Marketing 18.09.2012

Gewinnt man durch Facebook Patienten?



Gewinnt man durch Facebook Patienten?

Foto: © Shutterstock.com

Eine der zurzeit am häufigsten von Zahnärzten gestellten Fragen lautet: Macht es eigentlich Sinn, auf Facebook aktiv zu werden? Welchen Nutzen hat das für die Praxis? Kann ich dadurch Neupatienten gewinnen? Ist das nicht auch gefährlich? In diesem Beitrag geht der Autor auf die wichtigsten Fragen ein.

Immer mehr Praxen werden in Facebook aktiv. Für die meisten Zahnärzte ist dieses „social media“ (Soziale Medien) aber noch immer ein Buch mit sieben Siegeln, viele lehnen die Auseinandersetzung auch aus grundsätzlichen Erwägungen heraus ab – zum Beispiel wegen der Preisgabe von persönlichen Informationen, Kontrollverlustängsten oder aus datenschutzrechtlichen Bedenken. Bei den Gesprächen über dieses Thema habe ich allerdings oft den Eindruck, dass die Ursache für die Ablehnung eher in der Unsicherheit mit der Funktionalität des Mediums und mit dessen Umgang begründet ist. Häufig werde ich auch gefragt, ob ich der Praxis empfehlen würde, eine Facebook-Seite einzurichten. Antwort: Es kommt darauf an …

Was ist Facebook?
Ich wurde mit Ende 40 zum ersten Mal mit Facebook konfrontiert und muss gestehen, dass ich zunächst so gut wie nichts verstanden habe. Weil ich aber letztlich dazu gezwungen war, dort ein Profil anzulegen, hat es sich mir mit der Zeit erschlossen, und ich habe die Vorzüge zu schätzen gelernt. Die Auseinandersetzung mit der Bedeutung von „social media marketing“ für Zahnarztpraxen hat dann natürlich ein Übriges zur Erkenntnis beigetragen. Man muss sich Facebook (zunächst zum Verständnis für den privaten Bereich) so vorstellen, als würde man sich eine eigene, persönliche Website einrichten. Nur dass das sehr viel einfacher ist als bei einer echten Website. Die Anmeldung in Facebook genügt – und schon erstellt man sein eigenes „Profil“ (Facebook-Website). Man kann zum Beispiel Fotos von sich einstellen. Der wesentliche erste Unterschied zur Website ist aber der, dass nur die Menschen Zugang zu diesem Profil haben, die ich dazu einlade. Jedenfalls kann man das so einstellen. Eine Website ist dagegen jedermann zugängig. Die Menschen, die man dazu einlädt, nennt man in Facebook „Freunde“.  Auch hier gibt es die Vorbehalte, dass das ja nicht notwendigerweise wirkliche Freunde sind. Das stimmt, aber Facebook nennt das nun mal so. Mit meinen „Freunden“ bin ich nun in Facebook in Kontakt. Wenn ich auf meinem Facebook-Profil etwas eintrage (man „postet“) – also dass ich mich zum Beispiel über das schöne Wetter freue – dann können das meine Freunde lesen. Und sie würden es auch lesen können, wenn ich positiv über meinen Zahnarzt berichte. Meine Freunde können auch auf meine „Pinwand“ (das ist ein Medium auf meinem Profil) etwas schreiben, zum Beispiel, dass ihnen meine Zahnarztempfehlung gefällt. Das können dann auch alle anderen ihrer und meiner Freunde lesen. Kurzum: Man teilt dem Kreis seiner selbst definierten Freunde allgemein etwas mit (man „teilt“) und nimmt in einer sicher kontrovers diskutierbaren Form an dem Leben der anderen teil. 

Weitere Vorteile
In Facebook ist auch eine E-Mail-Funktion enthalten, die aber sehr viel einfacher und unkonventioneller ist  als das herkömmliche E-Mail-Procedere. Junge Menschen kommunizieren direkt – also ohne dass die anderen Freunde das lesen können – ebenfalls über Facebook. Die normale E-Mail verliert hier an Bedeutung. Um nur bestimmte Freunde über bestimmte Dinge zu informieren, können „Gruppen“ gebildet werden. Also zum Beispiel mit allen Freunden des Kegelklubs. Auf diese Weise können leicht Verabredungen getroffen werden. Die Tatsache, dass vielleicht die Kegelbahn kaputt ist und das sportliche Treffen entfällt, löst keine umständliche Telefonkette oder eine Rund-E-Mail, die ja doch höchstens die Hälfte erreicht, mehr aus. Ein paar Infos, eventuell ein neuer Termin, ein Klick – und fertig. Alle wissen Bescheid, zumal Facebook natürlich auch auf Smartphones und damit jederzeit präsent ist. Dann gibt es viele weitere Funktionen, die in diesem Zusammenhang nicht so wichtig sind. Wenn man sich mit den Vorteilen auseinandersetzt und die nachwachsende Generation in ihrem Umgang damit beobachtet, hat man an der zukünftigen – und schon heutigen – Bedeutung von social media für unser soziales Zusammenleben keinen Zweifel mehr. Auch das Internet wurde – vornehmlich aus Unwissenheit – in der Entstehungszeit massiv kritisiert. Heute können wir uns Informationsbeschaffung ohne Internet nicht  mehr vorstellen.

Facebook für die Praxis
Zwar kann sich der Zahnarzt wie oben beschrieben privat ein Facebook-Profil zulegen – für die Praxis darf  er das so nicht. Facebook gestattet keine „gewerblichen“ Freundesseiten. Außerdem dürfte das werberechtlich für Zahnärzte auch problematisch sein. Für Praxen und andere Nicht-Private gibt es die Möglichkeit, „Fan-Seiten“ auf Facebook einzurichten (auch Fan-Pages genannt). Die ähneln einer herkömmlichen Website etwas mehr als die private Facebook-Site. Hier ist unter anderem unbedingt auch ein Impressum erforderlich. Weiter möchte ich hier aber nicht auf die notwendigen und zu beachtenden Punkte bei der Einrichtung der Praxis-Fan-Site eingehen. Diese ist ebenfalls relativ einfach – wenn Sie es nicht selbst können, müssen Sie circa 500 Euro für die Erstellung veranschlagen. Im Unterschied zur privaten Site können hier die anderen Facebook-Nutzer nicht „Freunde“ der Praxis bzw. der Page werden, sondern lediglich „Fans“. Diese Fans bleiben anonym – die extreme Streuung der Kontakte ist also mit Fan-Seiten nicht so leicht möglich. Wenn aber ein Patient Fan Ihrer Page wird, wozu er nach dem Besuch Ihrer Fan-Page angeregt wird, erfahren das auch dessen Freunde. Die bekommen dann auch einen Link zu Ihrer Page und können sich leicht über Sie informieren. Es können auch direkt Empfehlungen für Ihre Praxis ausgesprochen werden – und es können auch Kommentare abgegeben werden – im Zweifel auch negative.

Verknüpfung von Empfehlungsund Webmarketing
Analysiert man diese neuen Strukturen marketingmäßig, so kommt man zu der Erkenntnis, dass sich mit Social Media Empfehlungs- und Webmarketing verbinden. Heute ist es so, dass weniger als 60 Prozent aller Patienten, die neu in eine Praxis gehen, durch Empfehlung auf diese aufmerksam wurden. Durch das Web (Google) sind es in Städten und bei den Jüngeren bereits mehr als 30 Prozent. Und da der erste Merksatz für das Bewerben einer Praxis lautet: „Die Menschen müssen zunächst einmal wissen, dass es Ihre Praxis gibt“, erfahren Facebook-Nutzer Informationen über Ihre Praxis von ihren Freunden (Empfehlung) über ihr täglich angewandtes Medium (Web). Ein Teil davon – das sind im Einzugsgebiet jeder Praxis insgesamt 500 bis 1.000 Patienten über alle Medien in jedem Monat1 – sucht einen neuen Zahnarzt. Es kann deshalb davon ausgegangen werden, dass ein Teil der Patienten, der aufgrund einer „Facebook-Empfehlung“ auf Ihre Praxis aufmerksam wurde, ein neuer Patient in Ihrer Praxis wird. 

Stand Mitte 2012 
In unseren Untersuchungen haben wir festgestellt, dass in 2011 zwar circa 70 Prozent der Zahnarztpraxen eine Website hatten, einen Facebook-Auftritt aber vermutlich weniger als 0,1 Prozent.2 Bei Beobachtung der Szene muss ich für 2012 feststellen, dass es inzwischen sehr viel mehr sind. Noch Anfang 2012 habe ich gesagt, dass mir kein Patient bekannt ist, der nach Anregung durch Facebook neu in eine Praxis gegangen ist. Ich habe den Facebook-Auftritt nur dann empfohlen, wenn sich die Praxis insgesamt mit einem solchen modernen Auftritt passend zu ihrer Positionierung aufstellen möchte. Heute berichten mir immer mehr Praxen, dass sie Patienten über Facebook generieren. Bei den beträchtlichen Zuwachsraten (bald wird Facebook mehr als eine Milliarde Nutzer weltweit haben) sowie bei der Analyse des Nutzungsverhaltens bin ich sicher, dass die Fan-Page bald so selbstverständlich für die Praxis sein wird wie heute die Website.

Es kommt darauf an …
Die Einrichtung einer Fan-Page auf Facebook ist grundsätzlich zu empfehlen. Zwar kommen heute noch nicht viele Neupatienten aufgrund dieses Mediums, die Bedeutung wird aber zunehmen. Zu beachten ist neben der rechtlichen Problematik sowie vielen weiteren Vor- und Nachteilen aber vor allem, dass ich Ihnen einen Auftritt nur empfehlen würde, wenn Sie Zeit und Lust haben, die Facebook-Site auch permanent mit Aktualisierungen zu versehen – am besten täglich, minimal wöchentlich. Wenn Sie oder eine Facebook-affine Helferin das nicht leisten können oder wollen, sollten Sie darauf verzichten, weil eine nicht aktuelle Fan-Page eher abschreckend wirken würde. Eine überschlägige Kalkulation hat ergeben, dass Sie bei Fremdvergabe der Aktualisierungen circa 300 Euro pro Monat ansetzen müssten. 

Angst vor negativen Kommentaren?
Die meisten Zahnärzte berichten, dass das kaum vorkommt, und wenn, ist nur der Anteil zu den positiven relevant. Wenn es überwiegend negative Kommentare gibt, sollte man vielleicht auf den Auftritt verzichten
– aber dann bitte auch insgesamt über die Wirkung der Praxis nachdenken.

Literatur
1 Sander, Müller: Meine Zahnarztpraxis – Ökonomie, Springer Verlag 2012
2 Wessels: Bedeutung des Social Networks für das Marketing von Fachärzten für MKG-Chirurgie, Masterarbeit EFMZ, Studiengang Implantologie, unveröffentlicht

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