Branchenmeldungen 27.10.2023

Mundgesundheit: Dürfen wir Biofilme abtöten?

Mundgesundheit: Dürfen wir Biofilme abtöten?

Foto: cumdente

Dieser Beitrag ist unter dem Originaltitel „Dürfen wir Biofilme abtöten?“ im BZB Bayerischen Zahnärzteblatt erschienen.

Im Laufe der Evolution haben wir wichtige Stoffwechselfunktionen an uns besiedelnde Bakterien ausgelagert. Die Bedeutung der Darmflora für die Synthese lebenswichtiger Substrate, wie z. B. Vitamin K, ist bekannt. Die Bedeutung der Mundflora für die Allgemeingesundheit wird jüngst erst entschlüsselt: Nitratreduzierende Bakterien der Mundflora produzieren lebenswichtiges Nitrit, das nach Umwandlung zu Stickstoffmonoxid (NO) im Magen wichtige Körperfunktionen reguliert, wie z. B. Blutdruck, Immunfunktion, Insulinstoffwechsel (Prädiabetes), Gedächtnisbildung bis hin zur Erektion.

Herr Prof. Hahn, Stickstoffmonoxid (NO) ist doch ein Giftgas. Wie kann dies so wichtige Stoffwechselfunktionen regulieren?

Stickstoffmonoxid gehört seit 3,5 Milliarden Jahren zum chemischen Grundbaukasten des Lebens, wirkt als Signalmolekül mit kurzer Halbwertszeit und wird von den Endothelzellen der Blutgefäße sowie mithilfe stickstoffreduzierender Bakterien auf dem Zungengrund produziert. Als feinster Nano-Nebel entspannt dies die Gefäßmuskulatur und reguliert damit Blutdruck und Erektion, fördert die neuronale Synapsenbildung und damit die Gedächtnisfunktion und tötet Krankheitserreger und vermutlich auch Krebszellen ab.

Das von der Mundflora aus nitratreicher Ernährung (Rote Beete, Spinat, Sellerie, Kohlrabi etc.) gebildete Nitrit wird verschluckt und enzymatisch zu Stickstoffmonoxid umgewandelt, das im Verdauungstrakt resorbiert wird und in die Blutgefäße gelangt.

Als besonders effektiver Rohstoff zur enzymatischen Bildung des Sickstoffmonoxides dient die Aminosäure Arginin.

Übrigens: Die Wirkung des bekannten Notfallmedikamentes „Nitroglycerin“ bei Angina Pectoris oder Herzinfarkt wird auch auf die Freisetzung hoher Dosen an Stickstoffmonoxid zurückgeführt.

Herr Prof. Hahn, was bedeutet das für die Biofilmbekämpfung unserer Präventions- und Prophylaxekonzepte?

Antibakterielle Substanzen und Konzepte in der Prävention von Zahn- und Zahnfleischerkrankungen sind nach neuestem Verständnis der Grundlagenforschung nicht nachhaltig effektiv und für die Allgemeingesundheit sogar gefährlich. So wurden signifikante Blutdruckerhöhungen bereits nach mehr als zehn Tagen regelmäßiger Anwendung von antibakteriellen Mundspüllösungen, z. B. auf Chlorhexidinbasis, nachgewiesen.

Ziel moderner Mundhygiene muss sein, den Biofilm und die Mundflora nicht auf breiter Basis zu schädigen oder gar zu eliminieren, sondern diese intelligent zu lenken, indem selektiv pathobiontische Mikroorganismen gehemmt und eubiontische Keime im Wachstum gefördert werden.

Kurz: Biofilme gilt es zu erhalten und intelligent zu lenken.

Der mechanischen Mundhygiene kommt dabei eine besondere Rolle zu: Überall dort, wo mechanische Reinigungselemente, wie z. B. Zahnbürsten, Zugang finden, ist die Zahl pathobiontischer Keime signifikant reduziert. Zusätze in Zahnpasten oder Mundspülungen, die über die Förderung der Remineralisation der Zahnoberflächen hinaus gehen, sind aus heutiger Sicht unerwünscht.

Herr Prof. Hahn, kann man dies nicht auch positiv nutzen?

Sie meinen Zahn-, Mund- und Allgemein-Prävention, ganz automatisch beim täglichen Zähneputzen?

Cumdente ist es kürzlich gelungen, wichtige Prebiotika sowie neue Postbiotika in einer neuen Zahncreme und Mundspülung zu stabilisieren, die auf der Internationalen Dental-Schau im März 2023 unter dem Namen ApaCare OraLactin der Weltöffentlichkeit vorgestellt wurde.

Prebiotische Substanzen, besonders die Aminosäure Arginin und das natürliche Gummiarabicum, begünstigen hocheffektiv das Wachstum der gesundheitsfördernden Bakterien, Kaliumnitrat wirkt als zusätzliche Nitratquelle. Postbiotika als bakterielle Signalstoffe und inaktivierte Bakterien oder deren Zellwand-wirksame Bestandteile regulieren selektiv das Wachstum der über 200 Bakterienarten im Mund, indem besonders die Pathobionten in der Vermehrung gehemmt werden. Eine gesunde Mundflora wird balanciert und erhalten.

Dies dient der Gesundheit jedes Menschen in allen Altersklassen und eröffnet eine völlig neue Dimension der Mundhygiene, auch zur Allgemeinprävention. Wir wissen auch, dass gerade bei älteren Menschen die Nitrat-reduzierenden Bakterien in der Mundflora empfindlich zurückgehen. Auch Sportler haben einen erhöhten NO-Bedarf. Diese Gruppe an Menschen könnte die Mund- und Allgemeingesundheit zusätzlich zur Verwendung pre- und postbiotischer Zahncremes fördern, indem sie die vorgenannten nitratreichen Gemüse täglich in kleiner Menge als konzentrierten Saft für Ihren Nitrat- und NO-Pool nutzen.

Herr Prof. Hahn, unter dem Namen OraLactin gibt es seit Längerem Probiotika in Form von Lutschtabletten oder Sachet-Pulver. Ist das das Gleiche?

Nein, sondern eine ideale Ergänzung. Wie wir heute wissen, können wir mit lebenden gesundheitsfördernden Bakterien, insbesondere Lactobazillen oder Bifidobakterien wie bei Oralactin gingivale Entzündungen wirksam reduzieren und auch den Verlauf von Parodontitis und periimplantären Entzündungen präventiv günstig beeinflussen. Wie wir heute wissen, sollten Probiotika mindestens einmal pro Tag über einen gewissen Zeitraum von mindestens 14 bis 30 Tagen regelmäßig angewendet werden. Die damit täglich mehr als 3 Milliarden zugeführten Keime siedeln nicht an, sondern regulieren durch ihre bakteriellen Stoffwechselprodukte die Zusammensetzung der vorhandenen Flora. In der Regel können so Pathobionten gehemmt und das Gleichgewicht einer gesunden eubiontischen Mundflora unterstützt werden.

Lebende Bakterien und damit Probiotika können in flüssigen Zubereitungen wie Zahnpasten oder Mundspüllösungen nicht stabilisiert werden. Deshalb eröffnen die vorgenannten Postbiotika als die effektiv wirksamen Signalstoffe eine ganz neue Ära an Prävention. Die pre- und postbiotische Zahncreme und Mundspüllösung dient jedermann und allen Altersklassen, Gesunden und Erkrankten täglich zur Krankheitsprävention und Gesundheitsförderung. Bei dysbiotisch bedingten Krankheiten, insbesondere Gingivitis, Parodontitis und periimplantären Entzündungen, können Probiotika therapiebegleitend wirksam eingesetzt werden.

Prof. Hahn vielen Dank für das Interview.

Autor: Dominik Bosse

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