Finanzen 15.08.2024

Ertragssteigerung im Praxislabor – aber was ist mit den Steuern?



Ertragssteigerung im Praxislabor – aber was ist mit den Steuern?

Foto: Viktorua – stock.adobe.com

Viele Praxisinhaber beschäftigen sich derzeit mit dem Thema der Eigenfertigung von Alignern. Dies bietet zusätzliche Ertragspotenziale. Dabei entsteht die Wertschöpfung größtenteils im Praxislabor. Um die Voraussetzungen zur Herstellung transparenter Zahnschienen zu schaffen, sind oftmals aber auch initiale Investitionen erforderlich und es gilt, neue Prozesse zu etablieren. Häufig sind die notwendigen Schritte auf der Praxisseite bereits etabliert. Die meisten Fragen ergeben sich vielmehr im Zusammenhang mit dem Praxislabor. Vor allem das Thema Vor- bzw. Umsatzsteuer spielt eine zentrale Rolle. Hierzu gibt Sabine Dittmann, eine renommierte Steuerberaterin der audalis Kohler Punge und Partner mbB in Dortmund, hilfreiche Tipps. Dank ihrer Expertise lassen sich einige Unwägbarkeiten frühzeitig umschiffen und gleichzeitig so mancher Euro sparen.

Guten Tag Frau Dittmann, vielen Dank, dass Sie uns für dieses Interview zur Verfügung stehen. Sehen Sie bei Ihren Mandaten auch den Trend, sich zusätzliche Ertragspotenziale aus Laborleistungen durch eine Wertschöpfung im ei­genen Praxislabor zu sichern?

Ja, diese Entwicklung beobachten wir bereits seit vielen Jahren im Zusammenhang mit CAD/CAM-gefertigten Restaurationen und nun auch verstärkt bei der Eigenfertigung von Alignern im Bereich der kieferorthopädischen Fachpraxen.

Welche Steuern bzw. steuerrechtlichen Punkte sind grundsätzlich in der Zahnmedizin relevant?

Die Steuer, die jeden Praxisinhaber betrifft, ist die Einkommensteuer. Sie lässt sich im Wesentlichen aus dem steuerlichen Gewinn der Praxis ableiten, welcher häufig von dem eigentlichen Gewinn – der aus der Praxis resultierenden Liquidität des Zahnarztes – abweicht. Unser Gesetzgeber hat Zahnärzte und Kieferorthopäden grundsätzlich von den weiteren Steuern, wie zum Beispiel Gewerbe- oder Umsatzsteuer, freigestellt.

Welche Regelungen gelten außerhalb der medizinischen Leistungserbringung z.B. für Leistungen, die im Praxislabor erbracht werden?

Im Steuerrecht gilt der Merksatz, dass medizinisch indizierte Leistungen der Ärzte und Zahnärzte umsatzsteuerbefreit sind. Einnahmen z. B. aus dem Prophylaxeshop, bestimmten Gutachten, Bleaching und auch dem Eigenlabor erfüllen laut Gesetz nicht den medizinisch therapeutischen Zweck und sind deswegen umsatzsteuerpflichtig. Die Gewinne aus dem Prophylaxeshop sind zudem gewerbesteuerpflichtig.

Wie wird das genau umgesetzt bzw. welche Wertgrenzen gibt es? Was ist hier zu beachten?

Sind die umsatzsteuerpflichtigen Einnahmen gering (im aktuellen Jahr voraussichtlich geringer als 50.000 Euro und im Vorjahr unter 22.000 Euro), besteht die Möglichkeit, von der sogenannten Kleinunternehmerregelung Gebrauch zu machen. In dem Fall ist den Patienten keine Umsatzsteuer zu berechnen und diese ist dann auch nicht an das Finanzamt abzuführen.

→ Wichtiger Tipp für die Einhaltung der Umsatzgrenzen:
Es gilt in enger Abstimmung mit den jeweiligen Steuerberatern, die umsatzsteuerpflich­tigen Einnahmen in der Buchhaltung separat zu erfassen, um stets die Einhaltung dieser Umsatzgrenzen überwachen zu können. In der Regel kann hierbei auch die Praxissoftware gute Auswertungen generieren, die dem Steuer­berater bei der Trennung der Einnahmen weiterhelfen.

Welche Gestaltungspielräume bzw. Vorteile lassen sich daraus ableiten?

Es kann durchaus auch von Vorteil sein, sich bewusst für die Umsatzsteuerpflicht zu entscheiden. Denn für alle laufenden Kosten sowie die notwendigen Investitionen kann man sich die in Rechnung gestellten Umsatzsteuer­beträge über die Voranmeldungen des Steuerberaters wieder erstatten lassen. Das sind aktuell zumeist 19 Prozent der entsprechenden Werte, die sich so sparen lassen.


„Es kann durchaus auch von Vorteil sein, sich bewusst für die Umsatzsteuerpflicht zu entscheiden. Denn für alle laufenden Kosten sowie die notwendigen Investitionen kann man sich die in Rechnung gestellten Umsatzsteuerbeträge über die Voranmeldungen des Steuerberaters wieder erstatten lassen.“


Können Sie uns das bitte an konkreten Beispielen für ein Praxislabor veranschaulichen?

Nehmen wir an, dass eine kieferorthopädische Fachpraxis in Geräte zur Herstellung von Alignern investiert. Der Lieferant berechnet hierfür 25.000 Euro zuzüglich Umsatzsteuer in Höhe von 4.750 Euro. Mit dem Einsatz des Geräts werden im Jahr der Anschaffung vo­raussichtlich 40.000 Euro zusätzliche Einnahmen aus dem Eigenlabor erzielt.

Da die Praxis damit unter der eben genannten Kleinunternehmergrenze liegt, besteht ein Wahlrecht, d. h. Umsatzsteuer ja oder nein?

→ Beispiel: Umsatzsteuer ja
Für die Leistungen des Eigenlabors besteht aus dem eben genannten Grund grundsätzlich Umsatzsteuerpflicht. Die Einnahmen sind mit dem sogenannten ermäßigten Umsatzsteuersatz von derzeit 7 Prozent zu besteuern. Die 7 Prozent Umsatzsteuer sind den Patienten grundsätzlich in Rechnung zu stellen und an das Finanzamt abzuführen. Der Steuerbera­ter erstellt für diesen Zweck unterjährige Voranmeldungen an das Finanzamt sowie eine Umsatzsteuerjahreserklärung.

Aus allen Eingangsrechnungen, die das Eigenlabor betreffen, kann man sich die in Rechnung gestellten Umsatzsteuerbeträge über die Voranmeldungen des Steuerberaters wieder erstatten lassen. Die 4.750 Euro Umsatzsteuer für die Investition in die Eigenfertigung von Alignern erhält man somit auf diesem Weg ebenfalls wieder zurück.

Auch einen Anteil der Umsatzsteuern, die für Allgemeinkosten in Rechnung gestellt werden (z. B. Steuerberaterrechnungen, Bürobedarf, Strom etc.), kann so wieder vergütet werden. Der Steuerberater berechnet diesen Anteil in der Regel anhand des Verhältnisses der Eigenlabor­umsätze zu den steuerfreien Praxis-Umsätzen.

Wichtig ist hier in der Zusammenarbeit mit dem Steuerberater, dass die Eingangsrechnungen, die ausschließlich das Labor betreffen, gekennzeichnet werden. Vereinfachend können die Materiallieferanten diese Kennzeichnung übernehmen; z.B. indem für das Labor eine gesonderte Kundennummer angelegt wird.

→ Beispiel: Umsatzsteuer nein
Es besteht grundsätzlich keine Pflicht, den Patienten im ersten Jahr Umsatzsteuer für die Eigenlaborleistungen in Rechnung zu stellen. Damit ist es auch nicht erforderlich, Umsatzsteuer abzuführen. Damit ist der Verwaltungsaufwand wesentlich geringer. Jedoch verzichtet man gleichzeitig auf die Vergütung der für die initialen Investitionen gezahlten Umsatzsteuer. Das sind in diesem Beispiel immerhin 4.750 Euro. Außerdem wird ab dem folgenden Jahr Umsatzsteuer auf Ihre Laborumsätze zu zahlen sein, weil die für das Vorjahr geltende Kleinunternehmergrenze von 22.000 Euro überschritten wird.

Was ist Ihr Fazit?

Insbesondere, wenn für das Eigenlabor größere Investitionen getätigt werden, lohnt sich in der Regel die Entscheidung für die Umsatzsteuer. In dem Fall sollte jedoch die Praxissoftware bezüglich der umsatzsteuerfreien und -pflichtigen Umsätze gepflegt und die Eingangsrechnungen für den Steuerberater gekennzeichnet sein.

Liebe Frau Dittmann, vielen Dank für die wertvollen Informationen.

Dieser Beitrag ist unter dem Originaltitel „Ertragssteigerung durch Wertschöpfung im Praxislabor – aber was ist mit den Steuern?“ in den Kieferorthopädie Nachrichten erschienen.

Dieser Beitrag stammt von dem Anbieter und spiegelt nicht die Meinung der Redaktion wider.
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