Branchenmeldungen 21.02.2011

Streben nach medizinischer Perfektion

Streben nach medizinischer Perfektion

Foto: © Shutterstock.com

Jedes Wintersemester bekommen die Patienten in der Uni-Zahnklinik eine besondere Behandlung. Zahnmedizinstudenten statt Ärzte bohren, saugen und tupfen. Obwohl noch nicht jeder Handgriff sitzt, schätzen viele Patienten die Versorgung durch die Studenten.

In Zweierreihen stehen mehrere Behandlungsstühle direkt nebeneinander, getrennt nur durch halbhohe Wände. Das zahnarzttypische Absauggeräusch ist überall im Raum zu hören. Auf einem der neun schwarzen Behandlungsstühle hat Peter Ehmer Platz genommen. Der 67-Jährige hat ein Problem mit seiner Zahnfüllung. Dass er von angehenden Medizinern betreut wird, ist für den Leipziger weder beängstigend noch neu. „Seit meinem 20. Lebensjahr komme ich hierher – mit Unterbrechungen“, erzählt Ehmer und scherzt: „Ich gehöre schon zum Inventar.“

Für den Rentner steht fest: Ausbilder und Studenten streben hier nach der absoluten Perfektion. Davon könne er nur profitieren. Schließlich befinde er sich in einer Lehrklinik, wo alles richtig gemacht werden soll. Dies versucht Kursleiter Dr. Matthias Häfer zu gewährleisten. Gemeinsam mit seinem Kollegen Dr. Matthias Busch kontrolliert er alle Zwischenschritte, die die Studenten machen.

Acht Augen sehen besser als zwei

Bei jedem Patienten sitzen zwei Studierende: einer behandelt, der andere assistiert. Zusammen mit den Kursleitern schauen sich also acht Augen jeden Fall an. „Wir kontrollieren ab dem ersten Befund, was der Student macht“, erklärt Busch. Kursleiter Häfer sieht sich gerade Peter Ehmer an. „So, Sie bekommen heute also eine neue Keramikfüllung.“ „Ja, so Gott will“, sagt der Patient und lacht. Nach etwa einer Stunde wird Ehmer den Saal doch nur mit einem Provisorium verlassen. Die Ersatzfüllung passt nicht, erklärt Studentin Katharina Brand entschuldigend.

Gemeinsam mit 17 anderen Studenten absolviert die Studentin im siebten Semester diesen ersten klinischen Kurs. Schwerpunkt ist die Zahnerhaltung inklusive Präventivbehandlung. Im neunten Semester lernen die angehenden Zahnärzte im zweiten großen Kurs praktisch etwas über die Zahnersatzkunde.

Am Anfang ist die Theorie

„Wir wollen mit diesen Kursen und dem Patientenkontakt die Berufsfähigkeit der Studenten herstellen“, sagt Rainer Haak, Direktor der Poliklinik für Konservierende Zahnheilkunde und Parodontologie. Doch bevor es so weit ist, mussten die Studenten im sogenannten vorklinischen Bereich die Grundlagen erlernen: Biologie, Physik, Chemie, Physiologie und vieles mehr. Dazu kamen zahnmedizinische Vorkurse. „In denen erproben wir mit Hilfe von Simulationspuppen erste manuelle Fähigkeiten“, so Haak. Erst dann besitzen die Studierenden die Grundlagen, um Patienten versorgen zu können.

Einen schweren Zwischenfall hat es in dem Kurs bisher noch nicht gegeben. Ein Grund dafür ist die ständige Betreuung durch die beiden Kursleiter. Außerdem bekommen die Anfänger im siebten Semester leichtere Fälle. Falls doch etwas schief geht, muss der Kursleiter dafür gerade stehen. Die Studierenden sind über die Uniklinik versichert.

Der große Vorteil für die Patienten liegt in der besonderen Behandlung. „Die Betreuung ist sehr engmaschig, was die Qualität der Arbeit erhöht“, meint Haak und verweist auf den Zeitaufwand. So werde der Patient durch die doppelte Kontrolle im Vergleich zu einer herkömmlichen Zahnarztpraxis wesentlich länger und individueller behandelt.

Das sieht auch Katrin Hans so. Sie ist gerade aus dem Behandlungsstuhl aufgestanden und ist zufrieden mit ihrem Ärzteteam. „Ich muss zwar etwas mehr Zeit mitbringen als bei einem routinierten Arzt, aber das ist es mir wert“, so die 46-Jährige. Auch Stefanie Schneider ist zufrieden. Sie hat Katrin Hans eine neue Zahnfüllung eingesetzt. „Ich bin natürlich noch nicht so schnell, aber das kommt noch“, zeigt sie sich zuversichtlich. Nach dem Kurs gehe sie in Gedanken ihre Arbeit noch einmal durch und dabei mit sich kritisch ins Gericht. „Ich spreche auch mit meiner Vater darüber, was ich besser machen kann, denn er ist Zahnarzt“, sagt die 21-Jährige.

Der mündige Patient

Spontan hat Student Axel Schubert an diesem Tag die Rollen getauscht. Der 24-Jährige ist, ebenso wie die anderen Studenten, ganz in weiß gekleidet. Dennoch findet er sich auf dem Zahnarztstuhl wieder. „Ich hatte ein Problem mit einem überstehenden Füllungsrand und musste mich deshalb von meinen Kollegen behandeln lassen.“ Zwar habe er gemerkt, dass manches nicht gleich klappte, aber das sei nicht schlimm. Schließlich sind alle in der besonderen Situation, zum ersten Mal einen echten Menschen behandeln zu müssen. So ist es auch bei Axel, wenn er wieder am statt im Stuhl sitzt. Seine Strategie: „Ich gehe vorher alle Schritte grob durch. Mehr kann ich nicht machen, denn im Unterschied zur Simulationspuppe ist jeder Fall anders ist.“

Auch deswegen ist das Patientengespräch vor der Therapie wichtig. „Die Diagnostik spielt eben auch eine Rolle und wie man das dem Menschen gegenüber vermittelt“, weiß Klinikdirektor Haak. Sein Wunsch ist es, dass die Patientenkommunikation ein eigener Ausbildungspunkt im Zahnmedizinstudium wird. „Eigentlich haben alle Angst voreinander. Der Patient vor dem Arzt und umgekehrt. Deswegen muss die professionelle Kommunikation trainiert werden.“ ...

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Quelle: Reik Anton, CAMPUS ONLINE


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