Branchenmeldungen 27.02.2011
Kostenerstattung - gleichgültig, wo die Behandlung erfolgte
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Die Europäische Union (EU) drängt weiter zur Öffnung der
nationalen Gesundheitsmärkte, die heimischen Krankenkassen sollen die
Kosten übernehmen. Netzwerke und Informationspflicht der
Mediziner/-innen sollen die Qualität der Gesundheitsversorgung
garantieren.
Gelingt es der EU-Kommission einen bereits seit 2008 vorliegenden
Richtlinienvorschlag, der im Europaparlament in zweiter Lesung genehmigt
wurde, nun auch im EU-Rat durchzusetzen, wird ein europäischer
Gesundheitsmarkt geschaffen, auf dem sich jeder Patient in jedem EU-Land
behandeln lassen und dafür eine Kostenerstattung seiner Heimatkasse und
Solidarsysteme in Anspruch nehmen kann.
Profitieren werden, so heißt es, jene nationalen Gesundheitssysteme, die
auf einem hohen Qualitätsniveau und so für Patienten/-innen interessant
sind. Ebenso würden Gesundheitssysteme zu den Gewinnern gehören, die
bestimmte Leistungen mit einem attraktiven Preisniveau anbieten können.
Ärzte/-innen und Zahnärzte/-innen aus allen EU-Ländern dürfen dann für
ihre angeblich „günstigeren“ Leistungen auch in Österreich offen werben.
Leitlinien zur Qualitätssicherung
Um die Patientensicherheit und ein angemessenes Niveau der Versorgung zu
garantieren, sollen die Mitgliedsstaaten klare Standards und Leitlinien
für die Qualität ihrer Gesundheitsdienste entwickeln und ständig
aktualisieren. Zudem ist der Aufbau sogenannter europäischer
Referenznetzwerke geplant, bei denen die Mitgliedsstaaten eng
zusammenarbeiten müssen. In dem Netzwerk sollen auch Patientengruppen
und Berufsvertreter eingebunden werden. Elektronische Gesundheitsdienste
haben für die EU in dieser Richtlinie eine Schlüsselrolle bei der
grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung.
Europäische Standards sollen die Zusammenarbeit dieser Dienste
erleichtern. Die EU plant zudem, dass alle Mitgliedsstaaten sogenannte
nationale Kontaktstellen einrichten, die den Patienten/-innen als
Anlaufpunkte dienen sollen. Dabei sollen Patientenorganisationen,
Krankenkassen und „Gesundheitsdienstleister“ eingebunden werden. Für
diese „Gesundheitsdienstleister“ – also auch
Zahnärzte/-innen – enthält die Richtlinie umfangreiche Informationspflichten gegenüber den Patienten.
Um nur einige zu nennen: Qualitätsstandards und -leitlinien,
einschließlich der einschlägigen nationalen Bestimmungen über die
Überwachung dieser Standards, die bestehenden Behandlungsoptionen,
transparente Preise, Zugangsmöglichkeiten für Personen mit Behinderungen
und das Bestehen eines Versicherungsschutzes oder anderer Formen eines
persönlichen oder beruflichen Haftungssystems.
Medizinrechtler/-innen werfen im Zusammenhang mit der EU-Richtlinie die
Frage auf, ob darüber nicht die in Österreich noch geübte
Kassen-Sitzvergabe nach einer „Bedarfsplanung“ obsolet wird, weil sie
Zahnärzte/-innen in Österreich gegenüber Anbietern/-innen im EU-Ausland
„diskriminiert“. So hat etwa Deutschland bereits
Kassen-Zulassungsbeschränkungen im Inland aufgehoben, um nicht in einem
Urteil des EU-Gerichtshofes dazu entsprechend gezwungen zu werden.