Abrechnung 27.07.2011

Berechnung implantologischer Leistungen: Einfügen oder Austauschen?



Berechnung implantologischer Leistungen: Einfügen oder Austauschen?

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Die Entwicklung und fortschreitende Technologie implantologischer Versorgungssysteme hat in den letzten Jahren rasant zugenommen, sodass dem Behandler eine umfangreiche Produktpalette, von der Implantatplanung bis hin zur prothetischen Versorgung, zur Auswahl steht. Die Berechnung zahnärztlicher Maßnahmen führt jedoch häufig zu Schwierigkeiten, welche meist auf differenten Auffassungen von Arzt und Kostenerstatter basieren. Oft werden die Gebührenpositionen GOZ 904 und GOZ 905 moniert, auf die im Folgenden näher eingegangen wird.
 
GOZ 904

Die Ziffer beschreibt das Freilegen eines Implantats und das Einfügen von Sekundärteilen bei einem zweiphasigen Implantationssystem. Dem Leistungstext ist eindeutig eine Aneinanderreihung der Arbeitsschritte „Freilegen“ und „Einfügen“ zu entnehmen, wobei die Freilegung Voraussetzung für eine gerechtfertigte Berechnung sein muss. Dies lässt nur den logischen Schluss zu, dass die Freilegung dem Einfügen des Sekundärteils vorangeht, da eine umgekehrte Abfolge der Maßnahmen keinen Sinn ergibt. Dabei ist anzumerken, dass es mittlerweile Implantatsysteme gibt, bei denen der Arbeitsschritt der Freilegung einer Einheilkappe wegfällt. Aus der Konjunktion „und Einfügen“ des Textes der GOZ 904 folgt der Ausschluss einer zusätzlichen Berechnung der GOZ 905 in gleicher Sitzung mit dem Einfügen von Sekundärteilen. Hier greift das Zielleistungsprinzip nach § 4 Abs. 2 GOZ, da das erstmalige Einfügen eines Sekundärteils Bestandteil der Freilegung ist. Da zur Drucklegung der GOZ 1987 mehrteilige Implantatsysteme bekannt waren, bestand schon damals die Möglichkeit im Zuge der Freilegungs-Sitzung nicht nur ein einziges Sekundärteil, sondern auch mehrteilige Abutments einzusetzen. Damit sollte durch die Pluralbildung „Sekundärteile“ klargestellt werden: Jedes Einfügen und Herausnehmen eines Sekundärteils in gleicher Sitzung mit der Freilegung, ist – unabhängig von der Liegedauer – mit dieser abgegolten. Die Pluralbildung „Sekundärteile“ lässt nun jedoch – scheinbar – andere Interpretationen zu: Von Kostenerstattern wird immer wie-der behauptet, mit dieser Position seien ausnahmslos sämtliche Austauschvorgänge bis zur endgültigen Eingliederung der Suprakonstruktion abgegolten. Unberücksichtigt bleibt dabei die zeitaufwendige, prä­zisionsgetreue Auswechslung der Sekundärteile bei jedem einzelnen Austauschvorgang, die sich über mehrere Behandlungssitzungen (z.B. Abdrucknahmen und Anproben) erstrecken kann. Die Leistung des Wechselvorgangs geht also über das Maß der Freilegung hinaus; eine Honorierung nur nach GOZ 904 kann diesem Mehraufwand nicht gerecht werden. Vielmehr kann zusätzlich auf die GOZ 905 zurückgegriffen werden, welche eben den Vorgang des Auswechselns beschreibt und nicht nur auf das Einfügen allein beschränkt ist.
 
GOZ 905

Die GOZ 905 beschreibt den Austauschvorgang von Sekundärteilen. Im Unterschied zur GOZ 904 hat der Gesetzgeber die Freilegung hier nicht aufgeführt. Somit kommt die GOZ 905 erst zum Tragen, wenn die Freilegung zu einem vorherigen Zeitpunkt durchgeführt wurde oder aufgrund einer Sofortversorgung nicht notwendig war. Daher wird einzig das Herausnehmen und Einsetzen von einem Sekundärteil honoriert. Die Beschreibung dieser Gebührenziffer spricht dabei eindeutig von der Einzahl („eines Sekundärteils“). Darunter fallen alle Teile, wie beispielsweise Abform-, Bissnahme-, Scan- und Übergangspfosten, Mesostrukturen, Gingiva- und Sulkusformer, Einheilkappen, Abutments (konfektioniert oder individuell hergestellt) sowie Druckknöpfe/Magnete. Eine weitere mengenmäßige oder zeitliche Beschränkung ist der GOZ 905 nicht zu entnehmen. Mithin kann die Ziffer für jeden einzelnen Austauschvorgang  pro Implantat und Sitzung berechnet werden. Dabei ist unerheblich, ob der Austauschvorgang während der rekonstruktiven Phase, bei einer Implantatreinigung oder bei einer Wiederherstellung im Zuge einer Repa­ratur anfällt. Die mehrfache Berechnung der GOZ 905 wird durch sämtliche Landeszahnärztekammern wie auch die Bundeszahnärztekammer (Stand: 11.11.2010) bestätigt: „Die Leistung nach der Geb.-Nr. 905 GOZ ist pro Implantatpfeiler und je Sitzung bei einem Wechselvorgang oder Austausch berechenbar.“ Ebenso entschied auch das AG Hamburg (Urt. v. 08.03.2010, Az.: 24A C 14/09). Es führt aus, dass die Berechnung der Leistung nach GOZ 905 bei einem zusammengesetzten Implantat in der rekonstruktiven Phase pro Implantat und je Sitzung einmal möglich ist. Dies gilt jedenfalls dann, wenn das Auswechseln des Sekundärteils nicht im Zusammenhang mit Leistungen nach der GOZ 903 oder der GOZ 904 erfolgt. Zudem verneinte das Gericht die vorherrschende Auffassung, dass mit der GOZ 905 nur der Reparaturfall nach vollständiger prothetischer Versorgung gemeint ist. Der Wortlaut lege nicht zwingend nahe, dass ein tatsächlicher Austausch des Sekundärteils nur dann stattfinden muss, wenn das bisherige Sekundärteil vernichtet und durch ein neu angefertigtes ausgetauscht wird. Somit bestätigte das Gericht, dass der Austauschvorgang von ein- und demselben Sekundärteil in gleicher Sitzung bereits ein Auswechseln im Sinne von GOZ 905 darstellt.
 
Klären Sie Ihre Patienten auf

Die Abrechnung der Positionen 904 und 905 kann durchaus anders ausgelegt werden als es seitens der Kostenerstatter häufig behauptet wird. Es bedarf jedoch Geduld und Nerven, diese von einer Auffassung zugunsten des Zahnarzthonorars zu überzeugen. Nehmen Sie sich daher die Zeit und klären Sie Ihre Patienten bereits vor der Behandlung ausführlich über die Problematik von Berechnungsfähigkeit und Erstattungsfähigkeit auf.

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