Branchenmeldungen 21.02.2011
ÄRZTE HELFEN e.V. startet Projekt in Gambia
Nach einem Jahr intensiver Vorbereitungen konnte am 19. März 2010 die zahnärztliche Praxis in der ASB Klinik in Dippakunda – einem sozialen Brennpunkt in Serrekunda, der größten Stadt Gambias – eröffnet werden. Der im Mai 2009 von Medizinern und Nichtmedizinern gegründete gemeinnützige Verein ÄRZTE HELFEN e.V. initiierte den Aufbau. Die Bereitschaft von Kollegen und Unternehmen aus der Dentalbranche, aber auch der Pharmaindustrie, dieses Projekt zu unterstützen, war überwältigend. So gelang es, eine komplette Praxis zusammenzustellen sowie große Mengen Verbrauchsmaterialien (u.a. 5.000 Zahnbürsten von TePe) per Container nach Gambia zu verschiffen.
In dem 1,7 Millionen Einwohner zählenden westafrikanischen Land Gambia praktizieren fünf(!) private Zahnärzte und eine kleine Zahnabteilung am Royal Victoria Hospital für die arme Bevölkerung. Eine MKG-Versorgung der vielen Spaltbildungen, Verbrennungen, Narben und Defektbildungen (Noma) existiert nicht. Die ASB Klinik in Dippakunda, mit der wir kooperieren, versorgte im Jahr 2009 mehr als 36.000 Patienten. Es gibt vier Behandlungsräume, einen Verbandsraum, einen kleinen OP, ein Labor, neun stationäre Betten und vier Entbindungsbetten. Ungefähr 90 Prozent aller Patienten werden ambulant versorgt.
Im Monat werden von sechs Hebammen 100 bis 120 Kinder entbunden. Für größere allgemeinchirurgische oder gynäkologische Operationen kommen unregelmäßig Ärzte in die Klinik. Die Ausstattung des OPs ist zweckmäßig und praktisch. Seit einiger Zeit ist an der ASB Klinik das Projekt FACE verankert, welches sich mit der Versorgung von Lippen-Kiefer-Gaumenspalten, Noma-Patienten, Narbenkorrekturen, Tumoren u.a. beschäftigt. Das Projekt wird von Priv.-Doz. Dr. Dr. Li Lei (Chefarzt für MKG-Chirurgie und Plastische Chirurgie Oldenburg) geleitet. Einmal jährlich werden so Patienten versorgt, die sonst unbehandelt blieben.
Das Projekt TEETH
Die ASB Klinik Gambia war begeistert von unserer Grundidee, hier dauerhafte Hilfe zu leisten. Vom Verein finanziert erfolgte dort ein kleiner Umbau, sodass ein Raum für die Zahnmedizin geschaffen werden konnte. Im Januar und Februar 2010 haben zwei nach Gambia gereiste Vereinsmitglieder (Dentalreparaturservice Brückner) vor Ort alle Hilfsgüter in Empfang genommen, vorsortiert und die Einheit installiert. Der Behandlungsraum ist ausreichend groß und sehr gut in die Klinik integriert. Schon zu Beginn des Projektes TEETH wurde vom Verein ein Oral Health Worker (OHW) eingestellt. Das sind gut ausgebildete zahnmedizinische Hilfskräfte (im Land erfolgt die Ausbildung von OHW durch ein Projekt der Universität Witten/Herdecke), die einen wesentlichen Teil der Behandlung selbstständig übernehmen können.
Diese Integration von Mitarbeitern aus dem Land war uns sehr wichtig, um langfristig eine stabile Versorgung zu gewährleisten. Der Firma Flemming Dental sind wir in dem Zusammenhang besonders dankbar für die Übernahme einer einjährigen Patenschaft für den OHW Ousman Bah und einen weiteren Assistenten.
Eine Zahnärztin, ein Kieferchirurg und eine Fachhelferin aus Deutschland standen nun Patienten mit diversen Wurzelresten, Abszessen, Pulpitiden, aber auch Karies ohne Beschwerden mit dem Wunsch nach einer Füllung bis hin zum „Cleaning“ der Zähne gegenüber. Auch wurden wir mit zahlreichen Fragen nach Zahnersatz sowie seltenen Krankheitsbildern konfrontiert. Es wurde extrahiert, bei allgemein wenig wehleidigen Patienten, viele Füllungen gelegt (Zemente und ausgewählte Kunststoffe mit der Problematik der schnellen Aushärtung bei den hohen Temperaturen) und bei einigen Patienten wurden kariesfreie Zähne einfach nur gereinigt. Auch in Afrika gilt der Grundsatz, dass das, was nichts kostet, auch nichts wert ist. Deshalb wird an der Klinik eine kleine Gebühr erhoben: eine Konsultation kostet 15 Dalasi (0,41Euro), ein Malariatest 20 D (0,55 Euro), eine Extraktion 100 D (2,75 Euro), eine Füllung 200 D (5,50 Euro), eine Entbindung 400 D (11,00 Euro). Schmerzbehandlungen und auch die meisten Operationen (auch in Narkose) werden oftmals bei ganz mittellosen Patienten kostenfrei erbracht. Dadurch, dass einige Zahnbehandlungen kostenpflichtig sind, wird es hoffentlich in Zukunft möglich sein, die Klinik in der Finanzierung der allgemeinen Kosten zu unterstützen. Dem Verein ÄRZTE HELFEN e.V. war es neben den Geld- und Sachspenden gelungen, durch die zwei jungen Rallye-Teams zwei Autos nach Gambia zu überführen und diese der Klinik zur Verfügung zu stellen, um u.a. die Mobilität der Transferärzte zu gewährleisten.
Hilfe mit nachhaltiger Wirkung
Nach den ersten Wochen der zahnärztlichen Hilfe für Gambia lässt sich feststellen, dass ein großer Bedarf an grundlegender dentaler Rehabilitation besteht, dass „unser“ OHW Ousman Bah in der Lage ist, einige Zeit auch selbstständig zu überbrücken, dass die bisherigen zahnärztlichen Teams so begeistert waren, dass der Wunsch auf baldige Wiederholung besteht, dass wir über eine kleine labortechnische Möglichkeit nachdenken und vor allem weiter gezielt für eine sinnvolle Unterstützung werben wollen.
Quelle: Priv.-Doz. Dr. Dr. Steffen Köhler für ZWP online