Branchenmeldungen 22.05.2023

Frauen auf der Überholspur: Aktuelle Zahnärztestatistiken

Frauen auf der Überholspur: Aktuelle Zahnärztestatistiken

Foto: naum – stock.adobe.com

Dieser Artikel ist unter dem Originaltitel: „Frauen auf der Überholspur: Aktuelle Zahnärztestatistiken der BLZK und der BZÄK“ im BZB – Bayerischen Zahnärzteblatt, 5/2023, erschienen

Bereits in wenigen Jahren werden voraussichtlich mehr Zahnärztinnen als Zahnärzte ambulant tätig sein. Die Patienten werden nicht mehr zum Zahnarzt gehen, sondern zur Zahnärztin – ein Trend, der auch die Arbeitsweise innerhalb der Zahnärzteschaft verändert. Die Zahl der Niederlassungen ist rückläufig, während immer mehr zahnärztlich Behandelnde eine Anstellung vorziehen.

Dass die Zahnmedizin zunehmend weiblich wird, zeichnet sich bereits seit Jahren ab, innerhalb der bayerischen Zahnärzteschaft wie auch bundesweit, in den Hörsälen wie auch in den Praxen. Die Zahlen für 2022 führen die Linien der letzten Jahre klar fort.

Leichter Anstieg der zahnärztlich Behandelnden in Bayern

Betrachtet man zunächst die Zahl der behandelnd tätigen Zahnärztinnen und Zahnärzte im Freistaat, so lässt sich im letzten Jahr erneut eine schwache Zunahme konstatieren. Mit insgesamt 12.217 Behandelnden lag ihre Zahl allerdings nur um 0,5 Prozent höher als im Vorjahr. Zurückzuführen ist dieser Anstieg auf die deutlich stärkere Zunahme bei den Zahnärztinnen um 3,3 Prozent, wohingegen die Zahl der männlichen Kollegen um 1,8 Prozent sank. Das Verhältnis verschiebt sich kontinuierlich zugunsten der Frauen und die beiden Linien in der Grafik haben sich auch im Jahr 2022 weiter angenähert, wie die nebenstehende Grafik zeigt.

Beim Blick auf die Ausübungsform wird der Geschlechterunterschied besonders deutlich. Die Zahl der Niedergelassenen in Bayern ging 2022 insgesamt um 1,7 Prozent auf 7.562 Behandelnde zurück, wobei diese Verminderung ausschließlich auf die männlichen Zahnärzte zurückzuführen ist (4.843 Zahnärzte, minus 1,7 Prozent). Bei den niedergelassenen Zahnärztinnen stagnierte die Zahl im Vergleich zum Vorjahr (2.719 Zahnärztinnen).

Weniger Niederlassungen, mehr Angestellte

Ganz anders dagegen stellt sich die Situation beim Angestelltenverhältnis dar. Hier konnte insgesamt eine deutliche Zunahme verzeichnet werden. Die Zahl stieg um 5,5 Prozent auf 4 241 angestellt Tätige. Der Löwenanteil liegt klar bei den Frauen mit einer Steigerungsrate von 6,6 Prozent (2.929 angestellte Zahnärztinnen) gegenüber lediglich 3,1 Prozent bei den männlichen Kollegen (1.312 angestellte Zahnärzte). Frauen sind damit nach wie vor stärker im Angestelltenverhältnis zu finden als ihre männlichen Kollegen. Das zeigt sich auch beim direkten Vergleich der beiden Beschäftigungsarten. Während sich unter den Niedergelassenen in Bayern fast zwei Drittel Zahnärzte (64,0 Prozent) und ein Drittel Zahnärztinnen (36,0 Prozent) finden, verhält es sich bei den Zahlen der Angestellten mit 30,9 Prozent Männern und 69,1 Prozent Frauen genau umgekehrt. Die Geschlechter verteilen sich quasi gegengleich (siehe Abbildungen).

Studienanfänger: fast drei Viertel sind Frauen

An den zahnmedizinischen Fakultäten der Universitäten sind Frauen bundesweit auf dem Vormarsch. Die Statistik „Schwarz auf Weiß“ der Bundeszahnärztekammer belegt dies mit Zahlen. Bei den Studienanfängern und -anfängerinnen lag der Frauenanteil zur Jahrtausendwende noch bei 60,7 Prozent. Für das Jahr 2021 weist die Statistik einen Anteil von 71,7 Prozent aus. Bei den Studienabschlüssen entwickeln sich die Zahlen entsprechend: Der Frauenanteil ging beim Staatsexamen von 48,7 Prozent im Jahr 2020 auf 69,0 Prozent im Jahr 2021, bei der Promotion stieg die Zahl der Absolventinnen im gleichen Zeitraum von 41,7 auf 65,7 Prozent.

Feminisierung verändert das Berufsbild

Im Berufsleben öffnet sich auch bundesweit ähnlich wie in Bayern eine Schere zwischen Männern und Frauen. So nahm die Zahl der behandelnd tätigen Zahnärztinnen 2021 gegenüber dem Vorjahr um 1,8 Prozent zu, die der Männer um 1,1 Prozent ab. Die Niederlassungsquote von 64,3 Prozent lag mit einem Rückgang von 2,1 Prozent erneut unter der Vorjahresquote. Die Zahl der Angestellten erhöhte sich um 5,6 Prozent auf 31,4 Prozent.

Durch eine kontinuierliche Zunahme bei den erwerbstätigen Frauen verändern sich auch die Arbeitsbedingungen. So werden „befristete Anstellungen, Teil- und Leih- oder Teamarbeit immer häufiger. Damit zeigt sich auch hier ein Veränderungsprozess hin zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, flexibler Arbeitszeiteinteilung etc.“, heißt es dazu in der BZÄK-Statistik. Möglicherweise beschleunigt dieser Prozess zugleich einen Rückzug der Männer. Eine im Dezember 2022 publizierte Studie von Prof. Per Block, Professor für Soziologie an der Universität Zürich, legt nahe, dass Männer Berufe verlassen, die sich zunehmend feminisieren, und sich damit – bewusst oder unbewusst – gegen eine Durchmischung wehren.

Neugründungen: Frauen liegen erstmals vorn

Trotz einer zunehmenden Tendenz zur Anstellung waren bei den zahnärztlichen Existenzgründungen im Jahr 2021 die Frauen erstmals deutlich in der Mehrheit. Nachdem sich die Zahl der Frauen und Männer unter den Existenzgründenden in den letzten Jahren in etwa auf gleichem Niveau hielt, ist 2021 der Anteil der Zahnärztinnen, die sich erstmals niedergelassen haben, deutlich auf 56 Prozent gestiegen. Im Jahr zuvor lag die Zahl noch bei 47 Prozent. Zu diesem Ergebnis kam eine Analyse der zahnärztlichen Existenzgründungen, die die apoBank im Januar 2023 veröffentlicht hat.

Dabei gebe es „einige geschlechtsspezifische Unterschiede bei dem Gründungsverhalten, die wir seit Jahren beobachten: Frauen investieren im Schnitt weniger, bevorzugen öfter Einzelpraxen und lassen sich in der Regel etwas später nieder als ihre männlichen Kollegen“, so Daniel Zehnich, Leiter des Bereichs Gesundheitsmarkt und Beteiligungen bei der apoBank.

Einzelpraxis nach wie vor der Goldstandard

Die Studie zeigt, dass die Einzelpraxis nach wie vor die erste Wahl ist, wenn es um die Existenzgründung geht. Sie wird jedoch von Frauen mit 73 Prozent häufiger präferiert als von Männern (69 Prozent). Die Frage nach Einzelpraxis oder Kooperation ist mehr vom Alter als vom Geschlecht abhängig. Eine Kooperation in Form einer Berufsausübungsgemeinschaft, einer Praxisgemeinschaft oder in einem MVZ bevorzugen 34 Prozent der unter 35-Jährigen, aber nur 21 Prozent der über 45-Jährigen. Generell lassen sich Frauen bei der Existenzgründung etwas mehr Zeit. Beim Schritt in die Niederlassung sind sie durchschnittlich 37,7 Jahre alt, Männer dagegen erst 35,7 Jahre. Insgesamt zeigt sich, dass bei der Neugründung jeder zweite Zahnarzt, aber nur gut jede dritte Zahnärztin, jünger als 35 Jahre ist.

Bei den Praxisinvestitionen liegen die Männer unverändert vor den Frauen. Sie nehmen rund 17 Prozent mehr Geld in die Hand als ihre Kolleginnen: Ihr Fokus liegt klar im hochpreisigen Segment und sie akzeptieren daher einen höheren Übernahmepreis. Zahnärztinnen hingegen bevorzugen kleinere Einzelpraxen. Die weiteren Praxisinvestitionen für Ausstattung, Betriebsmittel sowie Modernisierung liegen bei Zahnärzten und Zahnärztinnen dagegen gleich hoch.

Autorin: Dagmar Loy

Dieser Artikel ist im BZB – Bayerisches Zahnärzteblatt erschienen.

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