Branchenmeldungen 10.06.2013
Symposium zum 85. Geburtstag von Prof. Wilfried Schilli
share
Wer es vermag, zu seinem 85.
Geburtstag und fast 20 Jahre nach Ausscheiden aus dem aktiven
Universitätsdienst einen Hörsaal bis auf den letzten Platz zu
füllen, ja mehr noch, einigen Symposiumsteilnehmern sogar zu einem
ungewollten Stehplatz zu verhelfen, ja der muss in der Tat über ein
gehöriges Maß an Strahlkraft und die Fähigkeit besitzen, Menschen zu
beeindrucken und für sich einzunehmen. Professor Wilfried Schilli gehört
ganz zweifellos zu dieser besonderen Gattung Mensch und so war die
außergewöhnliche Resonanz, welche das Symposium anlässlich seines
85. Geburtstages erfuhr, auch mehr als erklärlich.
Weggefährten, Habilitanden,
ehemalige Mitarbeiter und Freunde des kieferchirurgischen Urgesteins,
wie er im Rahmen der Veranstaltung liebevoll bezeichnet wurde,
feierten Professor Schilli als herausragenden Wissenschaftler – und
als besonderen Menschen. In idealer Weise ergänzten sich
Grußworte und wissenschaftliche Beiträge, zeigten doch beide die
Facetten auf, die Wilfried Schilli so besonders machen – den
Menschen und den Wissenschaftler bzw. den Chirurgen.
Der Mensch Wilfried Schilli
Wilfried Schilli ist ein Kind der
südbadischen Raumschaft. In Offenburg geboren und in Freiburg lebend
und wirkend, ist er seiner Heimat stets treu und verbunden geblieben. Diese Bodenständigkeit und sein – in
der Bezeichnung dem Zeitgeist folgend – authentisches Wirken sind
eine Facette Wilfried Schillis.
Zugleich zeichneten und zeichnen ihn,
dies eine andere Facette, die Fähigkeit, Visionen zu entwickeln und
auch zu realisieren, aus, zudem die Fähigkeit stets über den eigenen
Tellerrand zu schauen. So war ihm nicht nur die Entwicklung
und das Prosperieren seiner Abteilung für Kieferchirurgie der
Universitätszahnklinik Freiburg, die er in Nachfolge des damals sehr
überraschend verstorbenen Professor Eschler übernahm, ein
Herzensanliegen, nein, Schilli wollte sein Wissen und seine Fähigkeit
auch an künftige Generationen weitergeben. Diese positive und nicht immer
alltägliche Fähigkeit wurde ihm von allen Referenten, die meisten
hatten dereinst bei ihm habilitiert, dankbar bescheinigt.
Einer seiner Habilitanden, Professor
Jörg-Elard Otten, vermochte in launiger Weise und unterstützt von
der Präsentation zahlreicher Schnappschüsse aus früheren Zeiten
die Dankbarkeit aller ehemaligen Mitarbeiter Schillis auszudrücken,
aber auch wie sehr der Mensch Schilli Spuren bei diesen hinterlassen
hat. Wie sehr die ihm anvertraute
Kieferchirurgie in der Ägide Schilli prosperierte, wurde ihm Rahmen
des Symposiums mehrfach durch die Beiträge der Referenten
dargestellt, wie sehr ihm aber auch das Wohl der gesamten
Medizinischen Fakultät am Herzen lag, dies darzustellen war Aufgabe
von Professor Jörg Rüdiger Siewert, Leitender Ärztlicher Direktor
des Universitätsklinikums, welcher Schilli nicht nur für seine
langjährige Arbeit u.a. als Dekan und Vorsitzender der
Baukommisssion dankte, sondern auch betonte, dass die herausragenden
Leistungen des Klinikums, die aktuell mehrfach Niederschlag in
überaus positiven Bewertungen fanden, auf der überaus erfolgreichen
Arbeit der „Generation Schilli“ fußen. In idealer Weise knüpfte Professor
Elmar Hellwig, der zum Wirken Schillis in der Zahnklinik sprach, an
die Ausführungen Siewerts an. Elmar Hellwig ging es aber um mehr, als
um die Darstellung einer zweifellos hervorragenden Leistungsbilanz,
ihm war es Anliegen, den Menschen Schilli und sein Wirken in der
Zahnklinik darzustellen, seine Fähigkeit, auch schwierige Situationen
im Rahmen eines guten Gespräches und mitunter auch eines „Vierteles“
badischen Gutedels zu lösen.
Wilfried Schilli wollte aber darüber
hinaus mehr, er wollte stets Grenzen überwinden und Brücken
schlagen – so gingen auch hier seine Aktivitäten weit über das übliche
Maß der Tätigkeiten eines Hochschullehrers hinaus. Herzensanliegen waren ihm beste
Verbindungen zu den zahnärztlichen Körperschaften, zu den
niedergelassenen Kolleginnen und Kollegen und zu denen der anliegenden
Gebiete des Dreiländerecks Schweiz-Frankreich-Deutschland. Viele dieser Weggefährten waren zum
Symposium gekommen, aus dem Baselbiet, aus Baselstadt und aus dem
Elsass. Für die Oberrheinische
Zahnärztegesellschaft sprach deren Past-Präsidentin Professor
Corinne Tadei Grußworte, auch der amtierende Präsident Professor
Lambrecht war aus der Schweiz angereist. Die südbadische Gruppierung der
Oberrheinischen Zahnärztegesellschaft wurde durch Dr. Jochen
Schwalber vertreten, der seinen Vorgänger im Amt für sein
einzigartiges Engagement würdigte.
Der Wissenschaftler und
Kieferchirurg
Zumeist haben Ärztliche Direktoren
einen Schwerpunkt ihrer Arbeit und Tätigkeit, und diesen „Stempel“
drücken sie dann ihren Abteilungen und indirekt auch ihren
Mitarbeitern auf. Bei Wilfried Schilli hingegen war dies
anders, er war auf vielen Gebieten der Zahnheilkunde und der Zahn-,
Mund- und Kieferchirurgie erfolgreich als Chirurg und Wissenschaftler
tätig. So erklärt sich nicht nur die
beeindruckende Zahl von Habilitanden, sondern auch die Vielfalt der
Themen, mit denen sich seine Mitarbeiter habilitieren konnten.
Professor Rolf Ewers (Wien) war es
vorbehalten, den Startschuss zu dieser „Schilli-Leistungsschau“ zu
geben. Ewers referierte über Osteosynthesen
im Mittelgesicht und würdigte nicht nur den Mut Schillis, sich
dereinst diesem Thema zu widmen – auch gegen teilweise enorme
Widerstände –, sondern auch für den Erfolg seines Wirkens für die
Patienten. Die von Schilli mitentwickelten
Osteosyntheseplatten zur Versorgung von Kiefer-, Gesichtsfrakturen
haben unzähligen Patienten viel Leid, extrem belastende
konventionelle Verfahren und viel Zeit bis zur Genesung ge- und
erspart. Hier kann mit Fug und Recht von einem Quantensprung in der
Frakturversorgung, durch die erfolgreiche Arbeit Schillis und seines
Teams, gesprochen werden.
Kein eigentliches kieferchirurgisches
Thema war indes die Implantologie zur aktiven Zeit Schillis, diese
wurde eher in den Praxen niedergelassener Kolleginnen und Kollegen
forciert und zum öffentlichen Thema gemacht. Auch hier tickte Wilfried Schilli
anders: Während zahlreiche kieferchirurgische
Ordinarien der Implantologie eher abweisend gegenüberstanden,
gründete Wilfried Schilli bereits 1980 mit Kollegen und Freunden
zusammen das Internationale Team für Implantologie (ITI), heute die
führende wissenschaftliche Gesellschaft auf dem Gebiet der oralen
Implantologie. Das Amt des ITI-Präsidenten hatte Schilli über sechs
Jahre inne und hat zudem auch den Weg der Implantologie hin zum
wurzelanalogen Vollkörperimplantat aus Titan, wie dieses heute zum
ganz überwiegenden Teil zum Einsatz kommt, forciert. Einer seiner Nachfolger im Amt des
ITI-Präsidenten war Professor Dieter Weingart (Stuttgart), der
zugleich auch ehemaliger Mitarbeiter Schillis ist und sich bei ihm
habilitiert hatte. Er beschrieb den „Freiburger Weg“
der Implantologie und würdigte seinen akademischen Lehrvater als
einen der Wegbereiter der Implantologie in Deutschland und im
Ausland.
„Professor Schilli ist auch
Radiologe“, mit dieser überraschenden Aussage zog Professor Jürgen
Düker spontan die ungeteilte Aufmerksamkeit des Auditoriums auf
sich, um dann mit einem leichten Augenzwinkern hinzuzufügen: „zumindest theoretisch.“ Er würdigte in seinen Ausführungen
die vielen Ideen und Bemühungen Schillis, die Qualität der
bildgebenden Verfahren in der zahnärztlich-kieferchirurgischen
Diagnostik zu verbessern. Ein Beispiel sei hier erwähnt: Unzufrieden mit der Schärfe der damals
verfügbaren Orthopantomographen, wurde auf Betreiben Schillis und
Dükers ein konfektioniertes Gerät mit einem neuen Strahler so
umgerüstet, dass dieses bereits Mitte der Siebzigerjahre des
vergangenen Jahrhunderts die Bildqualität lieferte, die mit heutigen
0,5 mm-Brennfleck-Orthopantomographen möglich ist. Die vielfältigen Aktivitäten der
Schilli-Abteilung in nahezu allen kieferchirurgischen Disziplinen
befruchtet naturgemäß auch die damals neugeschaffene Sektion
Röntgen der Zahnklinik Freiburg, die Düker nach Abschluss seiner
kieferchirurgischen Ausbildung bei Schilli übernahm und drei
Jahrzehnte lang leitete. Sein Nachfolger im Amt, Dr. Christian
Scheifele, rundete den Dükerschen Beitrag mit einem Ausflug in die
neueste Dimension der zahnärztlichen Bildgebung, das dentale Volumentomogramm, ab.
Dank gilt den Organisatoren und
Unterstützern des gelungenen Symposiums, hier sei an erster Stelle
Professor Dr. Dr. Rainer Schmelzeisen und sein Team genannt, denen
eine engagierte, liebevolle und perfekte Durchführung der
Veranstaltung bescheinigt werden kann, die allen Teilnehmerinnen und
Teilnehmern zweifellos in bester Erinnerung bleiben wird. Schließen soll dieser Beitrag mit dem
Wunsch, den zahlreiche Referenten dieses Abends an Professor Wilfried
Schilli richteten: Ad multos annos!