Psychologie 28.05.2008

Die Kunst des Delegierens

Die Kunst des Delegierens

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Zum Beruf des Zahnarztes gehört leider nicht nur die Behandlung der Patienten. Viele Zahnärzte fühlen sich in ihrem Beruf weniger durch die Zahnbehandlungen gestresst, sondern eher durch anfallende Büroarbeiten, Abrechnungspflichten, Materialbeschaffung, Telefonate, Schriftverkehr und Konflikte im Team. Doch nicht immer sind diese Tätigkeiten Schuld an der Stressfalle, sondern die mangelnde Bereitschaft des Arztes, Aufgaben zu delegieren.

Die Überzeugung, alles am bestens selbst erledigen zu müssen, zieht unnötige Ressourcen ab und hinterlässt zudem bei den Mitarbeitern das Gefühl, nicht genügend gefördert zu werden. Viele der Aufgaben, die den Zahnarzt zusätzlich belasten, können durchaus Teammitarbeitern überlassen werden. Kein Dirigent käme auf die Idee, alle Instrumente selbst zu spielen. Genauso wenig muss der Zahnarzt alle Fäden in der Hand haben.

Voraussetzungen
Um erfolgreich zu delegieren ist es nötig, dass der Zahnarzt Zutrauen in die Fähigkeiten seiner Mitarbeiter hat, dass die Aufgaben klar und transparent sind und dass die Arbeitsergebnisse überprüft werden. Da davon auszugehen ist, dass der Zahnarzt in seinem Team Mitarbeiter hat, von deren Fähigkeiten er überzeugt ist, ist der erste Schritt des Vertrauens meist schon getan. In die andere Richtung muss es jedoch auch funktionieren. Sobald die Mitarbeiter das Gefühl haben, mit Fragen und Problemen nicht an den Zahnarzt herantreten zu können, wird die Delegierung kritisch. Vermitteln Sie eine Gesprächsoffenheit, sobald die Mitarbeiter Fragen haben. Besonders in der ersten Zeit muss sich das Team mit den ihm übertragenen Tätigkeiten vertraut machen und braucht Unterstützung.
Die Aufgabe muss zudem klar und deutlich vermittelt werden. Was beinhaltet zum Beispiel die Materialbeschaffung? Was muss wann da sein, welches Ziel soll damit erreicht werden? Was gehört nicht dazu? Soll der Mitarbeiter das zahnärztliche Material organisieren oder auch die Müllbeutel? Je genauer die Aufgaben sind, desto sicherer können Sie erledigt werden. Geben Sie jedoch auch einen gewissen Freiraum für eigene Ideen und Lösungswege der Mitarbeiter, denn so können Sie gegenseitig von ihrem Wissen und ihren Erfahrungen profitieren.
Delegierung bedeutet nicht, dass Sie sich als Führungsperson nicht mehr für das Ergebnis interessieren. Sie müssen das Resultat weiterhin überwachen und positive wie negative Rückmeldungen geben. Schauen Sie, an welchen Punkten noch Klärungsbedarf besteht und finden Sie gemeinsam die beste Strategie. Vielleicht kommt auch heraus, dass die Person mit dieser Aufgabe überfordert ist oder einen anderen Teilbereich besser kontrollieren würde. Nach anfänglichen Schwierigkeiten werden Sie sehen, dass Ihre Mitarbeiter durchaus in der Lage sind, Aufgabenbereiche zuverlässig zu übernehmen und Sie somit zu entlasten.

Konfliktlöser
Auch Konflikte im Team müssen nicht immer direkt an Sie herangetragen werden. Finden Sie mit Ihrem Team zusammen gemeinsame „Unternehmensziele“ und „Leitsätze“. Ist einer dieser Leitsätze zum Beispiel eine Fehlerkultur, in der Probleme und Fehler nicht als negativ angesehen werden, sondern gemeinsam besprochen und gelöst werden können, ist das Gesprächsklima offener. Haben Sie einen Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin, der oder die besonders gut zuhören und schlichten kann? Wieso übertragen Sie dieser Person nicht die offizielle Aufgabe der Ansprechperson in Krisensituationen.
Durch dieses Vorgehen werden Konflikte häufig schon im Anfangsstadium gelöst, da die Scheu, kleine Probleme mit dem Chef zu besprechen eher hoch ist. Schaukelt sich der Konflikt deshalb jedoch erst einmal hoch, bis er „chefrelevant“ ist, kann es schon zu spät sein. Das heißt nicht, dass Sie sich als Vorgesetzter oder als Zahnarzt aus dem menschlichen Miteinander heraushalten sollen. Es bedeutet jedoch, dass Sie nicht der alleinige Schlichter im Team sind.

Delegierungsgespräch
Wie vermitteln Sie Ihrem Mitarbeiter seine Aufgaben, nachdem Sie sich für ihn entschieden haben? Definieren Sie als erstes ihm gegenüber den Auftrag. Fühlt er sich damit überfordert oder ist er in der Lage, die Aufgabe zu übernehmen? Erklären Sie, warum und wozu Sie delegieren wollen, also die Motive und Ziele. Klären Sie alle Rahmenbedingungen und Details, sodass jeder weiß, an welchen Kriterien das Ergebnis gemessen wird. Vermitteln Sie dem Mitarbeiter den anvisierten Zeitrahmen für die Rückmeldung von Zwischen- und Endergebnissen. Sichern Sie weiterhin Ihre Unterstützung zu und bitten Sie darum, bei Problemen frühzeitig informiert zu werden. Erkennen Sie Ergebnisse an und zeigen Sie dem Mitarbeiter, dass er eine wichtige Aufgabe übernimmt und somit das wirtschaftliche und menschliche Ziel der Praxis unterstützt.

 

Fazit
Delegierung von Aufgaben mag anfangs etwas schwierig sein, da besonders Führungspersönlichkeiten dadurch Führungspersönlichkeiten geworden sind, dass sie durch eigenständige Leistung hervorstechen. Es gibt jedoch immer Aufgaben, die mit dem eigentlichen Beruf, hier der Behandlung der Patienten, nichts mehr direkt zu tun haben. Da jedoch keine Praxis ohne bürokratische und zwischenmenschliche Hürden überleben kann, ist es ratsam, diese wichtigen Aufgaben an verantwortungsvolles Personal abzugeben, sodass die Praxis im Miteinander Erfolg erzielen kann.

Autorin: Lea Höfel


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