Wissenschaft und Forschung 20.05.2025
Stressmessung bei der morgendlichen Routine: Zahnseide erkennt Cortisol im Speichel
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Das Prinzip dahinter liest sich einfach, technisch ist es aber durchaus sehr raffiniert. Während der Reinigung gelangt Speichel über feine Kanäle direkt zu einem Sensor im Griff des Geräts. Dort wird analysiert, wie viel Cortisol enthalten ist. Grundlage dafür ist ein Material, das speziell so hergestellt wurde, dass es gezielt Cortisolmoleküle erkennt und bindet. Sobald das passiert, entsteht ein messbares elektrisches Signal, das drahtlos an ein Auslesegerät oder eine App weitergegeben werden kann. Entwickelt wurde das System im Rahmen eines Forschungsprojekts, das kürzlich im Fachjournal ACS Applied Materials & Interfaces vorgestellt wurde. Dort zeigen die Autoren, dass die Messung sehr empfindlich ist. Bereits kleinste Cortisolmengen lassen sich nachweisen. Die anschließende Auswertung dauert etwa zwölf Minuten. Im Vergleich zu klassischen Laborverfahren schneidet das System erstaunlich gut ab. Die Korrelation der Werte lag bei über 99 Prozent. Auch die Schwankungsbreite bei wiederholten Messungen blieb niedrig. Getestet wurde das Ganze sowohl mit künstlichem Speichel als auch mit echten Proben von Probandinnen und Probanden.
Besonders an diesem Ansatz ist nicht nur die Technologie, sondern die Einbettung in eine vertraute Handlung. Zahnseide gehört für viele zur Mundhygiene dazu. Die Stressmessung passiert nebenbei, ohne Blutentnahme, ohne Teststreifen, ohne Aufwand. So könnte es künftig möglich werden, den eigenen Stresslevel regelmäßig zu überprüfen, ohne auf medizinisches Personal oder ein Labor angewiesen zu sein. Langfristig könnte das System auch andere Biomarker im Speichel erfassen, etwa Hinweise auf hormonelle Veränderungen. Für die breite Anwendung ist es allerdings noch nicht so weit. Derzeit handelt es sich um einen funktionalen Prototyp.