Branchenmeldungen 05.11.2015
Optimale Wurzelfüllung?
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Devitale Wurzeln neigen zur Bildung von Sprüngen. Mehrere Gründe sind hierfür zu nennen: Kalziumhydroxid versprödet das Dentin, indem es das Kollagengerüst teilweise auflöst. Unnötige Ausschachtungen bei der Zugangspräparation können durch künstliches Zahnmaterial mechanisch nicht ersetzt werden.
Präparation, Hitze und/oder Stopfdruck können Mikro-Cracks an der Innenwand verursachen, die unter zyklischer Belastung zu Sprüngen bis ins Zement auswachsen. Das Manteldentin schützt nur vor Krafteinwirkungen, die von außen kommen; im Bauplan des Zahnes ist eine „innere Belastung“ nicht vorgesehen. Die „optimale Wurzelfüllung“ wird es daher nie geben.
Unter diesen Umständen ist es nicht verwunderlich, wenn eine Rückbesinnung auf lebendes Gewebe im Wurzelkanal einsetzt. Solange gut ernährte Odontoblasten den Wurzelkanal auskleiden, ist dieser nicht nur biologisch unbedenklich gefüllt, sondern seine Wand sogar fähig zur Reparatur von Mikrocracks. Pulpaerhaltende Techniken wie indirekte und direkte Überkappung, partielle, totale und tiefe Pulpotomie gewinnen so wieder an Bedeutung, besonders bei jugendlichen Zähnen mit weiten Kanälen. Erfolg ist jedoch nur zu erwarten, wenn neben präziser Indikationsstellung, minutiöser Isolation, adäquater Präparation, schonender Blutstillung und dichtem bakterizidem Verschluss auch noch entsprechende Nachkontrollen erfolgen. Neben der Erhaltung noch vorhandener Pulpa wird erfreulicherweise seit Jahren daran gearbeitet, auch infizierte Wurzelkanäle für eine zelluläre Wiederbesiedlung gangbar zu machen. Bislang ist dies bei Zähnen mit weit offenem Foramen apikale gelungen. Ein solches könnte schon in naher Zukunft durch bewusstes Ausschachten des Wurzelkanals hergestellt werden. Ziel wäre es, den Wurzelkanal nicht für die Obturation, sondern für die Repopulation mit Stammzellen „aufzubereiten“. Dazu fehlt uns heute leider noch die richtige Mixtur an Wachstumsfaktoren, welche aus Stammzellen differenzierte Odonto- oder Zementoblasten werden lässt, sowie eine über ein reines Blutkoagel hinausgehende Matrix, die den Zellen eine sinnvolle Anordnung zuweist. Dass für eine solche – konzentrische – Ausschachtung NiTi-Feilen unverzichtbar wären, liegt auf der Hand. Die Zusammenführung zweier großer Weiterentwicklungen in der Endodontie – Tissue engeneering und NiTi-Präparation – könnte also schon bald eine völlig neue Art der Endodontie hervorbringen, deren Ergebnis tatsächlich so etwas wie eine optimale Wurzelfüllung wäre.