Recht 06.08.2009
Aufhebung der 68-Jahre-Grenze und ihre Auswirkungen
share
Der Bundestag hat das „Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-OrgWG)“ verabschiedet. Eine der wesentlichen Änderungen des Gesetzes betrifft den Wegfall der Altersgrenze für Zahnärzte: diese können künftig auch nach Erreichen des 68. Lebensjahres weiterhin im Rahmen ihrer Niederlassung tätig sein. Diese Freigabe ergänzt die Aufhebung der Regelung, nach der Zahnärzte nur dann eine Zulassung erhielten, wenn sie das 55. Lebensjahr noch nicht erreicht hatten. Diese Altersgrenze wurde bereits im Jahre 2007 abgeschafft.
Nun ist eine weitere Beschränkung der ärztlichen Tätigkeit im Rahmen der Niederlassung gefallen. Bislang verlor der Vertragszahnarzt grundsätzlich seine Zulassung automatisch mit Ende des Kalendervierteljahres, in dem er sein 68. Lebensjahr vollendete. Dies gilt nun nicht mehr. Für den betreffenden Zahnarzt bedeutet dies eine höhere Planungssicherheit und mehr Gestaltungsspielraum bei der Organisation seiner Nachfolge. Hinzu kommt, dass hierdurch Versorgungsprobleme vermieden werden, da die Betreffenden über das 68. Lebensjahr hinaus tätig bleiben können, wenn sie keinen Nachfolger für ihre Praxis finden.
Vollendung des 68. Lebensjahres in 2008
Was ist mit Zahnärzten, die 2008 das 68. Lebensjahr vollenden? Der überwiegende Teil der Vorschriften des neuen Gesetzes tritt zwar erst zum 1. Januar 2009 in Kraft. Der Gesetzgeber hat das Inkrafttreten der Altersgrenzenregelung aber bereits rückwirkend zum 1. Oktober 2008 festgesetzt. Diejenigen Zahnärzte, die im Verlauf des ersten, zweiten oder dritten Quartals 2008 (also zwischen dem 1. Januar 2008 und dem 30. September 2008) das 68. Lebensjahr vollenden, sitzen allerdings zwischen den Stühlen. Ihre Zulassung würde an sich per Gesetz (und den deklaratorischen Bescheid des Zulassungsausschusses) mit Ende des Quartals enden, in welchem sie das 68. Lebensjahr vollenden.
Für die hiervon betroffenen Zahnärzte hat der Gesetzgeber eine Übergangsregelung geschaffen. Vertragsärzte, die im Jahr 2008 – vor dem 1. Oktober 2008 – das 68. Lebensjahr vollendet haben, verlieren nicht automatisch ihre Zulassung. Sie können nach Erklärung gegenüber dem Zulassungsausschuss ihre Tätigkeit vielmehr wieder aufnehmen. Die Zulassung wird in diesem Fall rückwirkend als ruhend fingiert. Damit reicht eine einfache Erklärung, selbst eine Antragsgebühr ist nicht zu zahlen, denn nach Vorgabe des Gesetzgebers war die Zulassung niemals beendet. Damit dürfte die vertragszahnärztliche Tätigkeit auch am Tag nach Abgabe der Erklärung wieder möglich sein. Um Rechtsklarheit herbeizuführen, ob ein nach bisherigem Recht unter die Altersgrenzenregelung fallender Vertragsarzt von der Möglichkeit der Wiederaufnahme seiner Tätigkeit Gebraucht macht, muss er dies gegenüber dem Zulassungsausschuss allerdings bis spätestens 31. März 2009 erklärt haben.
Unabhängig davon muss der Vertragszahnarzt, der seine Praxis wegen der (nun aufgehobenen) Altersgrenze schon veräußert hat, natürlich etwaige Regelungen im Kaufvertrag (z.B. die Konkurrenzschutzklausel) beachten. Der Praxisnachfolger achtet in der Regel darauf, eine wirksame Konkurrenzschutzklausel in den Praxiskaufvertrag aufzunehmen. Eine solche Klausel untersagt es dem Praxisabgeber, sich für eine bestimmte Zeit nach dem Verkauf der Praxis in einem bestimmten Bereich niederzulassen und so in direkte Konkurrenz zu dem Praxisnachfolger zu treten. Verstößt der Praxisabgeber gegen das vereinbarte Niederlassungsverbot, kann dem Praxisnachfolger – sofern wirksam vereinbart (dies müsste der Praxisabgeber prüfen) – ein Anspruch auf Zahlung einer Vertragsstrafe zustehen. Alternativ zur Vertragsstrafe steht dem Praxisnachfolger ein Anspruch auf Unterlassung gegen seinen Konkurrenten zu, der gegebenenfalls im Wege einer einstweiligen Verfügung durchgesetzt werden kann.
Vollendung des 68. Lebensjahres vor 2008
Was ist mit Zahnärzten, die vor 2008 das 68. Lebensjahr vollenden? Für diejenigen Zahnärzte, die vor 2008 aufhören mussten, kommt nur eine Wiederaufnahme der Tätigkeit (Neugründung) in Betracht. Der Zahnarzt, der dennoch als Vertragszahnarzt weiterpraktizieren möchte, kann beim Zulassungsausschuss einen Antrag auf erneute Zulassung stellen. Diese bekommt er, da für den zahnärztlichen Bereich keine Zulassungssperren angeordnet sind.
Berufsausübungsgemeinschaften
Noch ungeklärt ist die Frage, was mit Berufsausübungsgemeinschaften geschieht, in welchen ein oder mehrere Mitglieder im Verlauf des Jahres 2008 das 68. Lebensjahr vollendet haben. Nach der Zulassungsverordnung für Vertragsärzte bedarf die Berufsausübungsgemeinschaft der vorherigen Genehmigung des Zulassungsausschusses. Diese Genehmigung ist statusbegründend und kann nicht rückwirkend erteilt werden. Hat also ein Mitglied einer Berufsausübungsgemeinschaft im Verlauf des Jahres 2008 das 68. Lebensjahr vollendet und sind hierdurch die Voraussetzungen für eine Berufsausübungsgemeinschaft entfallen, kann diese ggf. nicht rückwirkend fingiert werden. Um Schwierigkeiten, etwa in den Bereichen Abrechnung oder Honorarverteilung zu vermeiden, sollten die davon betroffenen Berufsausübungsgemeinschaften möglichst schnell mit den KZVen sprechen.
Auswirkungen in der Praxis
Auch für den jüngeren Zahnarzt eröffnet die Gesetzesänderung eine interessante Perspektive. Die Anstellung von älteren Kollegen – unter Beachtung der Präsenspflicht – ist nun ohne Weiteres möglich und mit Blick auf das Patientenklientel „ältere Patienten“ ggf. sogar wünschenswert. Zudem muss der Arbeit gebende Zahnarzt aufgrund des Alters des Kollegen kaum die Sorge haben, dass der Angestellte kündigt und wieder in die konkurrierende Selbstständigkeit wechselt.
Seitenanfang