Branchenmeldungen 18.03.2024

Univ.-Prof. Dr. Dommisch: „Das FinStG ist eine Katastrophe“



Univ.-Prof. Dr. Dommisch: „Das FinStG ist eine Katastrophe“

Foto: sergign – stock.adobe.com

Als Präsident der DG PARO und Direktor der Abteilung für Parodontologie, Oralmedizin und Oralchirurgie der Charité Berlin kennt sich Prof. Dr. Henrik Dommisch mit aktuellen Belangen der Parodontologie aus. Grund für uns, den Status quo des Fachgebiets bei ihm abzufragen.

Herr Prof. Dommisch, welche Leitlinien stehen Zahnärzten für parodontologische Fragestellungen aktuell zur Verfügung?

In den vergangenen drei Jahren wurde die Therapie der Parodontitis sowie periimplantärer Erkrankungen hinsichtlich Effektivität und Nutzen wissenschaftlich überprüft und bewertet. Das Ergebnis dieser Arbeit ist in drei wissenschaftliche Leitlinien von der European Federation of Periodontology (EFP) eingeflossen, welche teilweise bereits in Deutschland implementiert wurden. Die Leitlinien beziehen sich auf die Behandlung der Parodontitis Stadien I bis III, die Behandlung der Parodontitis Stadium IV sowie die Prävention und Therapie der periimplantären Erkrankungen und Zustände. Ganz sicher werden alle Kollegen von diesen Leitlinien zukünftig bzw. schon jetzt profitieren, da sie sich als Entscheidungshilfen, besonders bei komplexen Fällen, anbieten. Derzeit ist die DG PARO dabei, die Leitlinie zur Behandlung des Stadiums IV in Deutschland zu implementieren. Unmittelbar darauffolgend werden wir uns mit der Leitlinie zur Prävention und Therapie der Periimplantitis beschäftigen. International sind diese Leitlinien bereits publiziert.

Eine MUSS-Frage: Wie stehen Sie zum GKV-Finanzstabilisierungsgesetz?

Mit der beschlossenen Budgetierung und der derzeitigen Unsicherheit hinsichtlich der landesabhängigen Vergütung könnte das FinStG einen Rückgang an Neuaufnahmen für die Parodontitistherapie bedeuten. Die Daten der KZBV deuten schon darauf hin, denn der Trend zeigt: Das aktuelle Niveau der Neuaufnahmen für die Parodontitistherapie liegt unter dem Niveau vor der Einführung der GKV-Behandlungsstrecke. Das ist äußerst erschreckend! Genau genommen ist es vor dem Hintergrund der allgemeinmedizinischen Zusammenhänge eine Katastrophe, denn die Nichtbehandlung zahnmedizinischer Erkrankungen per se hat einen gesundheitsökonomischen Schaden in der Höhe eines zweistelligen Milliardenbetrags zur Folge. Das politische Versprechen hinsichtlich der Förderung der Prävention von Erkrankungen wird durch das FinStG sicher nicht eingehalten.

Worin liegt Ihr persönlicher Schwerpunkt an der Charité?

Meine persönlichen Schwerpunkte finden sich in Lehre, Krankenversorgung und Forschung. In der Grundlagenforschung beschäftigen wir uns u. a. mit den genetischen Risikofaktoren, welche zu einer erhöhten Anfälligkeit für Parodontitis beitragen können. Darüber hinaus forschen wir an der angeborenen Immunabwehr und daran, wie wir diese modulieren können, sodass die fulminante parodontale Entzündungsreaktion besser kontrolliert werden kann. Das Verständnis hinsichtlich Entstehung und Progression der Parodontitis hat sich in den vergangenen Jahrzehnten erheblich erweitert. Die Modulation der immunologischen Reaktion wurde tierexperimentell bereits als erfolgreiches Konzept intendiert. Unsere Arbeitsgruppe ist davon überzeugt, dass die Entzündungsreaktion durch spezifische Medikamente in der Zukunft lokal kontrolliert werden kann. Das würde die Therapie insgesamt erheblich erleichtern. Aus klinischer Sicht gehört die chirurgische Therapie der Parodontitis, einschließlich resektiver und regenerativer Interventionen sowie die Therapie parodontaler Rezessionen zu meinen wichtigsten Schwerpunkten. Die praktische Arbeit und im Besonderen die Zusammenarbeit mit den Patientinnen und Patienten sowie Studierenden ist für mich im wahrsten Sinne erfüllend.

Dieser Beitrag ist in der ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis erschienen.

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