Branchenmeldungen 19.06.2012
Curriculum Seniorenprophylaxe
Intensiven Präventivmaßnahmen sind eine relativ „neue“ Erscheinung im Alltag von Zahnarztpraxen. Noch vor 25 Jahren gehörte es zum Behandlungsalltag, dass Patienten lediglich symptombezogen behandelt wurden: die Schmerzausschaltung stand dabei im Vordergrund. Zähne zu entfernen war eine beliebte „Heilungsmethode“, sodass oft mit dem Alter auch die Zahl der verbliebenen Zähne in der Mundhöhle stark abnahm. Präventive Maßnahmen kamen kaum zur Anwendung, was zur Folge hatte, dass Patienten schon sehr früh stark prothetisch versorgt waren und regelmäßige Prophylaxemaßnahmen eher unnötig erschienen ließen.
Erst Ende der 80er-Jahre etablierten sich langsam Prävention und Prophylaxe, was durch die Einführung von Recallsystemen auch die Gewährleistung regelmäßiger Kontrollen ermöglichte. Heute ist Prophylaxe aus dem Praxisalltag nicht mehr wegzudenken – umfangreiche Aufklärung und sichtbarer Erfolg der Prävention haben dazu geführt, dass Patienten selbst großen Wert auf regelmäßige Prophylaxe legen. Große Prophylaxeabteilungen mit professionell ausgebildetem Fachpersonal gehören längst zum Alltag.
Auch die Mundgesundheit verändert sich deutlich und führt zum Paradigmenwechsel: Die Zahnzahl steigt und die Zahnlosigkeit nimmt immer weiter ab. Dies belegt klar die letzte Mundgesundheitsstudie (DMS IV). Bei den 65- bis 74-Jährigen ist die Anzahl der fehlenden Zähne von 17,6 auf 14,2 in 2005 gesunken. Es werden immer weniger Zähne extrahiert. Aber nicht nur die Zahnmedizin hat einen starken Wandel mit dem Erfolg erlebt, auch die Bevölkerung verzeichnet eine gewandelte Lebenszeit. Die demografische Entwicklung in den Industrieländern ist absolut unumkehrbar. Die Alterspyramide wandelt sich eher zum Alterspilz. Die Bevölkerung der 80-Jährigen und Älteren nimmt unablässig zu, von knapp vier Millionen im Jahr 2005 auf zehn Millionen im Jahr 2050 – immer mehr Menschen werden zunehmend älter mit dem Resultat, dass die Zahl der Senioren stetig zunimmt („doppeltes Altern“). Beide Faktoren hinterlassen in der Zahnarztpraxis ihre Spuren: der Patientenfokus ändert sich. Dies bedeutet für den Zahnarzt, wie auch für das gesamte Praxisteam, völlig neue Herausforderungen. Um professionell und patientengerecht behandeln zu können, ist es unerlässlich, dass sich die Praxis auf diese Änderungen einstellt.
Vor allem bei der Anamnese dieser Patientengruppe spiegelt sich die neue Herausforderung wider. Chronische Krankheiten, Bewegungseinschränkungen, wie auch Einschränkungen des Sehvermögens und des Geruchssinns, gehören häufig zum Krankheitsbild. Umso wichtiger ist es, dass gerade für diese Patientengruppe eine regelmäßige Kontrolle und intensive Betreuung gewährleist wird. Mit der Zunahme der Zahnzahlen bei den Senioren steigt auch das allgemeine Erkrankungsrisiko deutlich. Gleichzeitig schwindet jedoch die Einsicht der Patienten über die Notwendigkeit, ebenso wie die Möglichkeit für diese Patienten, überhaupt regelmäßige Kontrollen wahrzunehmen. Damit einhergehend verlagert sich mit der steigenden Zahl von Senioren zunehmend auch der Behandlungsort – es lässt sich vielmals nicht vermeiden, dass die Betreuung direkt in den Senioreneinrichtungen vorgenommen werden muss.
Um dieser Herausforderung professionell, sicher und zukunftsorientiert gewachsen zu sein, ist eine spezielle Schulung für das gesamte Praxisteam unabdingbar. Die Deutsche Gesellschaft für Alterszahnmedizin (DGAZ) und die Akademie Praxis und Wissenschaft (APW) haben sich dieser Herausforderung gestellt. In einem Artikel in der DZW stellt Herr Dr. Bleiel, Vorstandsmitglied der DGAZ, die Möglichkeit einer Weiterbildung mit Seniorenkompetenz vor, die bereits erfolgreich in Bad Honnef angelaufen ist. Ein Curriculum für speziell diesen Themenkreis!
Aber auch das Fortbildungsunternehmen praxisDienste möchte Zahnarztpraxen die Möglichkeit geben, sich für die wohl wichtigste Patientengruppe der Zukunft fit zu machen. In Zusammenarbeit mit Herrn Dr. Dirk Bleiel wurde das Curriculum Seniorenprophylaxe entwickelt und bietet allen Interessenten, die sich für die Seniorenprophylaxe und die mobile Betreuung fit machen möchten, ein in zwei Modulen aufgeteiltes praxisnahes Kompakt-Curriculum an.
Die Module setzen sich aus zwei einzelnen Bestandteilen zusammen: Modul I „Betreuungskonzept für die Praxis“ und Modul II „Mobiles Betreuungskonzept“ mit Besuch einer Senioreneinrichtung. Interessenten können so selbst entscheiden, ob sie lediglich eines der beiden Module besuchen möchten, je nach ihrem Praxisschwerpunkt, oder ob sie beide Module als Blockkurs wählen und somit ein Curriculum absolvieren, dass es ihnen ermöglicht, ein Gesamtkonzept in der Praxis und mobil für die Patientengruppe von Morgen entwickeln und umsetzen zu können. Wie bereits von den praxisDienste-Blockkursen bekannt, kann auch nach diesem Blockkurs eine schriftliche Prüfung abgelegt werden, die nach erfolgreicher Absolvierung den Interessenten die Qualifikation der „Fortgebildeten Zahnmedizinischen Fachangestellten (ZFA) – Senioren-Prophylaxe“ erwerben lässt. Dr. Bleiel wird als Referent zusammen mit dem Kommunikationswissenschaftler Dr. Scheinpflug, der DH Marina Pott und der ZMV/ZMF Ariane Hüngsberg den Unterricht mitgestalten und den Teilnehmern alle fachlichen und organisatorischen Grundlagen dieses Curriculums vermitteln.
Um Ihnen schon jetzt einen kleinen Einblick in die Seniorenprophylaxe und deren Wichtigkeit für die Zukunft geben zu können, hat Ihnen Herr Dr. Bleiel gerne einmal die wichtigsten Fragen zum Curriculum Seniorenprophylaxe beantwortet:
Redaktion: Für welche Zahnmedizinischen Fachangestellten könnte das Curriculum von Interesse sein und warum?
Dr. Dirk Bleiel: Die Alterszahnmedizin ist ein breites Feld und erstreckt sich vom fitten Alten oder Silver Ager, über den Gebrechlichen bis hin zum Multimorbiden. Aufgrund der demographischen Entwicklung wird diese Zielgruppe für die Praxen, auch aus wirtschaftlichen Gründen immer wichtiger, sodass sich zukünftig die Praxen und damit auch ihre Mitarbeiter diesem Bereich mit Sachkenntnis stellen sollten. Somit ist das Curriculum für alle ZFAs von Interesse, die sich intensiver um das ältere Klientel ihrer Umgebung und ihrer Praxis kümmern wollen.
Was haben die Teilnehmer/-innen inhaltlich zu erwarten? Nennen Sie bitte einige Themenschwerpunkte der Kurse.
Die Kursinhalte erstrecken sich über theoretisch-fachliche Grundlagen der Alterszahnmedizin bis hin zu konkreten Behandlungsschritten, die im Rahmen der Deligierbarkeit und des Zahnheilkundegesetzes auf die ZFA übertragen werden können. Die Kursinhalte reichen dabei von der Organisation eines mobilen Einsatzes in der Pflegeeinrichtung, vom „Kofferpacken“ bis hin zur richtigen Dokumentation und rechtlichen Aspekten. Auf der anderen Seite werden auch die speziellen Bedürfnisse der älteren Patienten in der zahnärztlichen Praxis erörtert, angefangen von größer geschriebenen Anamnesebögen bis hin zur Kommunikation mit den Senioren. Ein Schwerpunkt liegt dabei in der Prophylaxe und der Senioren-PZR, mit all den speziellen, altersabgestimmten Materialien, sowohl in der Pflegeeinrichtung als auch in der Praxis vor Ort.
Laut Dienste liegt ein Schwerpunkt des Curriculums auf der praktischen, insbesondere auch mobilen Arbeit. Wie genau können wir uns das vorstellen?
Die mobile Betreuung der älteren Patienten wird immer wichtiger, da viele gar nicht oder nur mit erheblichem Aufwand in die Praxis befördert werden können. Vorgestellt wird dabei das Behandlungsspektrum des Hausbesuches oder des mobilen Einsatzes. Angefangen bei der praktischen Demonstration unterschiedlicher mobiler Behandlungseinheiten und dem benötigten Instrumentarium, über das Üben des Auf- und Abbaus bis hin zur eigentlichen Durchführung konkreter Behandlungssituationen. Die Teilnehmer verbringen darüber hinaus einen halben Kurstag in einer zentralen Ein-richtung (Altersheim) und einer Zahnarztpraxis mit ausgewählten Patienten. Somit können sie hautnah Kursinhalte umsetzen. Die Abrechnung dieser mobi-len Einsätze wird dabei ebenfalls Thema sein.
Gibt es in dem Curriculum neben der Theorie auch praktische Übungen? Wie sehen diese genau aus?
Thema bleibt die praktische Umsetzung unterschiedlicher Situationen mit dem betagten Patienten in der Praxis oder der zentralen Einrichtung. Dafür werden zum Beispiel Behandlungssituationen nicht nur theoretisch erörtert, sondern mit einem Kommunikationswissenschaftler geübt: Wie kann eine 25-jährige ZFA einem eigensinnigen 80-Jährigen erfolgreich Mundhygiene-Anweisungen geben? Zentrales Thema wird dabei die Senioren-PZR sein, die auch jeder Teilnehmer an einem Patienten in einer Zahnarztpraxis praktisch durchführt. Geübt wird aber auch der Umgang mit dem Patienten: Wie stütze oder führe ich den Patienten, wie geht der Transfer vom Rollstuhl in den Behandlungsstuhl? Wie gebe ich dem Patienten die nötige Sicherheit, die er braucht, und was ist zu beachten? Wie kann ich einem multimorbiden, hochdementen Heimbewohner im Bett Prophylaxemaßnahmen zukommen lassen?
Die Alterszahnmedizin wird – alleine aus dem demografischen Blickwinkel – immer wichtiger. Glauben Sie, dass sich zukünftig auch immer mehr Fortbildungsangebote diesem Aspekt widmen werden bzw. müssen?
Die Daten, nicht nur die Demografie, sprechen eine deutliche Sprache. So zeigt die letzte Mundgesund-
heitsstudie DMS IV eine deutliche Zunahme der Zahnzahl bei den Senioren. Die pflegetechnisch einfach zu händelnde Totalprothetik wird immer seltener, die Zahnhalskaries als besondere Erkrankungsform bei Senioren nimmt immer mehr zu. Weil die Zahl der älteren Menschen und damit auch die Zahl der Pflegebedürftigen steigt, sind Zahnärzte und ihr Team sowohl im Interesse der Senioren als auch in ihrem eigenen Interesse gefordert, den Bedürfnissen des heterogenen Klientels auch im Bereich der Mundgesundheit und Prophylaxe gerecht zu werden. Ein klassisches Feld für ZFAs! Auch die Fortbildungsangebote sollten dem Rechnung tragen. Eine Zunahme wäre mehr als nur wünschenswert.
Vielen Dank für das Gespräch!
Interessenten können sich gerne jederzeit von dem praxisDienste-Team unter 06221 649971-0 beraten lassen. Rufen Sie gleich an und lassen Sie sich eine ausführliche Informationsbroschüre zum Curriculum Senioren-Prophylaxe zuschicken!