Patienten 01.12.2021
FAQ: Umgang mit HIV-positiven Patienten in der Zahnarztpraxis
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Kerstin Mörsch, zuständig für HIV-bezogene Diskriminierung bei der Deutschen Aidshilfe, steht Rede und Antwort.
Wie gelingt der sensible, nicht diskriminierende Umgang mit HIV-positiven Patienten in der Zahnarztpraxis?
Machen Sie die HIV-Infektion nicht zum Problem, wo sie keine Rolle spielen muss: Menschen mit HIV sind Patient*innen wie alle anderen. Eine Sonderbehandlung ist unangemessen und daher diskriminierend. Das gilt zum Beispiel auch für gesonderte Termine am Ende des Tages.
Wie hoch ist das tatsächliche Infektionsrisiko für zahnmedizinisches Praxispersonal?
Sehr gering. So kann HIV z.B. nicht durch Aerosole übertragen werden. Sollte es durch einen Arbeitsunfall zu Stich- und Schnittverletzungen mit kontaminierten Instrumenten kommen, sind die üblichen Sofortmaßnahmen zu ergreifen. Dazu kann auch eine Post-Expositionsprophylaxe gehören. Hier beraten Betriebsärzt*innen zum weiteren Vorgehen. Mehr Informationen dazu: https://www.aidshilfe.de/shop/informationen-hiv-fur-medizinische-praxis auf Seite 16 ff.
Bedarf es zusätzlicher Hygiene- und Desinfektionsmaßnahmen?
Nein, die üblichen Maßnahmen reichen vollkommen aus. Sie schützen schließlich auch vor vielen Krankheitserregern, die wesentlich leichter übertragbar und robuster sind als HIV.
Was gilt es vor, während und nach der Behandlung zu beachten?
Alles, was Sie auch bei anderen Patient*innen beachten. Grundsätzlich muss das Praxisteam immer davon ausgehen, dass der Infektionsstatus der Patient*innen nicht bekannt ist.
Was wird von den Patient*innen häufig als diskriminierend erlebt?
Vor allem die Ablehnung der Behandlung oder besondere Regelungen bei der Terminvergabe, etwa der schon berüchtigte „Termin am Ende der Sprechzeit“, sowie jede unnötige Sonderbehandlung wie zusätzliche Hygienemaßnahmen oder Schutzausrüstung. Auch die zusätzliche Frage nach HIV im Anamnesebogen – über die allgemeine Frage nach Vorerkrankungen hinaus – ist diskriminierend.
Was gilt es in puncto Datenschutz zu beachten?
Die HIV-Infektion darf nie im Beisein anderer Patient*innen thematisiert werden, zum Beispiel am Empfangstresen. Wenn Sie Daten weitergeben, zum Beispiel in Arztbriefen, holen Sie vorher das Einverständnis ein. Auch eine Kennzeichnung der Patientenakte, z. B. mit einem roten Punkt, ist nicht gestattet.
Müssen Menschen mit HIV ihre Infektion mitteilen?
Nein. Eine gesetzliche Pflicht gibt es nicht. Aufgrund diskriminierender Erfahrungen verzichten einige Menschen mit HIV darauf, ihre Infektion mitzuteilen.
Vielen Dank für das interessante Interview.
Kontakt:
Kerstin Mörsch, Kontaktstelle HIV-bezogene Diskriminierung der Deutschen Aidshilfe www.hiv-diskriminierung.de
Dieser Beitrag ist in Zahnärztliche Assistenz erschienen.