Wissenschaft und Forschung 01.11.2021
Mikrobiom ist schuld an Abneigung gegen Brokkoli & Co.
Australischen Forschern zufolge ist eine chemische Reaktion mit dem Speichel, bei der unangenehm riechende schwefelhaltige Verbindungen freigesetzt werden, dafür verantwortlich, dass das Gemüse ungenießbar wird – bei Kindern und Erwachsenen.
Viele Kinder, aber auch Erwachsene, mögen Gemüse wie Brokkoli, Blumenkohl, Kohl und Rosenkohl nicht. Im Mund können Enzyme aus diesen Gemüsesorten und Bakterien im Speichel unangenehme schwefelhaltige Gerüche erzeugen. Forscher, die im ACS Journal of Agricultural and Food Chemistry berichten, haben nun herausgefunden, dass die Konzentrationen dieser flüchtigen Verbindungen bei Eltern-Kind-Paaren ähnlich sind, was auf ein gemeinsames orales Mikrobiom schließen lässt. Sie fanden auch heraus, dass hohe Konzentrationen dazu führen, dass Kinder das Gemüse nicht mögen.
Fäulnis und Schwefelgehalt als Untersuchungsmarker
Dr. Damian Frank von der Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation (CSIRO) in Australien und seine Kollegen untersuchten die Unterschiede in der Produktion von flüchtigem Schwefel im Speichel von Kindern und Erwachsenen und analysierten deren Rolle bei der Akzeptanz von Gemüse aus der Familie der Kohle. Dazu setzten sie die Massenspektrometrie (MS) ein, eine Analysetechnik, mit der sich unter anderem chemische Verbindungen und deren Mischungen identifizieren lassen. Dabei konzentrierten sie sich auf die Identifizierung der wichtigsten aromawirksamen Verbindungen, die in rohem und gedämpftem Brokkoli und Blumenkohl enthalten sind.
Achtundneunzig Eltern-Kind-Paare wurden für die Studie rekrutiert, um die wichtigsten Geruchsstoffe zu bewerten. Die Kinder waren zum Zeitpunkt der Studie zwischen 6 und 8 Jahre alt. Es stellte sich heraus, dass Dimethyltrisulfid (C2H6S3), das nach Fäulnis und Schwefel riecht, sowohl bei Kindern als auch bei Erwachsenen der unbeliebteste Geruch ist.
Große Schwankungen im Schwefelgehalt des eigenen Speichels
In der nächsten Phase der Studie mischten die Forscher Proben des Speichels der Probanden mit rohem Blumenkohlpulver und analysierten die flüchtigen Verbindungen, die sich zu bilden begannen. Die Experten stellten große Unterschiede in der Produktion von flüchtigem Schwefel zwischen den Individuen fest, wobei Kinder tendenziell ähnliche Sekretionswerte wie ihre Eltern aufwiesen. Die Forscher stellen fest, dass dies höchstwahrscheinlich auf ein ähnliches Mikrobiom bei verwandten Personen zurückzuführen ist.
Geschmackstoleranz gegen bestimmte Stoffe ist erlernbar
Außerdem wurde festgestellt, dass Kinder, deren Speichel einen hohen Anteil an flüchtigem Schwefel produzierte, rohes Gemüse der Gattung Kohle am meisten ablehnten. Dieser Zusammenhang wurde bei Erwachsenen nicht festgestellt, die möglicherweise im Laufe der Zeit gelernt haben, den Geschmack von Gemüse aus dieser Familie zu tolerieren.
Den Forschern zufolge könnten ihre Ergebnisse möglicherweise erklären, warum manche Menschen Gemüse aus der Familie der Kohle mögen und andere, insbesondere Kinder, nicht.