Branchenmeldungen 13.08.2012

Radiologische Erfolgskontrollen in der Zahnmedizin

Radiologische Erfolgskontrollen in der Zahnmedizin

Foto: Foto: Johannes Eschmann

Bildgebung gilt als zentrales Instrument für optimale Diagnostik, Planung, Therapie und Kontrolle.

Am 13. Juni 2012 fand zum 25. Mal die Jahrestagung der Schweizerischen Gesellschaft für Dentomaxillofaziale Radiologie (SGDMFR) im Inselspital Bern statt. SGDMFR-Präsident PD Dr. Michael Bornstein konnte über 170 Teilnehmende zu den ausgesprochen spannenden Vorträgen über radiologische Erfolgskontrollen in der Zahnmedizin begrüssen. Auch wurde der Jahrespreis der SGDMFR für junge Forscher im Gebiet der Radiologie verliehen.

Kariesaktivität nicht nur mit Bitewings bestimmen

Dr. Klaus Neuhaus, Klinik für Zahnerhaltung, Präventiv- und Kinderzahnmedizin der Universität Bern, berichtete in seinem Eröffnungsreferat über Möglichkeiten und Grenzen radiologischer Kontrolle der Kariesaktivität. Für die approximale Kariesdiagnostik sind Bite­wings (BW) indiziert. Ein Vergleich von BW, welche zu verschiedenen Zeitpunkten gemacht wurden, gibt Hinweise für die Läsionsaktivität und ist sehr wichtig für die Verlaufskontrolle. Die digitale Substraktionsradiografie kann dafür sehr hilfreich sein. Die Progressionsrate einer kariösen Läsion ist vom individuellen Kariesrisiko eines Patienten abhängig, das periodisch neu ermittelt werden soll. Das individuelle Kariesrisiko bestimmt, wie oft neue BW angefertigt werden müssen. Um die Einwirkung ionisierender Strahlung zu minimieren, gibt es zusätzliche Methoden wie zum Beispiel Fiberoptische (FOTI, DIFOTI) und Laserfluoreszenz-Methoden (DIAGNOdent Pen, VistaCam, Sopro Life, QLF-D), die im Einzelfall das Anfertigen von Röntgenbildern überflüssig machen können. Für die radiologische Kontrolle der Kariesaktivität sollten BW bzw. Einzelzahnfilme (EZF) mit Bedacht je nach Kariesrisiko angewendet werden. Es sollte primär angestrebt werden, das Kariesrisiko durch eine intensivierte Individualprophylaxe zu senken.

Röntgenkontrolle nach Paro-Chirurgie: Nach sechs und zwölf Monaten

 

Prof. Dr. Nicola Zitzmann, Klinik für Parodontologie, Endodontologie und Kariologie der Universität Basel, untersuchte im Folgebeitrag die Möglichkeiten der klinischen und radiologischen Erfolgskontrolle in der Parodontologie. Für die Ausarbeitung eines für den Patienten ange­passten Behandlungsplanes wird ein 14er EZF-Status empfohlen. Diagnostisch können auf den EZF approximaler Zahnstein, parodontale Problemstellen und anatomische Begebenheiten erkannt werden. Auch für die Planung chirurgischer Eingriffe wie zum Beispiel einer Kronenverlängerung oder einer Wurzelamputation ist ein EZF und evtl. auch ein DVT (Digitale Volumentomografie) indiziert. Zwei Jahre nach Abschluss der aktiven Parodontitistherapie oder vor der restaurativen Therapie wird nochmals ein 14er EZF-Status empfohlen. Nach einem parodontal-chirurgischen Eingriff ist je nach Situation ein EZF frühestens sechs bis zwölf Monate danach indiziert. Nach der restaurativen bzw. rekonstruktiven Phase sind ebenfalls EZF indiziert, um Zementreste zu lokalisieren. Im Recall soll alle vier Jahre ein 14er EZF-Status gemacht werden. EZF sind immer ergänzend zu einem klinischen Befund anzufertigen und können keine Aussage bezüglich der Krankheitsaktivität machen. Im Vergleich zu einer Panoramaschichtaufnahme (PSA) ist auf einem 14er EZF-Status im Ober- wie auch im Unterkiefer mehr sichtbar.

Röntgenkontrolle nach einer Wurzelkanalbehandlung: Nach zwölf Monaten

PD Dr. Matthias Zehnder, Klinik für Präventivzahnmedizin, Parodontologie und Kariologie der Universität Zürich, diskutierte die radiologische Kontrolle nach Endodontie und deren (fehlenden?) Konsequenzen. Ein Jahr nach einer Wurzelkanalbehandlung sollte ein Kontrollröntgenbild gemacht werden. Eine neue Läsion soll therapiert und eine persistierende Läsion weiter beobachtet werden. Sehr hilfreich für die Verlaufskontrolle sind bei neuen Patienten alte EZF. Das normale Heilungsintervall kann bis vier Jahre und länger dauern. In der Nachkontrolle soll neben dem EZF auch ein klinischer Befund gemacht werden. Ein DVT ist indiziert, wenn eine apikale chirurgische Therapie bei Molaren ansteht, bei invasiven zervikalen Resorptionen, bei sehr komplexen Wurzelanatomien vor einer Wurzelkanalbehandlung und  wenn ein Verdacht auf eine nichtentzündliche Läsion besteht.

Röntgenkontrolle je nach Traumatyp und Pulpasituation: Nach drei, sechs und zwölf Monaten

Prof. Dr. Andreas Filippi, Klinik für zahnärztliche Chirurgie, Radiologie, Mund- und Kieferheilkunde der Universität Basel, betonte die Wichtigkeit röntgenologischer Langzeitkontrollen nach einem Zahntrauma, wenn Spätfolgen zu erwarten sind. Erfolgte eine Kronen- oder Kronenwurzelfraktur ohne Pulpabeteiligung, oder lagen Knochen- und Weichgewebeverletzungen vor, sind in der Langzeitkontrolle keine EZF indiziert. Nach einer Wurzelfraktur, oder wenn die Pulpa durch das Zahntrauma involviert und allenfalls eine Wurzelkanalbehandlung gemacht wurde, dann sind EZF in der Langzeitkontrolle anzufertigen. Auf dem EZF kann die Tertiärdentinbildung, eine apikale Parodontitis oder infektbedingte Wurzelresorptionen diagnostiziert werden. Bei einer schweren Dislokation soll nach der Schienenentfernung und nach Abschluss einer möglichen Wurzelkanalbehandlung ein EZF gemacht werden. Nachkontrollen sollten drei, sechs und zwölf Monate je nach Pulpasituation und Zahntrauma erfolgen. Ein EZF ist für die Langzeitkontrolle allgemein ausreichend, kann aber bei Wurzelresorptionen durch ein DVT ergänzt werden.

Keratozystischer odontogener Tumor erfordert lebenslänglich röntgenologische Recalls

PD Dr. Michael Bornstein, Klinik für Oralchirurgie und Stomatologie der Universität Bern, berichtete über die radiologische Nachkontrollen nach einer Zystentherapie. Im EZF kann eine Kieferzyste als Zufallsbefund erkannt werden, auf einer PSA wird hingegen die Zystenausdehnung deutlich. Nach einer Zystenoperation wird postoperativ eine PSA oder wenn möglich eine Teil-PSA als erste Kontrollaufnahme empfohlen. Ein Jahr postoperativ wird eine weitere PSA und evtl. ein EZF bei wurzelkanalbehandelten Zähnen empfohlen. Da bei Kieferzysten kaum Rezidive zu erwarten sind, ist in einer unauffälligen, klinischen Nachkontrolle die Nachsorge abgeschlossen. Eine Ausnahme bildet der keratozystische, odontogene Tumor (KOT). Beim KOT sind in den ersten fünf Jahren postoperativ jedes Jahr eine PSA und evtl. ein EZF indiziert, danach alle zwei Jahre. In diesem Fall sind lebenslänglich Recalls indiziert. Nur in speziellen Fällen ist ein DVT indiziert.

Bei Head-and-Neck-Tumoren: Nachkontrolle fünf Jahre lang mit Halssonografien und ein bis zwei bildgebenden Untersuchungen

Dr. Dr. Heinz-Theo Lübbers, Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichts­chirurgie der Universität Zürich, diskutierte die Fragestellung der Bildgebung bei Head-and-Neck-Tumoren. Diese beinhaltet das Stag­ing, die Planung der rekonstruk­-
tiven Massnahmen und die Tumorfreiheit im Follow-up. Es kann je nach Gewebetyp ein CT (Computertomografie – Knochen, Weichteile), ein MRT (Magnetresonanztomografie – Weichteile), ein DVT (Knochen) oder Fotos gemacht werden. Bei der Abklärung von lokoregionären Halslymphknoten eignen sich folgende Modalitäten: Sonografie, CT, MRI, PET (Positronen-Emissions-Tomografie)/CT oder PET/MRI. Bei Fernmetastasen bzw. Zweittumoren eignen sich folgende Modalitäten: PET/CT oder PET/MRT, Panendoskopie, Thoraxröntgenbild, Skelett­szintigrafie oder eine Sonografie des Abdomens. Fünf Jahre lang werden Nachkontrollen mit Halssonografien gemacht: initial monatlich und danach einmal pro Jahr. Innerhalb der ersten sechs bis achtzehn Monate werden ein bis zwei weitere bildgebende Untersuchungen gemacht, wenn möglich dieselben wie bei der Erstuntersuchung.

Nach Kiefergesichtsfrakturen meist 2-D-Bildgebung ausreichend

Dr. Dr. Andrej Terzic, Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des Universitätsspitals Genf, präsentierte ein Update über die prä-, intra- und postoperative Bildgebung nach Kiefergesichtsfrakturen. Bei Mandibulafrakturen können prä­operativ je nach Frakturlokalisation eine PSA, eine p.a. Schädelaufnahme nach Clementschitsch, eine Okklu­sal­aufnahme (OA) und ein EZF indiziert sein. Bei Alveolarfortsatzfrakturen sind EZF in mindestens drei Ebenen indiziert. Eine OA, eine PSA oder eine Nasennebenhöhlenaufnahme (NNA) sind in bestimmten Fällen ebenfalls indiziert. Bei Mittelgesichtsfrakturen sind je nach Frakturlokalisation eine NNA, eine Aufnahme der Orbitae, eine Jochbogendarstellung (Henkeltopf), ein EZF, eine PSA und eine OA indiziert. Ein CT, ein DVT oder eine 3-D-CT ist prä-, intra- und postoperativ in bestimmten Situationen indiziert.

3-D-Bildgebung für einen massgeschneiderten Behandlungsplan

PD Dr. Dr. Joachim Obwegeser, Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie der Universität Zürich, referierte über kraniofaziale Syndrome und die Rolle der Radiologie in Planung und Evaluation komplexer kraniofazialer Operationen. Bei verschiedenen Schädelanomalien wie zum Beispiel dem Kleeblattschädel stellt ein 3-D-CT, ein MRT und ein MRA (Magnetreso­nanz­angiografie) die Basis für einen massgeschneiderten Behandlungsplan wie auch für postoperative Erfolgs- und Verlaufskontrollen dar. Ein DVT oder CT kann indiziert sein, um respiratorische Probleme zu beurteilen, aus ophthalmologischen Gründen oder aus psychosozialen Aspekten. Intraoperativ liefert ein 3-D-CT u.a. Informationen über die Schädelsymmetrie.

PSA als Standardaufnahme bei Osteonekrosen

Prof. Dr. Dr. J. Thomas Lambrecht, Klinik für zahnärztliche Chirurgie, Radiologie, Mund- und Kieferheilkunde der Universität Basel, sprach über die radiologische Darstellung von (Bisphosphonat) Osteonekrosen. Es wird zwischen der Bisphosphonat-induzierten Osteonekrose (BION) und der infizierten Osteoradionekrose (IORN) unterschieden. Die PSA gilt als Standard bei der Diagnostik und als Verlaufskontrolle. Bei Bedarf kann diese durch eine 3-D-Aufnahme wie ein DVT oder ein CT ergänzt werden. 

Periapikaler EZF als Standardaufnahme für implantologische Nachkontrolle

PD Dr. Karl Dula, Klinik für Oralchirurgie und Stomatologie der Universität Bern, erklärte den peri­apikalen EZF und einen klinischen Befund als Standard für die implantologische Nachkontrolle. Eine PSA ist indiziert, wenn mindestens sechs periapikale EZF angefertigt werden müssten. Ein DVT oder ein CT ist für eine normale Nachkontrolle nicht indiziert. In speziellen Fällen kann ergänzend ein DVT gemacht werden, um auch die bukkale und palatinale bzw. linguale Seite eines Implantates beurteilen zu können. Postimplantologisch ist eine 3-D-Aufnahme indiziert, wenn Komplikationen durch das Setzen eines Implantates auftraten oder Verdacht auf eine Schädigung anatomischer Strukturen besteht.

Insgesamt war der Jahreskongress sowohl für chirurgisch tätige Kollegen wie auch für Allgemeinpraktiker hoch informativ. Der nächste SGDMFR-Kongress findet am Vortag des SSO-Kongresses am 29. Mai 2013 in Interlaken statt. Thema: Unklarer Röntgenbefund – was mache ich?

Kontakt: www.sgdmfr.ch

Autorin: med. dent. Martina Schriber, zmk Bern

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