Abrechnung 16.09.2011
Gerontologie-Patienten und ihre individuellen Bedürfnisse
Die Zahn- und Mundgesundheit spielt insbesondere bei älteren Patienten eine tragende Rolle für die allgemeine Gesundheit. Die ständig wachsende Zahl älterer Menschen stellt somit auch die Zahnmedizin vor neue Herausforderungen. Umso entscheidender ist es, Behandlungen dieser Zielgruppe umfassend, zielorientiert und patientengerecht zu erläutern.
Hierbei ist zu beachten, dass Beratungen älterer Patienten aufgrund
individueller Bedürfnisse sowie der allgemeinen körperlichen Konstitution
in der Regel mehr Zeit als gewöhnlich in Anspruch nehmen. Darüber hinaus
gehören ärztliche Beratungen aufgrund der allgemeinen Aufklärungspflicht
im Rahmen der Diagnostik und Therapie zum zahnärztlichen Alltag. Trotz
dieser Notwendigkeit führen die Erstattungen der mehrfach berechneten
Beratungsgebühren immer wieder zu Diskussionen mit Kostenerstattern. GOÄ
1, mehrfache Berechnung ja oder nein? Eine Beratung nach GOÄ 1 ist ein
kurzer Rat auf eine konkrete Frage; ein kurzer Hinweis auf die folgende
Therapie oder auf das diagnostische Vorgehen. Häufig monieren jedoch
Kostenerstatter die Mehrfachberechnung einer Beratung mit dem Hinweis auf
den GOÄ-Kommentar, der die Berechnung wie folgt einschränkt: „Als
Behandlungsfall gilt für die Behandlung derselben Erkrankung der Zeitraum
eines Monats nach der jeweils ersten Inanspruchnahme des Arztes.“
Erfolgt jedoch eine Beratung in diesem Zeitraum im Zusammenhang mit der Feststellung einer neuen Erkrankung, unter welcher auch die Feststellung einer erheblichen Verschlimmerung einer bereits bestehenden Erkrankung verstanden wird, so ist die wiederholte Berechnung der GOÄ 1 innerhalb eines Monats ebenfalls zulässig. GOÄ 3 nicht neben GOZ-Leistungen? Die Leistung der GOÄ 3 ist eine eingehende Beratung, die immer dann verwendet werden kann, wenn der Arzt länger, mindestens jedoch zehn Minuten und intensiver als nur routinemäßig einen ärztlichen Rat erteilt. Voraussetzung ist, dass die Zeit ausschließlich der Beratung zugutekommt. Vor oder nach der eingehenden Beratung können daher auch andere, selbstständige Leistungen in der gleichen Sitzung erbracht und abgerechnet werden. Das OLG Düsseldorf hat bereits in seiner Entscheidung vom 21.12.2000 (Az.: 8 U 4/99) die Ansicht vertreten, dass sich die ergänzende Leistungslegende zur GOÄ 3 „[…] als einzige Leistung oder im Zusammenhang mit einer Untersuchung nach den Nummern 5, 6, 7, 8, 800 oder 801“ nur auf eine Einschränkung für Untersuchungen aus der GOÄ bezieht. Sie befasse sich nicht mit Leistungen, die aus dem Bereich der GOZ stammen.
Hierbei führt das Gericht aus: „[…] Es wäre für den Verordnungsgeber leicht gewesen, im Zusammenhang mit der Änderung der GOÄ vom 01.01.1996 einen entsprechenden Ausschluss in der Leistungslegende der Gebühren-Nr. 3 der GOÄ bezüglich der 001 GOZ aufzunehmen. […] Die gemeinsame Berechnung der Pos. 001 und Ä3 ist nicht zu beanstanden.“ GOÄ 4 auf eine Personengruppe beschränkt? Leider wird auch die Berechnung der GOÄ 4 stets falsch interpretiert. Dies ist oftmals darauf zurückzuführen, dass der Leistungstext dieser Ziffer in einer Art konkretisiert wird, die vom Gesetzgeber nicht vorgesehen war. Im Leistungstext „Erhebung der Fremdanamnese über einen Kranken und/oder Unterweisung und Führung der Bezugsperson(en) im Zusammenhang mit der Behandlung eines Kranken“ existiert keine prinzipielle Einschränkung auf bestimmte Patientengruppen oder Definitionen bestimmter Krankheitsfälle. Die GOÄ 4 kommt zur Anwendung, wenn im Rahmen ärztlicher Beratungen/ Untersuchungen die Einbeziehung von „Bezugspersonen“ notwendig ist (z.B. Eltern, Kinder, Betreuer oder Vormunde). Durch den Passus „und/oder“ im Leistungstext ist bestimmt, dass sowohl die Anamnese als auch die Untersuchung zum Ansatz der GOÄ 4 berechtigen.
Entscheidend ist, dass eine andere Person als der Kranke befragt (Fremdanamnese) oder beraten (Unterweisung) wird, da der Kranke selbst dazu nicht fähig ist. Ein Ausschluss spezieller Patientengruppen ist ebenso wenig möglich, wie eine stereotype Abrechnung der GOÄ 4 bei routinemäßiger Befragung oder Therapieanweisung von Begleitpersonen. In diesen Fällen wäre es korrekt, die GOÄ 3 nach § 5 Abs. 2 GOÄ mit einem erhöhten Steigerungsfaktor in Ansatz zu bringen. Fazit Leistungsabrechnungen privater Kostenträger und gebührenrechtlich korrekt erstellte Rechnungen sind aufgrund der restriktiven Wortauslegung häufig nicht in Einklang zu bringen. Grundsätzlich sollte jedoch nicht auf das ärztliche Honorar für die durchgeführte Behandlung verzichtet werden. Ist die wiederholte Berechnung einer Beratungsgebühr nicht möglich, sollte dies bei der Wahl der Steigerungsfaktoren berücksichtigt werden. Das heißt, dass auch eine Beratung (GOÄ 1, 3 oder 4) mit einer gebührenkonformen Begründung bis zum 3,5-fachen Faktor liquidiert werden kann. Ferner ist es möglich, vor der Behandlung eine Honorarvereinbarung über die Abweichung der Vergütungshöhe mit dem Patienten abzuschließen. Diese soll den für die geplante Aufklärung/ Beratung individuell bemessenen Steigerungsfaktor beinhalten, der oberhalb des 3,5-fachen Gebührensatzes liegt.
Autor: BFS health finance GmbH Erstattungsservice