Branchenmeldungen 28.03.2013

Zurück in die Wirklichkeit



Zurück in die Wirklichkeit

Foto: © motorradcbr - Fotolia.com

Gigantisch! Nur so kann die gerade zu Ende gegangene IDS 2013 mit einem Wort charakterisiert werden. Mit unglaublichem Aufwand wurde Zahnärzten und Zahntechnikern zu vermitteln versucht, wohin die Reise in der Zahnmedizin geht, die selbst bei vorhandenem hohen Praxis-Standard mit dem heutigen Verständnis von der täglichen Herausforderung und Leistung am Patienten nur noch wenig zu tun haben wird.

Besser gesagt, sie zeigte, wohin die Reise aus den Entwicklungen der Dental­industrie heraus gehen könnte, wenn nur die Umfeldbedingungen stimmen, sich Praxen und damit natürlich Patienten die Implementierung des Fortschrittes „leisten können“. In Deutschland scheint die Welt für die „Nur das Beste-Top-Anbieter“ noch in Ordnung zu sein, wenn auch die Zahntechniker zunehmend klagen, sie können längst „nicht mehr alles an Fortschritt mitmachen“. Hightech, High Quality, Top-Anspruch ist aber nur die eine Seite der IDS-Medaille. Die andere manifestiert sich in Aussagen von Top-Quality-Anbietern, dass „man zunehmend in China produzieren lassen müsse, um in Schwellenländern preislich bestehen zu können“. Kann eine Strategie „ein Produkt“, aber „zwei Preise“ lange gut gehen? Zumal die Krise in Südeuropa diese Märkte für High-Price-Dental zunehmend zusammenbrechen lässt. Die Entwicklung der Umfeldbedingungen für die zahnärztliche Arbeit wird immer schwieriger werden, wenn auch die Kassen derzeit in Millionen-Überschüssen schwimmen. Dass dies nicht lange so bleibt, dafür sorgt schon der ­Finanzminister durch Streichung von für die nächsten Jahre bisher zuge­sagten Milliarden-Zuschüssen.

Begehrlichkeiten der Pharmaindustrie und Krankenhäuser, wichtige Lobbys in der Politik werden für schnellen Abbau der GKV-Überschüsse sorgen. Die FDP fällt in ihrem Überlebenskampf auf Leihstimmensuche – was die FDP mehr hat, hat die Union weniger – als „Zahnärzte­partei“ und somit „Interessenswahrer“ aus. Was hat sie in dieser Legislatur – außer der Praxisgebühr – schon geleistet? Schwarz-Gelb wie Rot-Grün könnte nicht reichen, bleibt nach der Bundestagswahl im Frühherbst Schwarz-Rot und damit eine Fortsetzung des Weges hin zur Bürgerversicherung mit – das ist der wichtige­re Teil – „Einheitsgebührenordnung“. Weniger dramatisch als von den Zahnarzt-Funktionären an die Wand gemalt, weil der Einstieg in die BEMA/GOZ-Gemeinschaftsgebüh­renordnung, auch auf Druck der PKVen, längst vollzogen ist. Der 2,3-fache GOZ-Satz liegt bei 70 Prozent der vergleichbaren Leistungen unter dem Kassen­honorar. Trotzdem steigen die GOZ-Honorar-Volumina seit 2012 an, und so könnte die für 2015 von Schwarz-Gelb festgeschriebene GOZ-Ausgabenkontroll-Entwicklung der Nivellierung auf Kassen­niveau hin weitere Beschleunigung vermitteln. Also die Einheits­gebüh­ren­­ordnung ist auf halbem Wege vollzogen. Für die patientenorientierte Pra­xis ist dies aber nicht unbedingt ein Drama, denn es gibt ja noch „Zusatzversicherungen“ – darauf spekulieren PKVen und GKVen – und vor allem, der leistungsfähige Patient muss halt mal selbst ­etwas aus seiner Tasche dazu fi­nanzieren.

Wenn es auch, wie die Entwicklungen zeigen, immer schwieriger wird, in der breiten Masse der Patienten Maximalversorgungen an den Mann zu bringen, kann bei uns zugleich effektive, aber sozial verträgliche Zahnersatzversorgung immer geleistet werden. Aufgrund der demografischen Entwicklung sogar mehr und mehr. Dies auf ­einem patientenorientierten und wissenschaftlich gesicherten Niveau, aber der jeweiligen Situation entsprechend leistbar. Ob dies alle IDS-Visionen einer Hyper-Hightech-Zahnmedizin 2020 in den Praxen Realität werden lässt, bleibt zunehmend fraglich, denn eine gute Praxis muss mehr können, der Arzt als Mensch und als Partner des Patienten ist zu­nehmend gefordert.

Toi, toi, toi, Ihr J. Pischel

35. Internationale Dental-Schau - Review
Mehr News aus Branchenmeldungen

ePaper