Praxismanagement 28.02.2011

Die Übergabe der eigenen Praxis als Krönung des Lebenswerkes?!

Die Übergabe der eigenen Praxis als Krönung des Lebenswerkes?!

Foto: © Shutterstock.com

Sich emotional auf die Übergabe der eigenen Praxis an die nächste Generation einzulassen, erfordert Mut und unternehmerische Kompetenz. Welche Schlüsselaufgaben auf den Zahnarzt warten, wenn die Praxisnachfolge geregelt werden muss, erläutert Dr. Dr. Cay von Fournier im folgenden Beitrag.

Wenn eine zahnärztliche Praxis bereits seit Jahrzehnten erfolgreich am Markt agiert, steht irgendwann der Generationswechsel an. Doch das Ruder aus den Händen zu geben, fällt den meisten Zahnärzten nicht leicht. Besonders dann, wenn sie die Praxis selbst aufgebaut und über Jahrzehnte als Unternehmer-Persönlichkeit maßgeblich geprägt haben. Ob Nachfolge innerhalb der Familie oder Verkauf – immer steht der Zahnarzt vor einer schweren Aufgabe: Als Fachmann hat er meist nicht die unternehmerischen Kompetenzen, eine Übergabe oder Nachfolge gut vorzubereiten und außerdem oft die Schwierigkeit, „seine“ Praxis erst einmal gedanklich und vor allem auch emotional loszulassen.  
Eine Lösung zu finden, die einem Gründer das Loslassen, dem Nachfolger das erfolgreiche und eigenverantwortliche Weiterführen der Praxis ermöglicht, Arbeitsplätze sichert und der Familie vielleicht auch noch das Vermögen erhält, ist nicht immer einfach. Eine gelungene Unternehmensübergabe bzw. Nachfolgeregelung sollte für jeden erfolgreichen Zahnarzt die Krönung seines Lebenswerkes sein. Reinhard Mohn (Bertelsmann AG) hat es treffend einmal so formuliert: „Die Sicherung der Unternehmensnachfolge ist die größte unternehmerische Herausforderung.“

Warum ist das „Loslassen-Können“ so schwierig?
Die Frage der Nachfolge ist für die meisten Unternehmer ein äußerst sensibles und manchmal auch heikles Thema. Sie lösen lieber Alltagsprobleme, als sich mit dieser Frage zu beschäftigen. Auch dass das eigene Leben nicht unendlich ist, will man in den besten Jahren natürlich nicht wahrhaben. Niemand „rechnet“ mit einem plötzlichen Unfalltod. Zwar können abgeschlossene Versicherungen dann einen Beitrag zur finanziellen Absicherung leisten, nicht aber das eigentliche Nachfolgeproblem lösen. Auch ein Unternehmer ist nicht vor Krankheiten gefeit, die ihn möglicherweise in seiner Tätigkeit dauerhaft einschränken können. Natürlich möchten viele Unternehmer es sich auch nicht eingestehen, dass mit dem Alter zwar die Lebenserfahrung, nicht aber die Leistungsfähigkeit zunimmt. Kaum ein Unternehmer ahnt, wie sich Ehekrisen und Erbschaftssituationen auf die Zukunft des Unternehmens auswirken könnten. Der Schwierigkeit, den „geeigneten“ Nachfolger oder die geeignete Nachfolgelösung zu finden, wird möglichst lange aus dem Weg gegangen. Wer es außerdem nicht rechtzeitig schafft, sich über lang gehegte Träume Gedanken zu machen, neben dem Unternehmerdasein Hobbys zu pflegen und andere Aktivitäten zu entfalten, wird mit dem „Loslassen-Können“ ohnehin ein Problem bekommen.

Abb.: Generationenerfolg

 

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Fakten zur Verdeutlichung der gesellschaftlichen Bedeutung
Das Thema „Unternehmensnachfolge“ hat mittlerweile eine dramatische Bedeutung für unsere Volkswirtschaft erreicht und wird uns vermutlich noch Jahre und Jahrzehnte stark beschäftigen. In den nächsten fünf bis acht Jahren werden zwischen 1.000–1.500 Milliarden Euro auf die Erben-Generation übergehen, wobei es sich zu einem Großteil um Unternehmensvermögen handeln wird. Von den mehr als drei Millionen mittelständischen Unternehmen stehen in den nächsten zehn Jahren ca. 700.000 zur Übergabe an einen Nachfolger an. Rund ein Drittel aller Firmeninhaber ist über 55 Jahre alt. Für rund zwei Millionen Familienbetriebe könnte die Unternehmensnachfolge zu einer existenzgefährdenden Krise werden. 
Wo finde ich den richtigen Nachfolger oder die richtige Nachfolgerin? Diese Frage beschäftigt die meisten Unternehmer bei der Vorbereitung ihrer Nachfolgeregelung. Aber auch potenzielle Gründer stehen vor der Entscheidung: Sollen sie eine neue Praxis gründen oder doch lieber eine etablierte Praxis übernehmen?

Übergabe oder Verkauf?

Der absolute Höhepunkt eines Unternehmerlebens sollte die geplante Übergabe an den Nachfolger sein. Denkbar in dieser Nachfolgeregelung sind direkte Nachkommen aus der Familie, eingesetzte Geschäftsführer oder der Verkauf der Praxis. In jedem Fall ist es wichtig, diesen Akt gut vorzubereiten. Es ist der verständliche Wunsch eines Unternehmers, dass die eigenen Kinder die Nachfolge antreten – die unternehmerische Familientradition soll in der nächsten Generation fortgesetzt werden. Aber oft werden gerade hier die gravierendsten Fehler gemacht. Otto von Bismarck hat einmal gesagt: „Die erste Generation verdient das Geld, die zweite verwaltet das Vermögen, die dritte studiert Kunstgeschichte und die vierte verkommt vollends.“ Er wollte diese Aussage als Witz verstanden wissen, aber leider ist dies häufig genug Realität. Gottlob gibt es aber auch viele Beispiele, dass es nicht so sein muss.
Der Wunsch von Unternehmern, dass die eigenen Kinder die Praxis einmal weiterführen, wird durch das Verhalten des Unternehmers während seiner aktiven Zeit der Praxisführung – die in der Regel auch die Zeit ist, in der die Kinder heranwachsen – oftmals negativ beeinflusst oder gar zerstört. Die Kinder hören häufig nur von den täglichen Problemen, von der Schulden- und Steuerlast, von schwierigen Patienten und vielem mehr. Oft bleibt wenig Zeit für Kinder, Familie, Freizeit und zur Regeneration – das ist für die wenigsten erstrebenswert, auch wenn ein lukratives Einkommen dahintersteht.

Verzögerungen gefährden die Praxis

Darüber hinaus gibt es viele Unternehmer, die letztendlich daran scheitern, weil
sie meinen, der Nachfolger müsste genauso sein und die Praxis genauso führen wie sie selbst. Es fehlt sehr häufig am Vertrauen in die nächste Generation. Die Folge ist, dass diese Art von Unternehmer die Übergabe ständig mit der Begründung, dass die Nachfolger noch nicht so weit seien, hinauszögern. Zum Dilemma kommt es dann, wenn ein „altersbedingter Starrsinn“ dazukommt und der Unternehmer nicht mehr in der Lage ist zu erkennen, dass er all das zerstört, was er vorher aufgebaut hat.

Wie sollte der Zahnarzt als Unternehmer vorgehen?
Jeder Unternehmer sollte sein Lebenswerk mit der für seine Situation am geeignetsten Nachfolgelösung krönen. Natürlich kann hier nicht beschrieben werden, wie die absolut richtige Vorgehensweise einer Übergabe auszusehen hat. Dieser Akt muss genauestens geplant und besprochen werden. Die Übergabe kann nie ein Hauruck-Akt sein, sondern muss mittel- bis langfristig vorbereitet werden.
Im Rahmen einer strategischen Nachfolgeplanung empfiehlt sich eine frühzeitige, schrittweise Vorgehensweise mit ausreichender inhaltlicher Vorbereitung von beiden Seiten. Gerade für den Zahnarzt, der eine Praxis übergibt, gehört eine Bestandsaufnahme zu den ersten Schritten. Wissen Sie, wo Sie heute stehen und welchen Weg Sie mit der Übergabe Ihrer Praxis einschlagen wollen? Um eine Unternehmensübertragung professionell vorzubereiten, sollten Sie als erstes eine umfassende Bestandsaufnahme vornehmen: Wo steht Ihre Praxis heute – finanziell und strategisch – und wie soll und kann sie sich in der Zukunft weiterentwickeln? Welche Rollen wollen Sie als Zahnarzt und Unternehmer dabei zukünftig noch spielen? Auf dieser Basis können Sie Ihre Ziele formulieren. Denn: Nur wer weiß, wohin er will, kann auch ankommen!

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Gemeinsam die Übergabe umsetzen
Die Planung der Übergabe der Praxis sollte, wie schon beschrieben, so früh wie möglich beginnen, beispielsweise mit der rechtzeitigen Übertragung unternehmerischer Aufgaben an den Nachfolger. Der Nachfolger sollte frühzeitig wichtige Bereiche der Praxisführung übertragen bekommen, die er oder sie vollkommen selbstständig zu verantworten hat. Hier müssen dann auch einmal Fehler gemacht werden dürfen – natürlich immer mit dem Ziel, sie nicht zu wiederholen. Das Wichtigste aber ist das uneingeschränkte gegenseitige Vertrauen. Ein anderer Führungsstil muss möglich sein.
Unternehmensübergabe heißt auch, viel miteinander zu reden, um daraus einen klaren und eindeutigen Vertrag zu formulieren, der für beide Seiten so gestaltet ist, dass er mit Freude erfüllt werden kann. Bei der Ausformulierung von Verträgen solcher Tragweite erübrigt sich fast der Hinweis, dass hier wirklich Fachleute zurate gezogen werden müssen. Diese vorbereitenden Aufgaben sind ein permanenter Prozess. Denn für eine gut geführte Praxis wird es allemal leichter sein, einen guten Nachfolger zu finden als für einen schlechten Betrieb. So gesehen beginnt die Unternehmensnachfolge eigentlich mit der Qualität der Praxis und ihrer jeweiligen Führung.
Auch für den erfolgreichsten Zahnarzt heißt es irgendwann, Abschied von der Praxisführung zu nehmen und die Verantwortung in jüngere Hände zu legen. Trotzdem muss eine Lösung gefunden werden, die einem Nachfolger das erfolgreiche und eigenverantwortliche Weiterführen der Praxis ermöglicht und deren Zukunft sichert.

 

Checkliste für Übergeber

 

Frühzeitig planen: Schieben Sie die Nachfolgeregelung nicht auf: Sie ist Teil Ihrer unternehmerischen Tätigkeit und mit zahlreichen steuerlichen und rechtlichen Gestaltungsfragen verbunden. Zudem kann sich die Suche nach einem geeigneten Nachfolger manchmal als langwierig und schwierig gestalten und Zeit kosten.

 

Ziele festlegen: Formulieren Sie Ziele, die Sie durch die Unternehmensübergabe erreichen wollen. Ziele können zum Beispiel Ihre Altersversorgung, persönliche Entlastung, Erweiterung der Praxis, Verkauf mit Gewinn oder Erhalt des Lebenswerkes sein.

 

Übergabemodell wählen: Welches Übergabemodell kommt für Sie am ehesten infrage? Die Praxis kann zum Beispiel verkauft, verpachtet, verschenkt oder übertragen werden.

 

Steuergestaltung planen: Welche steuerlichen Konsequenzen haben die einzelnen Übergabemodelle? (Erbschaftsteuer, Besteuerung von Veräußerungsgewinnen etc.)

 

Zeitplan aufstellen: Wann wollen Sie den Betrieb übergeben? In welchen Schritten soll die Übergabe erfolgen – in einem Schritt zu einem bestimmten Termin oder als gleitender Übergang?

 

Nachfolger suchen: Klären Sie, wie der passende Nachfolger aussehen soll, welche fachlichen und persönlich-menschlichen Eigenschaften er haben sollte. Dies ist um so wichtiger, wenn Sie Ihre Praxis verkaufen oder eine Verrentungslösung anstreben und auf den weiteren Erfolg der Praxis angewiesen sind. Nutzen Sie verschiedene Wege für die Nachfolgersuche: Nachfolge-Börsen, persönliche Kontakte, Zeitungsannoncen, Personalberater etc.

 

Unternehmenswert ermitteln: Was ist Ihre Praxis überhaupt wert? Es gibt verschiedene Bewertungsverfahren: Substanzwertmethode, Ertragswertmethode, Liquidationswert etc. Ermitteln Sie den Unternehmenswert zeitnah.

 

Gemeinsam zur Übergabe: Bleiben Sie flexibel. Entwickeln Sie gemeinsam mit Ihrem Nachfolger ein für beide Seiten tragbares Übergabemodell, stimmen Sie die Steuergestaltung gemeinsam ab und legen Sie gemeinsam den konkreten Stufenplan für den Wechsel fest.

 

Checkliste für Übernehmer

 

Nachfolge oder Neugründung: Können Sie sich vorstellen, auf dem Lebenswerk eines anderen aufzubauen, oder schaffen Sie sich lieber selbst Ihre Praxis?

 

Übernahmemodell wählen: Welche Übernahmemodelle kommen für Sie infrage? Können und wollen Sie gegen Einmalzahlung kaufen, sich schrittweise an der Praxis beteiligen usw.?

 

Unternehmen analysieren: Haben Sie sich ein vollständiges Bild vom Zustand und den Marktperspektiven der Praxis verschafft? Wichtig sind nicht nur Betriebsergebnisse der Vergangenheit, Patientenstamm, Image und Branchenentwicklung. Schätzen Sie auch den Investitionsbedarf der vor Ihnen liegenden drei Jahre. Machen Sie sich zudem ein Bild von den Mitarbeitern, ihrer Altersstruktur, ihrer Qualifikation und der Bereitschaft, sich auf einen neuen Chef einzulassen.

 

Kaufpreis: Wie hoch soll der Kaufpreis für die Praxis sein?

 

Unternehmenswert prüfen: Nach welcher Methode wird der Unternehmenswert ermittelt? Sind Sonderfaktoren zu berücksichtigen? Liegt ein Wertgutachten eines unabhängigen Sachverständigen vor?

 

Finanzierung: Wie lässt sich die Übernahme finanzieren? Haben Sie ausreichend Eigenkapital zur Verfügung? Wer die zahlreichen günstigen öffentlichen Fördermittel zur Finanzierung nutzen will, muss die Gelder vor der Übernahme bei der Hausbank beantragen.

 

Vorsorge: Sichern Sie die Praxis und Ihre Familie gegen Risiken ab, die aus Unfall, Krankheit oder auch Tod entstehen können: Prüfen Sie die Betriebsversicherungen und Ihre private Vorsorge. Regeln Sie – auch als junger Unternehmer – testamentarisch die Nachfolge.

 

Übergang: In welchen Schritten soll die Übernahme erfolgen? Ist die Übergabe in einem Schritt geplant oder als gleitender Übergang??

Checklisten: www.handwerk.com

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