Branchenmeldungen 20.06.2019
Mundhygiene: (Unsere) Erwartungen anpassen
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Die „patientenverstehende Kommunikation“ kann in der Prophylaxe und Parodontologie wahre Wunder bewirken. In kaum einer anderen Fachrichtung ist der Behandlungserfolg so sehr von der Mitarbeit der Patienten abhängig wie hier. Wir, die behandelnden Zahnärzte, wissen das genau, aber haben unsere Patienten das auch wirklich verstanden? In der Regel haben sie das nicht! Und das nicht etwa, weil ihr Intellekt dazu nicht ausreicht, sondern weil WIR ihre Lage nicht nachvollzogen haben.
Mein konkretes Beispiel führt mich diesmal in die Parodontologie. Die meisten Betroffenen einer plaqueinduzierten Parodontitis haben häufig nie einen adäquaten Bezug zur häuslichen Mundhygiene (MH) entwickelt. Sofort mit der Tür ins Haus zu fallen und über die Nutzung von Zahnseide und Zahnzwischenraumbürstchen aufzuklären, bringt selten den gewünschten Effekt. Ein Mensch, der sich maximal ein Mal am Tag die Zähne reinigt, kann mit all unseren gut gemeinten Informationen nichts anfangen.
Viele scheuen die angemessene Aufklärung dieser Patienten, da sie befürchten, zu viel reden zu müssen. Diese Sorge ist aber unbegründet, und es spart uns am Ende sogar Zeit, wenn wir lernen, unsere Patienten WIRKLICH zu verstehen, und anfangen, einige Punkte zu beachten.
- Finden Sie heraus, wie der Patient zu seiner eigenen Mundhygiene steht (wie oft, wie wichtig, wie ausgiebig).
- Akzeptieren Sie, dass es Menschen gibt, die andere Prioritäten haben als ihre Mundhygiene. Die eigene Akzeptanz allein kann schon wahre Wunder bewirken.
- Kommunizieren Sie dieses ehrliche Nachempfinden dem Patienten.
Mithilfe der Schritte 1 bis 3 holen Sie den Patienten ab, Sie geben Korrekturmöglichkeit und erzeugen keinen Widerstand. Der Patient fühlt sich von Ihnen verstanden und ist nun offener für Ihre Vorschläge.
- Im Kompromiss liegt die Chance! Können Sie sich mit dem Patienten für das erste PAV-Intervall auf eine kleine Veränderung einigen? Zum Beispiel, dass sie/er sich verpflichtet, nicht ein Mal, sondern zwei Mal manuell zu reinigen?
- Fragen Sie den Patienten, was sich für sie oder ihn in der persönlichen Wahrnehmung verändert hat, seit zwei Mal täglich geputzt wird.
- Wenn der Patient kooperiert, können Sie nach weiteren zwei Wochen ein nächstes neues Mundhygiene-Tool vorschlagen.
Die Parodontologen werden es mir nachsehen: Nur in den wenigsten Fällen betreiben unsere Parodontitispatienten (vorausgesetzt: plaqueinduzierte PA) eine Mundhygiene aus dem Lehrbuch. Wenn Sie jemanden, der maximal ein Mal täglich „gereinigt“ hat, dazu bekommen, regelmäßig zwei Mal am Tag adäquat zu putzen, ist das ein erster Erfolg und wirkt sich entsprechend positiv auf unseren klinischen Behandlungserfolg aus.
Der Beitrag ist in der dentalfresh erschienen.
Foto: Wayhome Studio – stock.adobe.com