann dieser Kunststoff auch direkt neben einem Laborbrenner verarbeitet werden.
Allergikergeeignet/MMA-frei, Dibenzoylperoxid-frei Orthocryl®LC ist frei von Methylmethacrylat und Dibenzoylperoxid und damit besonders sicher. Die Herstellung der Apparaturen im Labor und das Tragen der Apparaturen stellen kein Gesundheitsrisiko dar. Daher ist der neue Kunststoff besonders gut für Patienten und Techniker geeignet.
Keine Geruchsbelästigung
Bei derVerarbeitung von Orthocryl®LC entstehen – im Gegensatz zum Streuen und Anteigen von Kaltpolymerisat – keine unangenehmen und reizenden Dämpfe. Daher kann beim Auftragen des Kunststoffs auf eine Absaugung verzichtet werden.
Kein Anmischen erforderlich/ gebrauchsfertigen Kunststoff verarbeiten Da Orthocryl®LC als lichthärtender Einkomponenten-Kunststoff schon gebrauchsfertig vorliegt, sind weder das Anmischen, Anteigen noch Streuen erforderlich. Der Kunststoff wird ganz einfach punktgenau aus der Kartusche aufgetragen.
Wenig Überschuss/geringer Materialverbrauch Orthocryl®LC wird gebrauchsfertig in Kartuschen angeboten und lässt sich mit dem dazugehörigen Injektor einfach dosieren und punktgenau auftragen. Dies erspart Zeit und Materialkosten.
Punktgenaues Auftragen und Modellieren Orthocryl®LC zeichnet sich durch seine gute Viskosität und optimale Standfestigkeit aus. Somit lassen sich die verschiedensten kieferorthopädischen Behandlungsgeräte einfach gestalten. Dabei kann man sogar mit den verschiedenen Farben spielen und tolle Muster kreieren, die man mit einem gestreuten Kunststoff so nicht hinbekommt (Abb. 2).
Kein Zeitdruck beim Verarbeiten/Polymerisation startet, wann ich es will Die Polymerisation von Orthocryl®LC wird gestartet, wenn Licht mit geeigneter Wellenlänge auftrifft. Dies ist üblicherweise erst der Fall, wenn die Apparatur sich im Lichthärtegerät befindet, damit lässt sich der Startpunkt der Aushärtung nach Bedarf steuern.
Schnelles Arbeiten/kurze Polymerisationszeit Orthocryl®LC wird durch Licht mit einer Wellenlänge von 480 nm gehärtet, wobei die Polymerisationszeit je nach herzustellender Apparatur zwischen drei und neun Minuten beträgt. Zum Härten können dabei Lichtpolymerisationsgeräte genutzt werden, die auch zur Polymerisation von Verblendkunststoffen zum Einsatz kommen.
Leichtes Ausarbeiten und Polieren Orthocryl®LC kann mit gewöhnlichen Fräsern und Polierern für Kunststoff bearbeitet werden. Die Vorpolitur erfolgt analog zu Kaltpolymerisat mit Bimsmehl. Hochglanz wird mit einem Leinenschwabbel und Flüssigpoliermittel (z. B. Edelweiß, Fa. Dentaurum) erzielt.
Gute Passung, geringe Schrumpfung Orthocryl®LC weist eine sehr geringe Schrumpfung und damit einhergehend eine sehr gute Passung auf. Dehnplatten aus Orthocryl® LC gefertigt, liegen optimal dem Zahn an, sodass die Kräfte in der aktiven Phase der Behandlung optimal übertragen werden können (Abb. 3). Die Herstellung einer Dehnplatte aus Orthocryl®LC unterscheidet sich nur in wenigen Schritten von der gewohnten Methode mit Kaltpolymerisat und läuft wie folgt ab: Die Modelle werden wie gewohnt vorbereitet und die gebogenen Drähte mit Klebewachs befestigt. Auf eine Wässerung des Modells kann, im Gegensatz zur Verwendung von Kaltpolymerisat, verzichtet werden.
Im Falle von Orthocryl®LC wird das trockene Gipsmodell mit einer Isolierung gegen Kunststoff bestrichen. Für die Positionierung der Dehnschraube wird ein Loch in das Gipsmodell gebohrt und mit Wachs aufgefüllt. Dentaurum Dehnschrauben verfügen über einen Plastikadapter mit einem Dorn an der Unterseite, welcher das leichte Befestigen und wieder Entfernen der Schraube in der mit Wachs gefüllten Bohrung ermöglicht. Der Dorn gewährleistet dabei eine absolut genaue und unverrückbare Positionierung und erleichtert damit das Arbeiten enorm.
Nach dem Erhärten des Wachses lässt sich die Schraube entnehmen und kann komplett mit dem Kunststoff umschlossen werden (Abb. 4). Dabei ist darauf zu achten, dass die Schraube komplett im Kunststoff eingebettet ist und keine Luftblasen vorhanden sind. An den Drahtretentionen wird Orthocryl®LC erst unterhalb aufgetragen und dann der gesamte Draht eingebettet (Abb. 5). Anschließend wird der Kunststoff so lange aufgetragen, bis die Apparatur die gewünschte Form und Stärke erhält.
Um beim Auftragen der verschiedenen Schichten zu vermeiden, dass durch Überlappung Luftblasen entstehen, empfiehlt es sich, die Kartuschenspitze minimal in die untere Schicht zu tauchen und dann erst weiteres Material aufzutragen. Glitzereffekte lassen sich mit etwas Disco-Glimmer direkt aus der Sprühflasche, auf eine erste Schicht Orthocryl®LC aufge- sprüht und dann mit einer weiteren Schicht des Kunststoffs bedeckt, erzielen.
Luftblasen im aufgetragenen Material können mit einem spitzen Instrument oder einer Sonde geöffnet und gefüllt werden (Abb. 6). Es ist ebenfalls möglich, den Kunststoff von unten nachzuspritzen, sodass sich die Luftblase zur Oberfläche bewegt und auflöst.
Die Polymerisation des neuen Kunststoffs findet in einem Lichthärtegerät statt, dessen Lampen mit einer Wellenlänge von 480 nm strahlen (z. B. Solidilite V, Fa. Shofu) (Abb. 7). Die ersten 180 Sekunden wird die Apparatur auf dem Modell ausgehärtet. Danach wird sie vorsichtig vom Modell genommen und gegebenenfalls auch noch auf der basalen Seite belichtet.
Wie bei allen lichthärtenden Kunststoffen, die nicht unter Vakuum gehärtet wurden, bildet sich auch bei Orthocryl®LC eine Sauerstoff-Inhibitionsschicht (Schmierschicht), welche entfernt werden muss. Die Schicht lässt sich einfach mit einem, auf ein Stofftuch aufgetragenen, alkoholischen Reinigungsmittel abwischen oder durch das Fräsen, Ausarbeiten und Polieren entfernen. Das Ausarbeiten von Apparaturen aus Orthocryl®LC erfolgt analog zu Orthocryl®-Kaltpolymerisat. Dabei können sowohl kreuzverzahnte Hartmetallfräser sowie solche mit Querhieb bzw. Fräser für die Bearbeitung von Weichkunststoffen verwendet werden. Für die Vorpolitur haben sich Silikonpolierer und feines Sandpapier bewährt. Der finale Hochglanz wird mit einer Polierpaste für Kunststoff (z. B. Edelweiß, Fa. Dentaurum) und einem Leinenschwabbel erzielt. Reparaturen und Erweiterungen an Apparaturen aus Orthocryl®LC können wie gewohnt durchgeführt werden; dafür die betroffene Stelle freischleifen und mit Sandpapier anrauen und reinigen. Auf den gesäuberten Bereich kann dann der Kunststoff ohne Zuhilfenahme eines Haftvermittlers aufgetragen und unter Einhaltung der beschriebenen Parameter gehärtet werden.
Fazit
Mit Orthocryl®LC bietet Dentaurum einen lichthärtenden Kunststoff an, der in einem modernen Labor aufgrund seiner Verträglichkeit ohne besondere Schutzmaßnahmen verarbeitet werden kann und sogar für Allergiker geeignet ist. Durch seine unkomplizierte und zeitsparende Verarbeitbarkeit sowie rationelle Dosierung lässt er sich problemlos und dazu noch wirtschaftlich attraktiv in den Laborprozess integrieren. Aus dem neuen lichthärtenden Kunststoff lassen sich in einfacher Weise Dehnplatten, bimaxilläre kieferorthopädische Behandlungsgeräte und Aufbissschienen sowie Bohrschablonen für die Implantologie herstellen. Gut, wenn Wünsche in Erfüllung gehen.