Branchenmeldungen 19.07.2011
Versorgungsstrukturgesetz - frühe Jubelstimmung unbegründet
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Was haben die KZBV-Spitzenfunktionäre nicht schon alles an Jubelchören angestimmt, nachdem das Bundesgesundheitsministerium den Versorgungsstrukturgesetz-Entwurf vorgelegt hatte. Die Budgetierung der BEMA-Honorare sollte 2013 endgültig gefallen sein, Kassen und KZVen sollten wieder mehr Autonomie auf regionaler Ebene für Vertragsverhandlungen haben und die Entscheidungsstrukturen im Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) sollten den Zahnärztevertretern mehr Raum gewähren. Statt Kostendämpfung, so die KZBV, habe das FDP-BMG nun endlich eine Strukturreform in Angriff genommen.
Viel an Kleingedrucktem wird bei diesen Jubelarien verschwiegen. Zum Beispiel, dass wohl pro Jahr eine Überschreitung des vorgesehenen Budgets (Gesamtvergütung) möglich ist, aber im Folgejahr muss ein Ausgleich erfolgen. Das hatten wir alles schon mal im Rahmen des Fortschreitens der Kostendämpfungspolitik. Die Betragssatzstabilität bleibt im Grundsatz bestehen, sie soll nur künftig gleichwertig neben weiteren Kriterien wie Zahl und Struktur der Versicherten, die Morbiditätsentwicklung und die Kosten- und Versorgungsstruktur stehen.
Nun hat auch noch der Finanzminister eingegriffen und befürchtet erhebliche Kostensteigerungen bei den Zahnärzten. Schäuble hat insofern großen Einfluss, als er ja aus dem Bundeshaushalt gefordert ist, Defizite der Kassen auszugleichen und die bisherigen Milliarden-Zuschüsse wieder zurückfahren möchte. Bei den Ärzten - für sie ist das Gesetz eigentlich vorgesehen - fordert der Finanzminister, dass es nicht nur Zuschläge für Ärzte in unterversorgten Gebieten geben dürfe, sondern auch Honorar-Abschläge in überversorgten Gebieten. Diese sind bislang nicht vorgesehen. Durch solche Abschläge sei nach Meinung des BMF das Niederlassungsverhalten am effektivsten zu steuern.
Das Grundprinzip heißt, also weiterhin in der schwarz-gelben Regierung, Steuerung über weiniger und nicht mehr Geld. Übrigens: Auch nicht durchsetzen konnte die KZBV die direkte Angleichung der Ost-Honorare an das West-Niveau, dafür gibt es so rasch auch keine wirklichen Aussichten.
Die Krankenkassen sind gespalten. Bei den Ersatzkassen wäre man geneigt, das teilweise Fallen der Budgetierung hinzunehmen, die AOKen wehren sich vehement. In 2011 werde der Gesundheitsfonds einen Überschuss ausweisen, aber ab 2012 - bei sinkenden Finanzzuschüssen aus dem Bundeshaushalt - erwarten die Kassen wieder hohe Defizite. Damit wird auch aus der Arbeitgeber-Forderung, die Kassenbeiträge abzusenken, nichts werden und mit wieder wachsenden Defizitproblemen wird man auch die strikte Budgetierung wieder ins Spiel bringen. Trotz Wahljahr 2013 ist eher zu befürchten, dies aufgrund der Rot/Grün Bundesratsmehrheit, dass wenig aus zusätzlichen Honoraren für die Zahnärzteschaft herauskommt. Gott sei dank lässt die Zahngesundheitsversorgung breite Räume für Privatvereinbarungen, die genutzt sein wollen,
toi, toi, toi
Ihr Jürgen Pischel