Praxismanagement 03.11.2011
Die Zahnarztpraxis bewusst führen - Werteorientiertes Handeln und soziale Verantwortung
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Wie können wir noch schneller werden? Wie können wir noch weitere und höhere Ziele erreichen? Diese Fragen treiben uns in unserer heutigen Leistungsgesellschaft jeden Tag an; füllen unser Denken und Handeln oftmals völlig aus. Wir denken in ökonomischen Größen und nicht in ethischen Zusammenhängen. Zahnärzte und ihre Praxen können jedoch nur dann langfristig erfolgreich agieren, wenn werteorientiertes Handeln und soziale Verantwortung zu den Grundmaximen zählen.
Die reine Konzentration auf Zahlen und Fakten bedingt, dass wir die Menschen um uns herum – unsere Patienten, Mitarbeiter, Geschäftspartner und häufig auch unsere Familien – aus dem Blick verlieren. Auf gesamtgesellschaftlicher Ebene bringt dies noch weitaus tiefere Verwerfungen mit sich. Es ist also notwendig, dass wir unser Bewusstsein immer wieder auf den Prüfstand stellen und uns fragen:
– Was ist uns wirklich wichtig?
– Stellen wir uns die richtigen Fragen und haben wir Antworten darauf?
– Übernehmen wir tatsächlich Verantwortung für das, was wir tun - und auch für das, was wir nicht tun?
Langfristiger Erfolg ist nur auf der Basis eines bewussten und ethischen Handelns möglich. Doch was heißt das konkret? Eigentlich ist die Orientierung über ethisches Handeln ziemlich einfach. Es geht darum, dass wir abends guten Gewissens in den Spiegel sehen können – als Mensch, als Zahnarzt und als Unternehmer.
Die Philosophie der Wirksamkeit
Zahnärzte sollten sich immer wieder folgende Fragen stellen:
– Beruht meine (Praxis-/Mitarbeiter-) Führung auf Anständigkeit?
– Folge ich der goldenen Regel „Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem anderen zu“?
– Werde ich meiner sozialen Verantwortung als Zahnarzt gerecht?
– Was möchte ich in Zukunft tun, um mehr soziale Verantwortung zu übernehmen?
– Welche Bedeutung hat meine Praxis und unser Tun für die Volkswirtschaft?
– Bin ich mir dieser Verantwortung bewusst und fördere ich diese in meinem Umfeld?
– Wird meine Praxis ihrer ökologischen Verantwortung gerecht?
Verantwortung auf drei Ebenen
Bewusste Praxisführung heißt, anständig und fair mit den Mitarbeitern und Patienten umzugehen, ebenso mit Geschäftspartnern, Lieferanten, den Dentallabors und auch mit dem Wettbewerb. Bewusste Praxisführung wird auf drei Ebenen praktiziert, die von innen nach außen wirken. Dies sind 1. die Ebene des Individuums, 2. die Ebene des Umfelds der Praxis und 3. der gesellschaftspolitische Rahmen, in den die Praxis eingebunden ist. Die persönliche Ebene der Praxisführung betrifft die Verantwortlichkeit jedes Einzelnen innerhalb einer Zahnarztpraxis vom Zahnarzt selbst bis hin zu jedem Mitarbeiter. Hier spielen die persönlichen Wertesysteme eines jeden in der Praxis agierenden Menschen eine Rolle. Die Aufgabe des Zahnarztes ist es, in einem Auswahlverfahren diese Menschen bei der Einstellung auch auf ihre Werte hin zu prüfen. Häufig stehen jedoch fachliche Kriterien im Vordergrund – die sogenannte Kompetenz, also die theoretischen und praktischen Fähigkeiten (Wissen und Können) eines Menschen. Jemand, der kompetent ist, versteht sein Fach. Er muss aber nicht zwangsläufig einen guten Charakter haben, und genau das ist es, was Zahnärzte häufig unterschätzen. Wenn kein ethischer Einstellungsfilter verwendet wird, kann dies negative Auswirkungen nach sich ziehen, wie etwa Machtmissbrauch, Hinterziehung, Mobbing, „krankfeiern“, Diebstahl von Praxiseigentum, Beschädigung und Unehrlichkeit. Stimmen Kompetenz und Charakter überein, muss der neue Mitarbeiter aber immer noch zur Praxiskultur und zum Team passen. Dies alles gilt es bei der persönlichen Ebene hinsichtlich einer bewussten Praxisführung zu berücksichtigen.
Auf der Ebene des Praxisumfeldes wird die Zahnarztpraxis selbst als moralisch handelnde Person gesehen, die soziale Verantwortung übernimmt. Diese Person tritt ebenso gegenüber Patienten auf wie gegenüber Mitarbeitern, Gesellschaft, Umwelt, Lieferanten, Partnern, Banken und anderen. Die negativen Auswirkungen unethischen Handelns auf dieser Ebene zeigen sich in jeder Form des Ausnutzens oder Übervorteilens, des Betrügens oder Hinterziehens. Was moralisch verwerflich ist, scheint in diesem Bereich schwerer definiert werden zu können als bei der Frage, was legal/illegal ist. Zahnärzte sind hier verantwortlich für ihre Mitarbeiter und auch für ihre Patienten und Geschäftspartner. Die Qualität dieser Gemeinschaft wird von mehr Faktoren bestimmt als der reinen Ökonomie. Wenn wir wollen, dass sich unsere Mitarbeiter für die Praxis engagieren, dann müssen wir auch bereit sein, uns für sie zu engagieren. Wie sieht es aus, wenn ein besonderer Fall in der Familie eintritt, wie zum Beispiel schwere Krankheit oder ein anderer Schicksalsschlag? Wie bringen wir uns als Praxis ein? Kennen wir die private Situation unserer Mitarbeiter? Sind wir bereit, bei finanziellen Schwierigkeiten auszuhelfen und zum Beispiel ein Firmendarlehen zu geben? Wie sieht es aus, wenn einer unserer guten Patienten in Not gerät? Sind wir bereit, zu helfen – über unseren reinen Eigennutzen hinaus? Soziale Verantwortung bezieht auch die gesellschaftliche Not und die Not auf dieser Welt mit ein. Sie folgt dem Grundsatz des Teilens: Wenn ich viel habe und es mir gut geht, gebe ich ab, auch ohne zu müssen.
Die gesellschaftliche Ebene beschreibt das wirtschaftliche Zusammenleben der Zahnarztpraxis in einem gesellschaftspolitischen Rahmen. Wirtschaftspolitik, Tarifverträge und Gesetzestexte versuchen, diese Ebene zu regeln. Negative Auswirkungen unethischen Handelns sind neben dem Erschleichen von Subventionen und Steuerhinterziehung jede Form der ungerechten Überregulierung und des Machterhalts aus Eigennutz. Die Verantwortung, die wir als Zahnarzt tragen, ist neben der beschriebenen unternehmerischen und sozialen Ebene auch eine volkswirtschaftliche und eine ökologische. Die volkswirtschaftliche Verantwortung bezieht sich auf das Bezahlen von Steuern und die Ehrlichkeit vor dem Finanzamt aus reinem Verantwortungsbewusstsein. Auch wenn der Staat schlecht wirtschaftet, besteht dennoch die Pflicht, mit Steuern zu den Aufgaben des Staates beizutragen. Ebenso betrifft dies die sozialen Sicherungs- und Vorsorgesysteme. Auch wenn wir hier viele Probleme haben, so leben wir immer noch in einem Land mit einer sehr guten Infrastruktur, einem guten Bildungsniveau und guter medizinischer Versorgung. Verantwortung heißt, dies alles zu schützen und durch bewusste Führung auch zu demonstrieren.
Die sieben Grundsätze einer wirksamen Praxisführung
1. Klarheit … heißt, klar zu sagen, welche Grundsätze in der Praxis gelten und worauf es dem Zahnarzt ankommt.
2. Konsequenz … heißt, Ideen zu haben und diese auch umzusetzen.
3. Konzentration … heißt, wer sich konzentriert, der wächst. Worauf verwende ich meine Energie? Was wollen wir nicht anbieten?
4. Kultur … heißt, das Miteinander in der Praxis zu regeln.
5. Kompetenz … heißt, das Wissen als Grundlage des Erfolges zu erkennen.
6. Kreativität … heißt, das innovative Potenzial in der Praxis zu nutzen.
7. Kundennutzen … heißt, dass Zahnärzte genau diesen gegenüber ihren Patienten bieten müssen, um langfristig finanziell bestehen zu können.
Fazit
Die Natur ist die Grundlage unseres Lebens, und glücklicherweise ist ein bewusster Umgang mit unserer Umwelt heute schon wesentlich selbstverständlicher geworden. Dennoch gibt es immer noch viele Zahnärzte, die keine oder nicht genug ökologische Verantwortung übernehmen und die sich keine Gedanken darüber machen, ob sie im ökologischen Sinne nachhaltig wirtschaften und ihr Verhalten gegenüber der Natur rechtfertigen können. Wir brauchen kein neues Wertesystem, da wir in unserer Gesellschaft bereits ein gutes haben. Wir müssen aber wieder dazu übergehen, sowohl moralisch als auch konsequent zu handeln. Dies ist und bleibt die Grundlage eines langfristigen Erfolgs in der Zahnarztpraxis. So parken wir vielleicht nicht immer mit dem allerneuesten Sportwagen vor der Tür, dafür aber erreichen wir Balance – und zwar nicht nur in den Ergebnissen und der Entwicklung unserer Praxis, sondern vor allem auch in unserem eigenen Leben.