Branchenmeldungen 24.09.2025

Prämiertes Schulungskonzept: Wissen mit Herz – Pflege mit Wirkung



Melanie Rudolph hat eine Vision: mit fundiertem Fachwissen eine Brücke zwischen Zahnmedizin und Pflege bauen. Denn oft kommt eine gründliche Mundhygiene im Pflegealltag zu kurz. Das will die engagierte Dentalhygienikerin ändern. So ist sie nicht nur Leiterin der Prophylaxeabteilung im Zahnzentrum Westerwald, sie ist zudem auch als Dozentin an einer Pflegefachschule tätig. Daraus entwickelte Melanie Rudolph ihr Schulungskonzept „Wissen mit Herz – Pflege mit Wirkung“. Dieses ist darauf ausgerichtet, Pflegekräften das nötige Wissen und die Sicherheit an die Hand zu geben, um souverän mit der Mundgesundheit Pflegebedürftiger umzugehen. Mit diesem Projekt gewann die DH dieses Jahr den Deutschen Dentalhygiene-Award in der Kategorie „Senioren und Pflegebedürftige“. Im Interview erzählt sie mehr über ihr preisgekröntes Konzept.

Prämiertes Schulungskonzept: Wissen mit Herz – Pflege mit Wirkung

Foto: DGDH/Pixel-Shot – stock.adobe.com

Frau Rudolph, was war die größte Motivation hinter Ihrem prämierten Projekt?

Der demographische Wandel führt dazu, dass Menschen nicht nur älter werden, sondern auch ihre eigenen Zähne länger behalten. Dank moderner Zahnmedizin werden die Versorgungen immer besser und wir können diesen Zustand in der Prophylaxe langfristig stabil halten. Doch sobald Patient*innen immobil werden, bleiben Zahnarztbesuche häufig aus. Mich beschäftigte schon lange die Frage: Wie geht es dann weiter? Wie ist das Pflegepersonal geschult, um mit komplexen Versorgungen umzugehen, Probleme zu erkennen und richtig zu handeln? Ich besuchte einen Pilotkurs namens „DGDH goes Pflege“ von Annett Horn und Elmar Ludwig, und dieser wurde schließlich der Auslöser für mich, aktiv zu werden. Seit 2022 bin ich festangestellte Dozentin an einer Pflegefachschule. So vereine ich Wissen aus der Dentalhygiene mit wertvollen Einblicken aus der Pflegeausbildung. An dieser Schnittstelle setze ich an: wo Zusammenarbeit zwischen Pflege und Zahnmedizin die größte Wirkung entfalten kann.

Welche Inhalte sind in Ihrem Fortbildungskonzept besonders wichtig?

Mein Konzept gliedert sich in zwei Module. Es basiert auf Erfahrung, Nähe zur Praxis und echtem Austausch mit den Pflegekräften. Ziel meiner Schulungen ist es, die Pflegekräfte mit praktischem Wissen und Verständnis für Mundhygiene zu stärken, sodass diese den Expertenstandard „Förderung der Mundgesundheit in der Pflege“ alltagstauglich umsetzen können.

Das erste Modul vermittelt zentrales Basiswissen, dass die Bedeutung von Mundgesundheit herausstellt und dabei die Wechselwirkung mit Medikamenten einbezieht. Hier lernen Teilnehmende sowohl altersbedingte als auch krankhaft bedingte Veränderungen, wie Karies, Gingivitis oder Parodontitis, zu erkennen. Wir zeigen zudem eine Auswahl sowie die korrekte Handhabung bestimmter Produkte aus der Mundpflege.

Im zweiten Modul dürfen Teilnehmende selbst ins Üben kommen, dann behandeln wir praktische Aspekte wie die richtige Anwendung von Mundhygieneartikeln. Der Umgang mit Zahnersatz und Implantaten will ebenfalls geschult sein. Auch Tipps für Hygiene, digitale Dokumentation und den Pflegealltag kommen nicht zu kurz. Ein weiterer wichtiger Fokus liegt auf der engen Zusammenarbeit zwischen der Zahnarztpraxis und dem Pflegeteam.

Die Besonderheit meines Konzeptes fußt auf drei Säulen:

  • Verständnis: Probleme im pflegerischen Alltag gemeinsam diskutieren und Lösungen finden.
  • Herz statt Hürde: Ich nehme Ängste, stärke Selbstvertrauen und vermittle Wissen mit Begeisterung.
  • Kooperation statt Konfrontation: Pflege und Zahnmedizin profitieren voneinander – wenn man sich aktiv zuhört.

 Haben Sie bereits Reaktionen aus der Pflegepraxis erhalten?

Das Konzept wird momentan an einer Pflegefachschule umgesetzt und zeigt bereits erste spürbare Veränderungen im Pflegealltag. Ich bekam folgende positive Rückmeldungen aus der Praxis:

  • Pflegekräfte fühlen sich sicherer und gehen motivierter an die Mundpflege heran.
  • Routinen werden bewusster umgesetzt, da das Verständnis für Zusammenhänge wächst.
  • Die Zusammenarbeit zwischen Pflege und Zahnmedizin verbessert sich deutlich.
    Das Gelernte wirkt über die Schulungen hinaus: Es wird in Teams weitergetragen und stößt nachhaltige Verbesserungsprozesse an.

Das zeigt, dass die Schulung nicht nur theoretische Relevanz hat, sondern auch direkt zu positiven Veränderungen in der Pflegepraxis führt.

Inwiefern kann eine verbesserte Mundhygiene in der Pflege auch die allgemeine Gesundheit und Lebensqualität der Senior*innen steigern?

Pflegebedürftigkeit betrifft in Deutschland fast sechs Millionen Menschen, knapp 80 % davon sind über 65 Jahre. Trotzdem wird der Mundgesundheit im Alltag oft zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Dabei beeinflusst sie zentrale Lebensbereiche wie Ernährung, Kommunikation, Schmerzfreiheit und Lebensqualität. Zudem bestehen nachweisliche Zusammenhänge mit Allgemeinerkrankungen wie Diabetes, Pneumonien, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Demenz.

Welche weiteren Schritte wünschen Sie sich, um die Mundgesundheit in der Alten- und Pflegebetreuung dauerhaft zu verbessern?

Mit dem Expertenstandard „Förderung der Mundgesundheit in der Pflege“ liegt seit 2023 erstmals eine bundesweite Leitlinie vor. Die praktische Umsetzung erfordert jedoch, dass die Pflegekräfte mit mehr Fachwissen ausgestattet werden, um die Handlungssicherheit im Pflegealltag zu stärken. Diese Voraussetzung ist derzeit leider noch nicht ausreichend etabliert.

Mein Wunsch lautet daher: Mehr Pflegeeinrichtungen und Schulen sollten gezielt Dentalhygienikerinnen einbinden, um das Personal praxisnah und qualifiziert zu schulen.

Herzlichen Dank für das Gespräch!

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