Zahntechnik 05.10.2015
Einfache Technik für einen komplizierten Fall
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In diesem Artikel wird geschildert, wie transluzentes Zirkoniumoxid (Gerüstmaterial), die Überpresstechnik (Dentinkern), eine Keramikschichtung (Individualisierung) und gingivafarbenes Labor-Composite (Rot-Weiß-Ästhetik) durchdacht vereint wurden.
Vorgestellt wird die implantatprothetische Therapie einer Patientin, die, unzufrieden mit dem ästhetischen Erscheinen ihres Lächelns, die Zahnarztpraxis konsultierte. Die Patientin war mit einer Brücke von Zahn 22 auf Zahn 12 versorgt. Bei der klinischen sowie der radiologischen Diagnose der Ausgangssituation zeigten sich im Bereich der Wurzelspitzen mehrere Läsionen. Der genaue Befund ergab, dass keiner der Frontzähne für eine ordnungsgemäße prothetische Versorgung geeignet war (Abb. 1 und 2). Nach Abwägung der Therapieoptionen fiel die Entscheidung für die Extraktion, die Insertion von zwei Implantaten sowie eine provisorische Sofortversorgung. Für die definitive prothetische Restauration wurde aufgrund der biokompatiblen sowie guten mechanischen und ästhetischen Materialeigenschaften ein Gerüst aus transluzentem Zirkoniumoxid (Zenostar Zr Translucent, Wieland Dental) gewählt. Dieses sollte nach einer Überpressung mit einer Fluorapatit-Glaskeramik (IPS e.max® ZirPress) individuell verblendet (IPS e.max Ceram) und mit einer Titanbasis verklebt werden.
Chirurgisches Vorgehen
Um für den chirurgischen Eingriff die notwendige Sicherheit zu erhalten, erfolgte die Implantatplanung mit einer Planungssoftware (SimPlant®, Materialise Dental) und einer navigierten Insertion (Bohrschablone). Nach dem Einbringen der Implantate in Regio 11 und 21 wurde die Patientin mit einer Sofortversorgung (provisorische Composite-Brücke) aus der Praxis entlassen. Unterfütterungen im basalen Bereich ermöglichten während der Einheilzeit die konvexe Ausformung des Emergenzprofils sowie die Erarbeitung konkaver Gewebestrukturen. Diese ideale Weichgewebekonditionierung ist im Hinblick auf die Imitation natürlicher Zähne unabdingbar für die Aufnahme einer implantatgetragenen Brücke (Abb. 3).
Herstellung der definitiven Restauration
Das Zirkoniumoxid-Gerüst
In Anbetracht der hohen Erwartungen der Patientin an das Ergebnis und der zu investierenden Zeit wurde vor der Herstellung der definitiven Restauration eine ästhetische Einprobe (Mock-up) vorgenommen. Hierfür kamen konfektionierte Zähne (SR Phonares® II) zum Einsatz. Wegen des weiblichen Morphotyps wurde die Zahnform B62 ausgewählt: „Schöne“, natürlich wirkende Formen, eine ausgefeilte Schichtung mit Dentin-, Inzisal- und Effektmassen sowie die ausgeprägte Makrostruktur sind Eigenschaften dieser Zähne, die zu diesem Zeitpunkt (Mock-up) die Zufriedenheit der Patientin sicherstellen sollten (Abb. 4). Die Einprobe machte deutlich, dass die Interdentalpapillen rekonstruiert werden müssen, um kompromittierende „schwarze Dreiecke“ zu vermeiden. Die validierte ästhetische Einprobe diente als Scanvorlage für das Zirkoniumoxid-Gerüst (Abb. 5), das in CAD/CAM-gestütztem Vorgehen gefertigt werden sollte. Nach dem Digitalisieren der Situation wurden die Formreduktionsparameter in der Software aktiviert und mit einem Klick das Gerüst in ideal verkleinertem Maßstab angezeigt (Abb. 6). So gestaltet, soll es den mechanischen Kräften im Mund widerstehen und die Verblendung optimal unterstützen. Das konstruierte Brückengerüst wurde aus einer transluzenten Zirkoniumoxid-Scheibe (Zenostar Zr Translucent) gefräst. Dieses Material ermöglicht das Eindringen von Licht in das Gerüst und somit ein natürliches Erscheinungsbild der verblendeten Restauration. Das verwendete CAD/CAM-System (Zenotec Select, Wieland Dental) wurde aufgrund seiner sehr guten Reproduktions- und Präzisionseigenschaften eingesetzt. Das Zirkoniumoxid-Gerüst zeigte eine ausgezeichnete Passung und konnte ohne viel Nacharbeit mit einer nitrierten Titanbasis (Biomet 3i ) verklebt werden (Abb.7).
Die hier angewendete Titan/Titan-Verbindung wird sehr geschätzt und ist umfassend dokumentiert. Um das Gerüst optimal für die Verblendung vorzubereiten, erfolgte nun eine Individualisierung mit einem Liner (IPS e.max Ceram ZirLiner). Mittels des Liners werden der gute Verbund zum Zirkoniumoxid sowie eine hohe Lichtleitfähigkeit bei gleichzeitig hoher Fluoreszenz erreicht. In einem Brand wurden drei verschiedene Massen auf die Gerüstoberfläche gebracht. Auf das zervikale Drittel der Brücke wurde IPS e.max Ceram ZirLiner Gingiva aufgetragen, um die zahnfleischfarbene Illusion zu unterstützen, die für einen diffusen und natürlichen Schleimhaut-Keramik-Übergang wichtig ist. Auf den Palatinal- und Interdentalflächen diente ein orangefarbener ZirLiner dem Farbspiel von Sättigung und Tiefe (Abb. 8). Auf die übrigen Flächen wurde ZirLiner Clear aufgetragen, da das eigentliche Gerüst bereits den gewünschten Farbton hatte.
Der Dentinkern
Da die angestrebte Zahnform über das Mock-up validiert war, sollte selbiges als Vorlage für die definitive Gestaltung dienen. Hierfür kam die Überpresstechnik (IPS e.max ZirPress) zur Anwendung. Der vom Mock-up erstellte Sili-konschlüssel wurde mit Wachs gefüllt, auf das vorbereitete Zirkoniumoxid-Gerüst aufgebracht und erneut eine Einprobe im Mund der Patientin vorgenommen (Abb. 9). Dieses Vorgehen gewährt die Kontrolle und ermöglicht zudem, dass letzte feine Adaptionen vorgenommen werden können. Erneut zeigte sich, wie wichtig es in diesem Fall sein würde, die dreiecksförmigen „schwarzen Löcher“ mit einem zahnfleischfarbenen Material aufzufüllen. Das Labor-Composite SR Nexco® ist unter anderem für diese Indikation gut geeignet. Um die Farbe der Gingiva zu ermitteln, diente ein spezieller Farbschlüssel, der den Farben des Composites entspricht (Abb. 10). Im Labor wurden noch eine leichte Reduktion des Wax-ups im Sinne eines Cut-backs vorgenommen (Abb. 11) und das Gerüst für das Überpressen vorbereitet. Ein Vorteil der Überpresstechnik besteht in der Herstellung eines „Dentinkerns“, der vor der Verblendung eine optimale Basis in Form und Farbe schafft.
Die individuelle Schichtung
Dank des teilanatomischen Überpressens muss lediglich der Inzisalbereich mit Verblendkeramik (IPS e.max Ceram) geschichtet werden. Eine aufwendige Schichtung mit viel Verblendkeramik kann vermieden werden. Was bleibt, ist das Vergnügen, mit Inzisal- und Effektmassen eine lebendig wirkende Verblendung zu kreieren. Die Schichtung erfolgte entsprechend den individuellen Gewohnheiten und Vorgaben (Abb. 12 und 13). Es wurde keine Dentinmasse mehr aufgetragen, da der Dentinkern über die Presstechnik erarbeitet worden war. Zur Individualisierung wurde eine orangefarbene transparente Zervikalmasse aufgetragen. Ziel war es, einen „blutorangefarbenen“ Effekt zu erreichen. Eine bläuliche Transparenzmasse auf den Kanten sollte den dreidimensionalen Effekt unterstützen. Die Essence-Masse Profundo wurde auf das inzisale Drittel aufgetragen, um Tiefenwirkung zu erzeugen. Letztlich musste die komplette Restauration nur noch dünn mit einer transparenten Masse (neutral) überzogen werden. Dies ist für eine gleichmäßige Glasur unerlässlich. Das Ergebnis nach dem ersten Brand erfüllte alle Erwartungen. Die Schrumpfung der Keramik erfolgte kontrolliert, und so präsentierte sich bereits jetzt ein optimales Ergebnis. Mit dem als „Keramikstütze“ dienenden IPS e.max ZirPress (Dentinkern) konnten die Achsen ausgeglichen werden, die mit der Schichtkeramik schwer zu modellieren sind. Die Opaleszenz der Keramikmassen kam gut zur Geltung, da das transluzente Zirkoniumoxid-Gerüst das Licht in die Verblendung eindringen lässt (Abb. 14).
Das Verkleben
Um eine saubere Verklebung der Brücke auf den Titanbasen zu gewährleisten, war ein feiner Wachsrand indiziert. Dieser diente dem Schutz und ermöglichte es, überschüssigen Kleber leicht zu entfernen. Die Verklebung erfolgte entsprechend den Herstellerangaben. Mit dem Vorbereiten der Innenflächen der keramischen Kronen sowie der Applikation von Monobond Plus wurde der chemische Verbund sichergestellt. Die Verklebung wurde mit dem selbsthärtenden Composite Multilink® Hybrid Abutment HO vorgenommen (Abb. 15). Dieses Material bietet eine ausreichende Opazität und lässt die Titanbasis unsichtbar werden, ohne die eigentliche Farbe der Keramik zu beeinflussen. Nach Entfernen des überschüssigen Klebers und des Wachsrandes war die Klebephase abgeschlossen.
Das Finalisieren mit Labor-Composite
Die Modifikation der Oberfläche wurde selektiv vorgenommen und der Restauration mit einer Makro- und Mikrotextur ein dreidimensionaler Effekt verliehen. Anlehnend an die Oberfläche der benachbarten Zähne erfolgte die sukzessive Ausarbeitung mit rotierenden Instrumenten. Für die mechanische Hochglanzpolitur dienten Poliermittel, Diamantpaste und Baumwollschwabbel. Nun lag der Fokus auf den bereits erwähnten „schwarzen Löchern“ im zervikalen Bereich. Mit zahnfleischfarbenem Composite sollte eine natürlich aussehende Rot-Weiß-Ästhetik erreicht werden. Nach einem lokalen Anätzen (Alternative: Abstrahlen mit AL203) der Keramikoberfläche wirkten der Universalprimer Monobond Plus (60 Sekunden) sowie der Haftvermittler Heliobond® (60 Sekunden) ein. Nun konnten das Labor-Composite (SR Nexco, Farbe G3) aufgetragen und die Interdentalpapillen rekonstruiert werden (Abb. 16 und 17). Die einfach anzuwendende Technik macht einen zusätzlichen Keramikbrand überflüssig und ermöglicht den optischen Eindruck einer natürlichen Gingiva. Weiterer Vorteil: Falls im Laufe der Zeit Gingivaretraktionen auftreten, ist eine Composite-Revision einfach und risikofrei möglich.
Eingliederung der fertigen Rekonstruktion
Die Eingliederung der keramischen Brücke verlief stressfrei, da sie unter Berücksichtigung eines zuvor festgelegten Protokolls vorgenommen wurde. Die Restauration fügte sich naturgetreu in den Mund ein (Abb. 18). Bei der Rekonstruktion der Gingiva wurde genügend Spielraum für das Interdentalbürstchen und somit die Möglichkeit einer optimalen Reinigungsfähigkeit geschaffen (Abb. 19). Alle Anforderungen für eine gelungene implantatprothetische Rekonstruktion wurden erfüllt.