Branchenmeldungen 05.02.2013

Kammerwahlen – das Amt als Selbstzweck



Kammerwahlen –  das Amt als Selbstzweck

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Nur noch 1.700 von fast 5.400 Berliner Zahnärzten haben eine gültige Stimme zur Neuwahl der Berliner Kammerversammlung abgegeben. Gerade einmal 30 Prozent bestimmen damit über das künftige Geschehen in der ZÄK Berlin, und mit der Repräsentativität von gerade einmal einem Fünftel der Zahnärzte wird der neue Kammerpräsident – es wird, wie auch anders, der alte sein – ins Amt gehievt. Berlin, in Vorreiterrollen von Debakeln geübt, sieht sich in der Kammer selbst als Wegmarkierer eines bundesweit erkennbaren Desinteresses der Zahnärzte am Wirken und Geschehen in den jeweiligen Landeskammern. Richtig erkannt, wie auch weitere Wahlbeteiligungszahlen kürzlich erfolgter Kammerwahlen offenbaren.

In Berlin hat es wenigstens mit sechs Listen noch Alternativen gegeben und eine eher linke „Fraktion Gesundheit“ hat mehr Stimmen auf sich ziehen können als der eher rechte „Freie Verband Deutscher Zahnärzte“. Aber gemeinsam mit der FV-Traditions-Abspaltung „Verband der Zahnärzte von Berlin“ reicht es allemal wieder zur Stellung des Präsidenten aus dem konservativen Zahnärztelager.

Die große Mehrheit der Zahnärzte konnte dieses vielfältige Listenangebot nicht wachrütteln, weil eben, und dies ist ja ein bundesweiter Trend, einer Mehrheit der Zahnärzte es völlig wurscht ist, was in ihren Kammern passiert. Was aus der Gesundheitspolitik diktiert wird, muss zuerst die Kammer schlucken und dann die Praxis umsetzen. Siehe GOZ-BEMAtisierung als ein Beispiel. Oder die neuen Bürokratien aus dem Patientenrechtegesetz. Dort, wo man selbst gestalten könnte, so z.B. in der Frage einer geregelten und medizinisch gesicherten Spezialisierung, einer Öffnung der Praxisstrukturen und … und … blockiert man sich selbst.

Das größte Problem der Kammern für die Zukunft liegt in dem immer größer werdenden Machtstreben und der Verbreitung von Fachgesellschaften, die den Kammern in vielen Vertretungsbereichen das Wasser abzugraben suchen. Mit welcher Selbstgefälligkeit, ja Präpotenz aus dem Status des Amtes eines Kammerpräsidenten heraus einzelne Funktionäre gesegnet sind, offenbart nachstehendes Präsidial-statement zum Berliner Wahlbeteiligungsdebakel: „Man könnte aber auch die Alltagserfahrung berücksichtigen, dass sich in der Regel nicht meldet, wer eigentlich ganz zufrieden ist, sondern eher diejenigen, die etwas verändern wollen. So gesehen ist eine niedrige Wahlbeteiligung auch ein Signal an den Vorstand, dass dieser mit seiner Arbeit eine grundsätzliche Zufriedenheit ausgelöst hat.“

Treffend kommentiert hat dieses Statement ein Berliner Zahnarzt: „Wenn gar keiner mehr wählt (außer vielleicht den Funktionären, damit es überhaupt ein Ergebnis gibt), dann ist für den Funktionär der optimale Zustand erreicht. Die Regierung braucht das Volk nicht und die Körperschaftsfunktionäre nicht die zahnärztliche Basis. Außer natürlich zum Zahlen…“

Solange die Zwangsmitgliedschaft in den Kammern nicht fällt – Europa kommt da ja noch nicht so richtig voran, wenn man es auch anstrebt – bleibt die Welt der Kammerpräsidenten in Ordnung, denn das Amt ist gesichert, wenn das Geld zwangsweise da ist. Aber vielleicht hilft ein solches Amtsverständnis auch den Praxen, sich möglichst unbehelligt dem Patienten widmen zu können,

toi, toi, toi, Ihr J. Pischel


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