Psychologie 28.08.2009

Psychologische Schmerzreduktion in der Endodontie



Psychologische Schmerzreduktion in der Endodontie

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Gerade in der Endodontie können Schmerzen während der Behandlung häufig nicht vermieden werden. Akute Entzündungen bei Wurzelkanalbehandlungen oder Nerventzündungen erschweren die Betäubung. Dennoch muss gehandelt werden, sodass der Patient um die schmerzhafte Situation nicht herumkommen wird. Schmerzempfinden ist jedoch nicht nur ein sensorisches, sondern durchaus auch ein psychologisches Phänomen, dem der Zahnarzt auf beiden Wegen entgegentreten kann.

Angst vor Schmerzen ist eine der häufigsten Ursachen für die Angst vor dem Zahnarztbesuch. Die Patienten haben in früheren Situationen Schmerzen während der Behandlung empfunden und möchten nun verständlicherweise den Zahnarzt meiden. Viele Menschen gehen dennoch regelmäßig zum Zahnarzt, andere nur, wenn es unbedingt nötig ist. Handelt es sich um Entzündungen des Zahnnervs oder freiliegende Nerven nach einem Zahnunfall, sind die Schmerzen so groß, dass spätestens dann die meisten den Gang in die Praxis wagen. Endodontischen Behandlungen wird mit Argwohn entgegengesehen, die Schmerzerwartung ist hoch und der Patient befindet sich in einer extremen Stresssituation.


Befürchtungen und tatsächlicher Schmerz

Studien haben gezeigt, dass die Erwartung des Schmerzes vor der Behandlung häufig über dem tatsächlich wahrgenommenen Schmerz während der Behandlung liegt. Jüngere Menschen erwarten und verspüren höhere Schmerzen als ältere. Zahnärzte wiederum scheinen die Befürchtungen und Schmerzen ihrer weiblichen Patienten ernster zu nehmen als die der männlichen. Egal ob Patient oder Patientin, das Verständnis des Zahnarztes entspricht jedoch nicht dem berichteten Schmerz - die Zahnärzte scheinen in dieser Hinsicht wenig empathisch zu sein. Daran sollte der interessierte Zahnarzt arbeiten, da Verständnis für die Sorgen und Empfindungen der Patienten schon einen Teil des Schmerzes nehmen können.


Schmerzreduktion

Die Schmerzen, die während der Behandlung auftreten können, sind sicherlich sensorisch begründbar. Verstärkt wird dieses Empfinden jedoch durch psychologische Einflüsse. Positive Emotionen, Ablenkungsverfahren, Gerüche oder schöne Bilder können das Schmerzempfinden senken.2 Die Grundhaltung ist entspannter und die Aufmerksamkeit wird ein wenig von dem Eingriff genommen. Der Patient bildet sich die angenehmere Behandlung jedoch nicht nur ein. Bildgebende Verfahren haben gezeigt3, dass im Gehirn dieselben Mechanismen zur Schmerzreduktion ablaufen wie bei medikamentöser Behandlung. Der Schmerz wird also durch psychische Einflüsse aktiv ausgeschaltet.


Umsetzung

Was heißt das nun für den Zahnarzt? Die Praxisphilosophie und -gestaltung sollte daraufhin ausgerichtet sein, möglichst positive Emotionen zu wecken. Dies beginnt schon beim Geruch, der bei fast jedem Patienten negative Gefühle hervorruft. Lavendel, Zitrone oder Orangenduft haben einen positiven Effekt auf die Wahrnehmung der Praxis.4 Ruhige Musik im Hintergrund sollte für jeden Zahnarzt umzusetzen sein. Bei sehr starker Angst helfen diese Methoden jedoch wenig, hier müssten Entspannungsverfahren oder gar psychotherapeutische Hilfe in Erwägung gezogen werden.Versuchen Sie, von der Zeitplanung her zu vermeiden, dass Schmerzpatienten im Wartezimmer zusammensitzen. Schon die Erzählung eines „Mitleidenden“ kann das Schmerzempfinden beim Zuhörer erhöhen.

Manch ein Zahnarzt scheut sich davor, den Patienten vor der Behandlung auf die Schmerzen vorzubereiten. Er befürchtet, dass sich die Angst dadurch noch erhöht. Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Angst vor einem bekannten Schmerz ist geringer als die Angst vor dem ungewissen Schmerz. Der Patient ist vor und während der Behandlung ruhiger, zeigt seltener Vermeidungsverhalten und fällt Entscheidungen eher aus logischen Aspekten und weniger aus ängstlichen Erwartungen.

Auch wenn der Zahnarzt der Meinung ist, dass die Schmerzen nicht so groß sein können, sollte er sich das nicht anmerken lassen. Letztendlich ist das Empfinden des Patienten ausschlaggebend für den weiteren Behandlungsverlauf – nicht die Meinung des Zahnarztes. Patient und Zahnarzt werden auf lange Sicht vom reduzierten Schmerzempfinden und der erhöhten Zufriedenheit profitieren.

Eine Literaturliste kann unter E-Mail: zwp-redaktion@oemus-media.de angefordert werden.


Autorin: Dr. Lea Höfel

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