Praxismanagement 22.09.2023
Führungsmanagement: Wenn aus ZFAs Praxismanager werden
Die erstmalige Übernahme einer Führungsposition bedeutet für die betreffenden Personen zunächst eine große Freude. Zeugt sie doch vom Vertrauen der Praxisführung in die Kompetenzen derjenigen, die befördert wurden. Fraglich kann jedoch sein, ob die anderen Mitarbeiter diese Auffassung teilen. In die Freude über die Beförderung mischen sich damit auch Sorgen, wie sich das Verhältnis zu den ehemaligen Kollegen in der Zukunft unter den neuen Voraussetzungen entwickeln wird.
Für die Betrachtung möglicher Konstellationen ist zunächst von Bedeutung, ob es sich bei der Position des Praxismanagers um eine neu geschaffene Stelle oder um eine Wiederbesetzung handelt. Im ersten Fall hat sich im Team sicher auch so schon eine informelle Hierarchie gebildet. Dies gilt ebenfalls für die Mitarbeitenden auf gleicher Ebene unterhalb eines bestehenden Praxismanagements. Eine informelle Hierarchie entsteht durch Kriterien wie Dauer der Praxiszugehörigkeit, Lebensalter, bestimmte Charaktereigenschaften wie Durchsetzungskraft, Loyalität oder Einfühlungsvermögen. Bei diesen Eigenschaften kann es aber zu gravierenden Diskrepanzen zwischen Selbst- und Fremdeinschätzung kommen. Gerade wegen dieses Aspekts – und für den Fall, dass die Entscheidung für den neuen Stelleninhaber nicht auf den „informellen Anführer“ fällt – ist es besonders wichtig, dass die Vorgesetzten im Vorfeld der Neubesetzung ihre Auswahlkriterien – fachliche als auch persönliche – dem gesamten Praxisteam möglichst transparent darlegen. Gleiches gilt auch für die Tätigkeitsbeschreibung des (neuen) Praxismanagements.
Herausforderungen bei der Organisation der Praxisabläufe
Im Idealfall wurde für diese Position bereits eine Stellenbeschreibung durch die Praxisleitung erstellt und an das Team kommuniziert. Während bei einer Wiederbesetzung die Aufgabenverteilung schon bekannt ist, muss diese im Fall der Neuorganisation der Praxis erst konzipiert werden. Anlass für die Reorganisation der Praxis – und damit die Einführung eines Praxismanagements – sind in der Regel Schwachstellen in den Praxisabläufen, sodass die neue Aufgabenverteilung am besten im Team diskutiert werden sollte. Wenn es um die weitere Erstellung von Dienstplänen geht, steht das Praxismanagement vor der Herausforderung, dass neben „harten“ Faktoren wie Qualifikation und Arbeitszeit auch „weiche“ Aspekte wie Vorlieben und Gerechtigkeitsgefühle zu berücksichtigen sind.
Herausforderungen bei der Kooperation im Praxisteam
In der Regel haben die neuen Praxismanager keine systematische Aus- und/oder Vorbildung in Sachen „Führungswissen“; sie verfügen lediglich über eine vage Vorstellung davon, wie sie führen wollen. Ihr persönlicher Führungsstil ist dabei von Vorerfahrungen aus der Kindheit, der Ausbildungszeit und ersten Berufserfahrungen geprägt und häufig davon, wie man selber nicht behandelt werden möchte. Dabei laufen die Personen Gefahr, einen der häufigsten Führungsfehler zu begehen, der darin besteht, von sich auf andere zu schließen. Führung hat sich hingegen am Gegenüber zu orientieren. Das Auftreten der ehemaligen Kollegen gegenüber dem neuen Praxismanager stellt nämlich die entscheidende Determinante für deren künftiges persönliches Führungsverhalten dar. Im Normalfall sollte sich das Verhältnis zwischen den Beteiligten nicht verändern: Die persönlichen Beziehungen bleiben gleich; es ändert sich lediglich die Rollenverteilung. Es gibt also keinen Grund sich anders zu verhalten als bisher; die neuen Praxismanager sollten authentisch auftreten, also bleiben, wie sie sind.
Allerdings besteht für die neuen Praxismanager nun die Herausforderung darin, alle ehemaligen Kollegen in der Zukunft gleich zu behandeln. Dies gilt insbesondere auch gegenüber denjenigen, für die man in der Vergangenheit keine besondere Sympathie empfand. Was aber, wenn unter den ehemaligen Kollegen ein „BFF“ ist? Auch hier sollte man nach wie vor authentisch bleiben; niemand würde es den Betreffenden abnehmen, wenn sie sich auf einmal wie Fremde verhielten. Allerdings sollten die betroffen Personen untereinander verabreden, in der Praxis eine gewisse Zurückhaltung an den Tag zu legen und so professionell wie möglich zu arbeiten.
Herausforderungen im Konfliktmanagement
Eine weitere Herausforderung stellt ein mögliches Fehlverhalten der Kollegen dar. Handelt es sich um fachliche Probleme, lassen sich diese durch konstruktive Kritik lösen, d. h. man versucht gemeinsam die Ursachen zu beheben und nicht, den Schuldigen zu bestrafen. Weitaus schwieriger gestalten sich persönliche Animositäten, die im beruflichen Umfeld eigentlich nichts verloren haben, sich aber häufig nicht vermeiden lassen. Während manche Mitarbeitende Konflikte als bloße Meinungsverschiedenheiten abtun, neigen andere dazu, Kritik an ihrer Arbeit sofort persönlich zu nehmen und auch eher emotional darauf zu reagieren. Hier ist die Konfliktfähigkeit des Praxismanagers besonders gefragt. Sind diese selber eher auf Harmonie bedacht und möchten niemanden verletzen, werden sie Streitigkeiten eher aus dem Weg gehen. Letztere lassen sich aber nicht immer vermeiden, insbesondere wenn das Fehlverhalten der ehemaligen Kollegen auf persönliche Antipathien gegenüber dem neuen Vorgesetzten zurückzuführen ist. Zunächst sollte der neue Praxismanager hier das vertrauliche Gespräch suchen und für eine konstruktive Zusammenarbeit in der Zukunft plädieren. Im Extremfall muss jedoch die Praxisleitung eingeschaltet werden; damit wird aber nicht „gepetzt“, sondern lediglich dafür gesorgt, dass der reibungslose Ablauf in der Praxis erhalten bleibt.
Fazit
Grundsätzlich sollte die Praxisleitung neue Stellenbesetzungen transparent kommunizieren und umsetzen, den neuen Praxismanagern möglichst großen Rückhalt bieten und sie bei ihrer Rollenfindung nicht alleine lassen. Denn auch wenn die aufgestiegene Person diesen Weg geplant hat, qualifiziert und bereit dafür ist, ist ein solcher Aufstieg immer erst einmal mit großen Herausforderungen verbunden, die es zu begleiten gilt.
Dr. Sabine-Sofie Weidekind ist selbstständige Trainerin und Beraterin für Personal- und Organisationsentwicklung mit über 20-jähriger Erfahrung. Außerdem arbeitet sie auch als Coach sowie Mediatorin und berät Unter- nehmen zu den Themen Personalführung und -entwicklung, Kommunikation und Konfliktmanagement. Darüber hinaus ist sie Autorin mehrerer Fachpublikationen und als Dozentin bei verschiedenen Weiterbildungsveranstaltern tätig.
Weitere Informationen unter: www.weidekind.de
Ein Beitrag von Dr. Sabine-Sofie Weidekind
Dieser Beitrag ist in der ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis erschienen.