Branchenmeldungen 23.07.2025

Die digitale Zahnschule: LAGZ Baden-Württemberg gewinnt Praktikerpreis 2025



Wie bringt man Kinder mit Begeisterung zum Zähneputzen? Diese Frage hat sich die Landesarbeitsgemeinschaft für Zahngesundheit Baden-Württemberg e.V. (LAGZ) gestellt und ein Projekt zur zahnmedizinischen Gruppenprophylaxe entwickelt. Dieses wurde im Rahmen des 6. Präventionskongresses der Deutschen Gesellschaft für Präventivzahnmedizin (DGPZM) mit dem Praktikerpreis 2025 ausgezeichnet.

Die digitale Zahnschule: LAGZ Baden-Württemberg gewinnt Praktikerpreis 2025

Foto: OEMUS MEDIA AG

Herzstück des gewürdigten Projekts sind altersgerechte Lernvideos, die Kindern spielerisch Wissen über Zahngesundheit vermitteln und sich auch an Eltern und Pädagogen richten. Carolin Möller-Scheib, Geschäftsführerin der LAGZ, gibt im Interview näher Auskunft.

Frau Möller-Scheib, herzlichen Glückwunsch zum Gewinn des Praktikerpreises 2025! Was war der Impuls für die Entwicklung Ihres Projekts?

Vielen Dank für die Glückwünsche, wir freuen uns sehr über die Auszeichnung! Der Impuls dazu kam tatsächlich aus der Notwendigkeit heraus. Während der Coronapandemie konnten wir viele Angebote der klassischen Gruppenprophylaxe nicht mehr oder zumindest nicht wie gewohnt durchführen. Gleichzeitig wurde uns das große Potenzial digitaler Medien bewusst, um Inhalte unabhängig von Zeit und Ort zugänglich zu machen. Unser Ziel war es, ein dauerhaft verfügbares Angebot bereitzustellen, das pädagogisch fundiert ist und Kinder medial wie inhaltlich dort abholt, wo sie stehen.

Was sind aus Ihrer Sicht derzeit die größten Herausforderungen in der Kinderzahnheilkunde, insbesondere im Bereich der Gruppenprophylaxe?

Eine der aktuell größten Herausforderungen ist die soziale Ungleichheit im Hinblick auf die Gesundheitskompetenz. Kinder aus sozial benachteiligten Familien haben oft schlechtere Mundgesundheitswerte. Genau hier setzt die Gruppenprophylaxe als Ausgleichsinstrument an. Gleichzeitig stehen wir vor der Aufgabe, Kinder mit zeitgemäßen Methoden zu erreichen und ihnen Inhalte auf Augenhöhe zu vermitteln. Hinzu kommt der Fachkräftemangel, der auch den Bereich der Prophylaxe betrifft – ein weiterer Grund, warum digitale Ergänzungen so wichtig sind.

Wie hat sich das Mundgesundheitsverhalten von Kindern in den letzten Jahren verändert – und wie geht Ihr Projekt darauf ein?

Wir beobachten, dass Kinder heute mit deutlich mehr Reizen konfrontiert sind, insbesondere im digitalen Bereich. Das hat Auswirkungen auf die Konzentrationsfähigkeit, die Aufmerksamkeitsspanne und auch auf Alltagsroutinen wie das Zähneputzen. In unserem Projekt greifen wir diese Realität auf, indem wir digitale Inhalte so gestalten, dass sie unterhaltsam und gleichzeitig lehrreich sind. Wir vermitteln Wissen in kurzen, anschaulichen Einheiten und ermutigen zu positiven Verhaltensänderungen, ohne zu belehren.

Die Lernvideos auf Ihrer Website sind ein zentrales Element Ihres Konzepts. Wie wurden diese speziell für Kinder konzipiert, um Interesse und Verständnis zu fördern?

Am besten lernen Kinder gemeinsam mit ihren Bezugspersonen. Deshalb haben wir drei kindgerechte Kurzfilme entwickelt, die sich an unterschiedliche Zielgruppen richten. Es gibt einen Film, den Eltern mit ihren Kindern schauen, einen für Erzieher/-innen und Kinder und einen dritten für Vorschul- und Grundschulkinder. In allen Filmen führen unsere Maskottchen Emma und Ben, zwei neugierige Zähnchen, durch spannende Geschichten rund um das Thema Zahngesundheit. Sie besuchen die „Zahnschule“ und lernen, wie wichtig gesunde Zähne für den Körper sind. Die Filme wurden zusammen mit Medienpädagog/-innen und Zahnmediziner/-innen entwickelt. So sind die Filme altersgerecht, die Charaktere sind interessant und die Handlung bleibt im Gedächtnis. Wiederkehrende Figuren, klare Botschaften und schöne Bilder machen die Filme besonders wirkungsvoll. Es gibt auch zusätzliche Materialien für Lehrkräfte und Eltern. Damit können sie die Inhalte vertiefen und im Alltag anwenden. Hier gehts zu den Lernvideos.

Wie beurteilen Sie die Akzeptanz digitaler Medien bei Kindern im Vorschul- und Grundschulalter im Vergleich zu klassischen Methoden der Gruppenprophylaxe?

Kinder wachsen heute mit digitalen Medien auf und nutzen sie intuitiv. Das bedeutet jedoch nicht, dass klassische Methoden überholt sind. Wir sehen den größten Mehrwert in der Kombination: Präsenzangebote ermöglichen Interaktion und direkte Rückmeldung während digitale Inhalte diese Angebote ergänzen, vertiefen oder bei Bedarf auch ersetzen können. Die Akzeptanz ist sehr hoch, insbesondere wenn die Inhalte kindgerecht und aktivierend gestaltet sind.

Wie lässt sich durch digitale Medien eine nachhaltige Verbesserung der Mundgesundheit bei Kindern erzielen? Gibt es bereits Rückmeldungen oder erste Evaluationsergebnisse?

Nachhaltigkeit entsteht, wenn Inhalte regelmäßig wiederholt und im Alltag verankert werden. Genau hier liegt die Stärke digitaler Medien: Sie sind jederzeit verfügbar und können in verschiedenen Kontexten eingesetzt werden, beispielsweise zu Hause, in Kitas oder Schulen. Die ersten Rückmeldungen von Pädagoginnen und Eltern sind sehr positiv. Sie berichten von einer höheren Motivation bei den Kindern und einem gestiegenen Interesse an Mundgesundheit. Eine qualitative Evaluation läuft derzeit, erste Ergebnisse deuten auf eine gute Wirksamkeit hin.

Sehen Sie Potenzial, das Konzept auch auf andere Altersgruppen zu übertragen?

Absolut. Unser Schwerpunkt liegt zwar auf Vorschul- und Grundschulkindern, aber das Grundprinzip der niedrigschwelligen, digitalen Ansprache lässt sich auch auf ältere Kinder, Jugendliche und sogar Erwachsene übertragen. Es wäre spannend, zielgruppenspezifische Inhalte zu entwickeln, beispielsweise für Jugendliche in Ausbildung oder für Eltern mit niedrigem Gesundheitswissen.

Vielen Dank für das interessante Gespräch!

Dieser Beitrag ist im Prophylaxe Journal erschienen.

 

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