Lifestyle 27.01.2015

Mit Huskys durch den Märchenwald



Mit Huskys durch den Märchenwald

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Januar 2015. Harriniva, Lappland. 200 Kilometer nördlich des Polarkreises. Minus 20 Grad Celsius. Im nördlichen Finnland, direkt an der Grenze zu Schweden, liegt das Feriencamp Harriniva, die Ausgangsbasis für Husky-Schlittentouren. 450 Hunde begrüßen uns beim ersten Besuch mit einem respektablen Lärmpegel. Erste Zweifel kommen auf, ob man diese wilden Zeitgenossen wohl wird beherrschen können. Eine sechstägige Hundeschlittentour durch die Weiten Lapplands steht bevor.

Damit wir mitteleuropäischen Asphaltindianer in unseren Outdoor-Klamotten nicht ins Frieren kommen, werden wir mit gefüttertem Overall, dicken Boots, Socken, zwei Lagen Handschuhen, Gesichtsmaske und Fellmütze zweckmäßig eingekleidet. Nach einer kurzen Einweisung durch unseren Guide (eine hier gestrandete Belgierin!) sind wir bereit für das Abenteuer. Beim Start sind die Hunde schon angeleint und wir können uns ganz auf die Schlitten konzentrieren.

Die Huskys sind tatendurstig und zerren mit einem Höllenlärm am Schlitten, der noch fixiert ist. Die Bremse wird zum wichtigsten Utensil. Völlige Stille herrscht plötzlich, als sich die Schlitten nacheinander in Bewegung setzen – und das mit beeindruckender Beschleunigung. Das Bellen verstummt – die Hunde sind in ihrem Element. Die an vorderster Linie angeleinten Führungshunde folgen ausschließlich der Spur unseres Guides und nicht unseren Kommandos. Wir – das sind der Führungsschlitten mit Verpflegung und zehn Hunden sowie sieben weitere Schlitten mit jeweils vier bis sechs Hunden, abhängig vom Gewicht des Schlittens mit Fahrer sowie der Kraft der Tiere. Wir transportieren jeweils unser eigenes Gepäck und einige Ausrüstungsgegenstände.

Heiße Oase im Schnee

Schon nach wenigen Metern haben wir alles Zivilisatorische hinter uns gelassen und ziehen unsere Spuren durch den Tiefschnee. Es geht durch verschneite Wälder und über gefrorene Seen. Das alles bei strahlender, sich flach am Horizont bewegender Sonne. Von 9 bis 16 Uhr stehen wir auf den Schlitten, unterbrochen nur von einer Mittagspause mit Pfannengericht auf einem provisorischen Grill. Nach 25 bis 40 km langen Tagestouren steuern wir die nächste Hütte an. Sie sind einsam gelegen, ohne Strom und fließend Wasser, aber immer mit einer Sauna. Zuerst rücken langsam alle Schlitten nacheinander in die „Parkposition“. Die Hunde werden von ihren Geschirren befreit und angekettet. Nun haben alle in der Gruppe verschiedene Aufgaben zu übernehmen. In der Hütte werden die Kerzen angezündet, der Ofen wird geheizt und das Kaffeewasser aufgesetzt. Auch die Sauna und der darin befindliche große Wasserkessel werden in Betrieb genommen. Andere bereiten die Suppe für die Hunde vor. Dazu müssen große tiefgefrorene Fleischblöcke klein gehackt und mit heißem Wasser vermischt werden, dann bekommt jeder Husky sein Süppchen. Etwas Stroh wird verteilt und jeder Hund ruckelt sich so sein „Nest“ zusammen. Jetzt ist etwas Zeit für eine Tasse Kaffee, etwas Gebäck und die ersten Gespräche.

Während der Guide unser hervorragendes Abendessen vorbereitet, sind einige mit der Abendhauptmahlzeit für die Hunde beschäftigt. Die Sauna ist nämlich in erster Linie Arbeitsraum, hier wurde zuerst die Hundemahlzeit erwärmt, bevor für uns Zeit zum Saunieren ist. Zwei bis drei Saunagänge sind zugleich die tägliche Körperwäsche. Meist einige Meter von der Hütte entfernt findet sich der „Donnerbalken“, eine Biotoilette. Der Weg dahin des Nachts ist bei den Temperaturen immer wieder eine Herausforderung. Das gemeinsame Abendessen ist unter diesen Bedingungen ein sinnliches Vergnügen. Danach wird noch ein wenig gefachsimpelt, die Hunde werden besucht und vor allem der fantastische Sternenhimmel inklusive Nordlichtern bewundert. Zähne putzen und ab in die Schlafsäcke. Alles im gleichen Raum.

Sieben Uhr morgens ist Aufstehen angesagt. Es gilt, zuerst die Hunde zu versorgen. Nach Schneefall in der Nacht sind die Tiere kaum noch zu finden. Aber das Klappern mit den Futternäpfen erleichtert die Suche und lässt die meisten Mitreisenden doch noch wach werden. Bevor die nächste Tagestour beginnt, gibt es viel zu tun. Holz hacken, Wasser holen, frühstücken und natürlich das Aufräumen der Hütte für die nächsten Abenteurer. Das Wasser holt man übrigens aus einem See oder einem Fluss – alles sauberes Trinkwasser!

Jetzt werden die Hunde für die nächste Tagestour vorbereitet. Jeder erhält sein spezielles Geschirr. Zuerst die Leithunde, dann die sogenannten Motorhunde. Und wenn dann die Hinterlassenschaften der Hunde alle beseitigt sind, kann es losgehen. Das Gebell ist erneut sehr beeindruckend, die Hunde wollen endlich los. Schlitten nach Schlitten geht auf die Strecke und man hört nur noch die Kufen unter sich.

Natur pur

So ziehen wir dann durch die schönste Märchenlandschaft, Tag für Tag in immer gleicher Anordnung unsere Spuren hinterlassend. Wir erleben die Landschaft bei Sonne mit faszinierenden Licht- und Schatteneffekten, bei Schneefall und Wind mit gefühlten 25 Grad minus. Nach sechs Tagen erreichen wir unsere Basis in Harriniva. Entschleunigung, Ruhe, Naturerlebnis pur und persönliche Nähe haben uns alle tief beeindruckt. Wir hätten noch weiterfahren können, denn die Hunde waren inzwischen unsere besten Freunde.

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