Branchenmeldungen 16.04.2015
Biotop Mundhöhle
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Die Erhaltung des bakteriellen Gleichgewichts als Schlüsselfaktor für Patienten aller Altersgruppen und besonders für Risikopatienten.
Laut DMS IV leiden 52,7 Prozent der Erwachsenen unter mittelschweren (CPI Grad 3) und 20,5 Prozent unter schweren Formen der Parodontitis (CPI Grad 4). Bei den Senioren sind 48,0 Prozent von einer mittelschweren und 39,8 Prozent von einer schweren Erkrankung betroffen. Parodontitis ist weltweit eine der am meisten verbreiteten, chronischen, entzündlichen Erkrankungen. Auch junge Menschen zwischen 35 und 45 Jahren sind schon betroffen, denn es ist nicht, wie vermutet, nur eine Erkrankung des Alters. Die ersten Warnsignale wie Rötung, Schwellung und Blutung werden deutlich unterschätzt, da diese Anzeichen nicht als Anzeichen einer Erkrankung wahrgenommen werden. Dieser Zustand kann schnell einen chronischen Krankheitscharakter annehmen, an den sich der Patient gewöhnt.
Die Ursache dieser Anzeichen ist die Ansiedlung bestimmter Bakterienstämme, welche die Mundhöhle besiedeln, sich ablagern, einen strukturierten Verbund bilden und sich ungehindert vermehren können, um dann durch Toxinbildung eine Entzündungsreaktion hervorzurufen. Dies ist ein langsamer, schleichender Prozess, der sich über viele Jahre unbemerkt in ein chronisches Stadium entwickeln kann und natürlich abhängig ist von der Wirtsabwehr des einzelnen Patienten.
Das normale Ökosystem der Mundhöhle als komplexer Lebensraum vieler Bakterien,Viren und Pilze im Speichel umspült Zähne, Zunge und Zahnfleisch, bildet einen Biofilm und hält Krankheitserreger in Grenzen, als natürlicher Schutzmechanismus des Körpers. Das funktioniert aber nur so lange, bis keines der Mikroorganismen die Oberhand gewinnt. Opportunistische Krankheitserreger können dann ungehindert durch eine Veränderung im oralen Milieu und die Störung des biologischen Gleichgewichtes von stagnativen Phasen zu progressiven Zuständen der Infektion und somit zur Entstehung oder auch zum Voranschreiten einer Karies oder Parodontitis führen.
Der ganzheitliche Charakter und der Zusammenhang von Mundgesundheit und körperlichem Wohlbefinden
Dieser begründet sich in der Balance des biologischen Gleichgewichtes der Mundhöhle. Dabei kann nicht nur eine mangelnde Mundhygiene zu Veränderungen im biologischen Gleichgewicht der Mundhöhle beitragen. Auch psychosozialer Stress, einseitige Ernährung, Mangelbewegung, übergewicht und die Einnahme von bestimmten Medikamenten können einen entscheidenden Einfluss auf das allgemeine Wohlbefinden des Patienten sowie die Entstehung einer Erkrankung in der Mundhöhle haben. Opportunistische Krankheitserreger können zur erhöhten Bakteriämie im Körper führen; eine erhöhte Kausalität zwischen parodontalen Erkrankungen und Herzerkrankungen sowie Diabetes ist bekannt.
Durch veränderte Lebensbedingungen und eine Überalterung der Bevölkerung haben wir heute ca. 80 Prozent Riskikopatienten in der Praxis zu betreuen. Besonders die Betreuung von Risikopatienten mit Herzerkrankungen, blutdrucksenken- den Medikamenten, Blutverdünnern, Endokartitisprophylaxe, Diabetiker aller Altersgruppen, Schwangere und Patienten mit Chemo- und Strahlentherapie gehören heute zum Alltag jeder Zahnarztpraxis. Folgeerkrankungen, beeinflusst durch Xerostomie und Halitosis, durch Veränderungen der Speichelmenge und der Speichelzusammensetzung und des pH-Wertes, können die Lebensqualität der Risikopatienten deutlich vermindern. Wenn die Schutzfunktion des Speichels als natürlicher Schutzmechanismus eingeschränkt ist oder ganz verloren geht, dann wird das dynamische ökologische System der Mundhöhle aus der Balance gebracht.
Die Entstehung von Karies durch Verschiebung des pH-Wertes im Speichel und eine folgende Übersäuerung sowie die Demineralisation werden begünstigt. Parodontale Entzündungen werden durch die Folgen des aktiven pathogenen Bakterienstoffwechsels und die Wirkung der Toxine am Paradontium, durch verringerten Speichel, dessen Spülfunktion und die daraus resultierende fehlende Schutzfunktion begünstigt. Es besteht eine erhöhte Verletzungsgefahr bei der Nahrungsaufnahme und bei der Zahnpflege. Folgeerkrankungen in der Mundhöhle wie Soor, Stomatitis, Rhagaden in den Mundwinkeln und Aphten sind absehbar und werden durch eine geschwächte Abwehr, verursacht von einer negativen Verschiebung des biologischen Gleichgewichtes, häufiger als Begleiterkrankung sichtbar, besonders bei älteren Patienten.
Das Ziel der modernen Zahnarztpraxis ist die Erhaltung der Zahngesundheit
Dazu gehören auch die Beratung der Patienten über die Möglichkeiten der Prävention sowie die Aufklärung über Ursachen und Entstehung von Erkrankungen in der Mundhöhle. Es ist wichtig, den Patienten zu motivieren, ihn in die Behandlung persönlich einzubinden und ihm das Ziel der Zahn- und Mundgesundheit vor Augen zu halten. Ebenso muss der Weg dahin beschrieben werden. Die Erhaltung des biologischen Gleichgewichtes der Mundhöhle funktioniert nur, wenn Patient und Praxisteam zusammenarbeiten. Die regelmäßige PZR, die Beurteilung des derzeitigen Infektionsniveaus und der Gesamtsituation der Mundhöhle unter Einbeziehung der individuellen Anamnese des Patienten, der Medikamente, Grunderkrankungen, Lebensgewohnheiten und des derzeitigen Gesundheitszustandes, spielen eine entscheidende Rolle beim Behandlungserfolg. Die regelmäßige Zahnpflege mit geeigneten, verletzungsfreien Interdentalraumreinigungsmitteln (z.B. mit metall- und latexfreien Soft-Picks) mit der geeigneten Zahnbüste (diese muss zu den Zähnen in Größe und Form sowie Funktionalität passen, z.B. Sonicare Schallzahnbürste) sowie die Stabilisierung des biologischen Gleichgewichtes durch Einnahme von Probiotika (z.B. PerioBalance oder ProlacSan) sollte so angenehm wie möglich gestaltet werden. Durch die Anwendung von CHX-Spülungen und -Gel im Rahmen der PZR (z.B. Dynexan Proaktiv 0,2 % CHX oder Dynexan Zahnfleischtropfen) und deren kurzzeitige häusliche Anwendung können pathogene Mikroorganismen bakteriostatisch bzw. bakterizid wirksam beeinflusst werden, um eine mögliche Bakteriämie zu vermeiden und den Behandlungsverlauf zu optimieren.
Die übermäßige Anwendung von Mundspülungen durch den Patienten ist nicht angezeigt. Das biologische Gleichgewicht kann unterstützt werden durch minimalinvasives Eingreifen an der richtigen Stelle durch Patient und Behandler. Unterstützend hat sich in der präventiven Therapie der Einsatz von Probiotika bei Schwangerschaftsgingivitis, bei Diabetikern und Herzpatienten mit Stomatitis und Neigung zu Aphten sowie bei Patienten mit geschwächtem Immunsystem und Speichelmangel durch Chemo- und Strahlentherapie bewährt. Durch die ergänzende Anwendung oraler Probiotika kann es zur positiven Verschiebung der Bakterienflora und damit zur Abwehrreaktion der pathogenen Bakterien im gleichen Lebensraum kommen (z.B. durch Platz- und Nährstoffentzug) infolge der Wirkung spezifischer und unspezifischer bakteriostatischer und bakterizider Stoffe und damit zur positiven Beeinflussung von Entzündungsprozessen. Dies hat positive systemische Folgeeffekte und Auswirkungen auf die Allgemeingesundheit (z.B. auf Magen und Darm). Ebenso haben naturheilkundliche altbewährte Essenzen wieder in den häuslichen Pflegealltag Einzug gehalten (z.B. das Ziehen von kalt gepresstem Öl, Sole-Spülungen und das Kauen von Kokosöl).
Fazit
Der ganzheitliche Charakter der Erhaltung des biologischen Gleichgewichtes spielt eine entscheidende Rolle bei der Steigerung der Immunabwehr und damit der Gesunderhaltung des Patienten sowie bei der Kausalität der Wirkungsmechanismen beim Entstehen einer Erkrankung, z.B. Diabetes und Parodontitis. Anliegen ist es, durch minimalinvasive Behandlungsmethoden im Rahmen der Prophylaxe/PZR den Patienten über Jahre präventiv bzw. therapeutisch zu begleiten und Produkte und Behandlungsmethoden anzuwenden, welche das natürliche Ökosystem der Mundhöhle erhalten und regenerieren. Es kann positiv eingegriffen werden in den Enzymstoffwechsel, die Kolonisation des Biofilms, die Hemmung der pathogenen Adhäsion und sowie das pathogene Wachstum, um die damit verbundene Stärkung des lokalen und systemischen Abwehrsystems zu erzielen.
Jeder Patient sollte ein gutes Gefühl für seine Mundgesundheit entwickeln und das Bedürfnis, diesen Lebensraum zu erhalten, nicht zu zerstören. Dafür benötigt er unsere fachliche Unterstützung und die Hilfe bei der Auswahl geeigneter Zahnpflegemittel und Produkte, die uns die Industrie mit ihrer Vielfalt zur Verfügung stellt.
Hier gibt es die vollständige Literaturliste