Branchenmeldungen 31.01.2025
„Ich hoffe auf eine noch innovativere IDS als 2023!“
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Als internationale Schau legt die IDS aller zwei Jahre die Messlatte neu an: was gilt ab sofort als neuer Standard und welche Potenziale und Innovationen treiben dentale Entwicklungen voran. Die Antworten auf diese Fragen lassen sich ab sofort in fünf Hallen auf der Kölner Messe finden. Worin Robert Nicic, Laborleiter und Zahntechnikermeister der Charité-Universitätsmedizin Berlin, bisherige dentale Errungenschaften sowie neue Chancen sieht, verrät das folgende Interview.
Herr Nicic, wie würden Sie die Meilensteine der Zahntechnik historisch einordnen?
Die Geschichte der Zahntechnik reicht weit zurück. Schon in vorchristlicher Zeit gab es herausnehmbaren Zahnersatz aus Knochen oder Elfenbein, der mit Golddrähten befestigt wurde. Ästhetik und Funktion spielten bereits damals eine Rolle. Im 18. und 19. Jahrhundert entstanden Meilensteine wie die Porzellanherstellung durch Friedrich Böttger (1710), zahnmedizinische Werke von Pierre Fauchard (1728) oder die Richmond-Krone (1880). Das 20. Jahrhundert brachte bedeutende Fortschritte, darunter die erste Internationale Dental-Schau 1923 sowie die Entwicklung der Schalenkeramik (1932) und Metallkeramik (1945), die das Fachgebiet revolutionierten.
Inwiefern prägen moderne Technologien die heutige Zahntechnik?
Sie prägen sie maßgeblich: So ermöglicht die digitale Volumentomographie (DVT) präzisere Diagnosen bei reduzierter Strahlenbelastung, CAD/CAM sorgt für hochpräzise und effizient gefertigte prothetische Versorgungen. Der 3D-Druck verkürzt die Produktionszeit von Zahnmodellen, Bohrschablonen und Prothesen erheblich und neue Materialien wie Zirkonoxid verbessern Haltbarkeit und Biokompatibilität. Zudem erleichtert die intraorale Datenerfassung digitale Abformtechniken direkt im Mundraum, was zu einer optimierten Behandlungsqualität führt. All diese Innovationen sorgen für optimale Passgenauigkeit, Qualität und Reproduzierbarkeit.
Gilt Zahntechnik noch als Handwerk oder bereits ein High-Tech-Beruf?
Früher wie heute wird oft vom „Zahntechniker-Handwerk“ gesprochen. Mit der Digitalisierung wurden düstere Prognosen für die Zahntechnik gestellt. Es hieß, Zahntechniker würden durch CAD/CAM-Systeme überflüssig, da Zahnersatz quasi auf Knopfdruck gefertigt werden könne. Auch die Dentalindustrie unterstützte diesen Trend mit Innovationen wie Keramikbrennöfen für Zahnarztpraxen. Auf der IDS 2017 sorgte die Aussage, dass Zahnärzte durch digitale Fertigung mehr Umsatz generieren könnten, weil sie kein Dentallabor mehr benötigten, für Empörung. Doch Jahre später zeigt sich das Gegenteil: Die Zahntechnik hat sich weiterentwickelt und ist heute ein unverzichtbarer Bestandteil der modernen Zahnmedizin. Zahntechniker sind nicht nur Handwerker, sondern Experten für CAD/CAM, Material- und Werkstoffkunde sowie prothetische Versorgungsmöglichkeiten. Ihre Fachkompetenz beeinflusst maßgeblich den Erfolg oder Misserfolg einer prothetischen Arbeit.
In meinen Augen ist die Zahntechnik weit mehr als ein traditionelles Handwerk. Wir tragen eine enorme Verantwortung für die Qualität und Funktionalität des Zahnersatzes und haben einen starken Einfluss auf die moderne Prothetik.
Was sind Ihre Erwartungen an die diesjährige IDS?
Ich hoffe auf eine noch innovativere IDS als 2023! Besonders spannend finde ich die Weiterentwicklung von KI in der Zahnmedizin, insbesondere bei der Analyse radiologischer Bilder. Intraoralscanner und Gesichtsscanner werden die digitale Patientenplanung weiter optimieren. KI-gestützte Implantatplanung könnte die Präzision und Effizienz erheblich steigern. Die 3D-Fertigung wird weiter an Bedeutung gewinnen und neue Möglichkeiten für die Zahntechnik eröffnen. Auch neue Materialien, insbesondere für minimal-invasive und non-invasive Versorgungskonzepte, werden eine Rolle spielen. Zudem freue ich mich auf den persönlichen Austausch mit ehemaligen Kollegen, Meisterschülern und Branchenexperten. Der interdisziplinäre Dialog zwischen Zahntechnik, Zahnmedizin und Industrie bleibt essenziell für den Fortschritt der Branche.