Kinderzahnheilkunde 24.06.2025

Kariesprävention beginnt im Krabbelalter – Strategien für die Praxis



„Babys und Kleinkinder in der Zahnarztpraxis? Die haben doch kaum Zähne – was sollen wir da untersuchen?“ Diese Fragen stellen sich viele Praxisteams. Bereits bei der U5-Untersuchung (circa 6. Lebensmonat) empfiehlt der Kinderarzt den ersten Zahnarztbesuch. Ziel ist es, die zahnärztliche Betreuung ab dem ersten Zahn und spätestens ab dem 6. Lebensmonat zu etablieren. Doch wie sinnvoll ist eine so frühe Vorstellung – und worüber sollte der Zahnarzt aufklären?

Kariesprävention beginnt im Krabbelalter – Strategien für die Praxis

Foto: FAB.1 – stock.adobe.com

Hintergrund

Die aktuelle Sechste Deutsche Mundgesundheitsstudie1 zeigt: 78 Prozent der Zwölfjährigen in Deutschland sind heute kariesfrei. Deutschland zählt damit – gemeinsam mit Dänemark – zur Weltspitze. Dieses Ergebnis unterstreicht den Erfolg präventiver Maßnahmen, auch bei Risikogruppen. Hingegen sieht es bei jüngeren Kindern anders aus: Bei den Acht- bis Neunjährigen weisen 40 Prozent bereits Karieserfahrung auf. Zwar sind die Zahlen rückläufig, doch wird deutlich, dass Prävention schon im Kleinkindalter greifen muss.

Frühzeitige Prävention als Schlüssel zum Erfolg

Eine Langzeitstudie2 der Universität Jena bestätigt: Je frühzeitiger der erste Zahnarztbesuch erfolgt, desto geringer ist der Kariesbefall im Milchgebiss. Hauptursachen für frühkindliche Karies (Early Childhood Caries, ECC) sind mangelhafte Mundhygiene und der häufige Konsum zuckerhaltiger Getränke – insbesondere zwischen den Mahlzeiten und nachts. Basierend auf den Empfehlungen der BZÄK sollte eine frühzeitige umfassende zahnärztliche Betreuung erfolgen, die eine gezielte Aufklärung der Eltern einschließt.3

 

Gestaltung der ersten Zahnarztbesuche

Nutzen Sie vormittags weniger ausgelastete Zeiten für eine spezielle Kleinkindsprechstunde. Kinder unter einem Jahr werden häufig zu Hause betreut und sind vormittags verfügbar. Das Wartezimmer sollte kleinkindgerecht ausgestattet werden, z. B. mit einer Krabbelmatte und einem Spielbogen. Bereits beim ersten Besuch sollten Still-, Ernährungs-, Trink- und Mundhygienegewohnheiten systematisch erfragt und individuell beraten werden. Anschauungsmaterialien wie geeignete und ungeeignete Schnuller, Trinkhilfen, Zahnungshilfen sowie altersgerechte Zahnpflegeartikel (Abb. 1) unterstützen die Beratung.

Wir empfehlen:

  • Zähneputzen ab dem ersten Zahn mit fluoridhaltiger Zahnpasta 
  • Als Hauptgetränk ausschließlich Wasser 
  • Bei nächtlichem Stillen das Abwischen der Zähne nach dem Stillen

Wichtig: Nicht die Zuckermenge, sondern die Häufigkeit der Zuckerzufuhr ist entscheidend für das Kariesrisiko. Dauerhaftes Nuckeln an zuckerhaltigen Getränken verursacht massive Zahnschäden.

Kindgerechtes Vorgehen

Die Untersuchung erfolgt kindgerecht im sogenannten „Schoßexamen“ auf dem Schoß der Eltern oder auf der zahnärztlichen Liege (Abb. 2). Dabei können frühe Anzeichen von Plaque, Gingivitis oder beginnender Karies erkannt werden. Zusammen mit den Eltern kann die korrekte Mundhygiene praktisch am Kind demonstriert werden. Besonders wichtig: der sogenannte „Lift the lip“, das gezielte Anheben der Oberlippe beim Zähneputzen, um die Zahnfleischränder gründlich zu reinigen. Die Eltern sollten beim Reinigen der Zähne „von oben“ auf das Kind schauen. Dies geht gut auf der Wickelkommode, wenn das Kind gedreht wurde und die Beine zur Wand zeigen und der Kopf an Mamas Bauch ruht. Zu den Inhalten einer Früherkennungsuntersuchung (FU) zählen:

  • Eingehende Untersuchung zur Feststellung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten (Inspektion der Mundhöhle)und Kieferkrankheiten (Inspektion der Mundhöhle)
  • Einschätzung des Kariesrisikos anhand des dmft-Indexes
  • Ernährungs- und Mundhygieneberatung der Eltern, mit dem Ziel der Keimzahlsenkung und Verbesserung der Mundhygiene der Keimzahlsenkung und Verbesserung der Mundhygiene

Abrechenbarkeit der FU 1 und FU 2 (Abb. 3)

Die Früherkennungsuntersuchung FU 1 ist in drei Altersstufen unterteilt, die jeweils spezifische Zeiträume für die Abrechenbarkeit festlegen:

  • FU 1a: 6. bis 9. Lebensmonat
  • FU 1b: 10. bis 20. Lebensmonat
  • FU 1c: 21. bis 33. Lebensmonat

Zusätzlich können folgende Leistungen abgerechnet werden:

  • FUPR Praktische Anleitung der Betreuungspersonen zur Mundhygiene beim Kind. Nur in Zusammenhang mit der FU 1 und nur bis zum 33. Lebensmonat.
  • FLA (Fluoridlackapplikation): abrechenbar unabhängig vom Karies risiko vom 6. bis zum vollendeten 72. Lebensmonat. Sie kann 4 × pro Jahr erbracht werden.

Die Früherkennungsuntersuchung FU 2 deckt den Zeitraum vom 34. bis 72. Lebensmonat ab. Für die Abrechnung der FU 2 gilt:

  • Keine FUPR mehr möglich
  • Alle Leistungsbestandteile der FU
  • Zusätzlich die FLA abrechenbar
  • Möglichkeit einer professionellen Zahnreinigung inklusive Anfärben der Plaque, Üben der Putztechnik sowie ggf. Anwendung von Zahnseide bei engen Zahnstellungen (privat abrechenbar)

Abrechnung bei Privatpatienten

Für Privatpatienten existieren keine äquivalenten FU-Leistungen. Ziel ist es, einen vergleichbaren Umsatz (etwa 70 EUR) wie bei gesetzlich Versicherten zu erzielen, z. B. durch:

  • 0010 (Befundaufnahme)
  • Ä1 (Beratung)
  • Ä4 (Beratung der Bezugsperson)
  • Ernährungsberatung als Analogposition
  • 4005 (Gingivaindex)
  • 1020 (Fluoridierung)

Bei der Position 1020 sollte unbedingt eine Steigerung circa auf den Faktor 5,5 erfolgen, um ein vergleichbares Honorar zur IP4 zu erzielen.4

Fazit

Mit dem ersten Zahn wird das Kind zum neuen Patienten Ihrer Praxis. Durch frühzeitige Betreuung entstehen regelmäßige Kontrollintervalle, eine nachhaltige Prophylaxe und eine enge Bindung an Ihre Praxis.

Unterstützung der zahnärztlichen Aufklärung

Zur Unterstützung der zahnärztlichen Aufklärung bei Kleinstkindern hat die Praxis Dr. Rebecca Otto einen Beratungsleitfaden sowie eine Anschauungsbox mit Zahnbürsten und Schnullern entwickelt.

Weitere Infos im Internet auf www.kinderzahnaerztin-otto.com

zur Literaturliste

Dieser Beitrag ist in der ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis erschienen.

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