Recht 28.02.2011
Honorarrückerstattung – die unendliche Geschichte
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In diesem Fall (Urteil vom 22. April 2010, AZ 22 U 153/08) suchte die Klägerin, die selbst Zahnärztin ist, die Praxis des beklagten Zahnarztes auf, um sich prothetisch auf Zirkoniumbasis neu versorgen zu lassen.
Vereinbart wurde für diese Behandlung ein Honorar von 12.000 Euro. Die Klägerin war mit der Behandlung nicht zufrieden und teilte dem Beklagten Ende Juni 2004 mit, dass sie diesbezüglich enttäuscht sei und sich für eine alternative Neuanfertigung entschieden habe. Sie zahlte zunächst das Honorar, forderte es aber aufgrund eines zahnärztlichen Gutachtens wieder zurück, denn auf Grundlage dessen sei der eingegliederte Zahnersatz mangelhaft gewesen. Unter anderem wären zu wenige Zahnkontakte bei der Okklusion vorhanden.
Schon in der ersten Instanz unterlag die Klägerin vor dem Landgericht Darmstadt, da die Leistungen des Zahnarztes nicht ohne jegliches Interesse der Klägerin gewesen seinen. Sie habe auch die Behandlung abgebrochen, obgleich eine Nachbesserung vom Beklagten hätte durchgeführt werden können. Zu einer solchen sei dem Beklagten keine Zeit eingeräumt worden. Gestützt wurde die Entscheidung des Landgerichts auf ein Sachverständigengutachten.
Fehler führt nicht automatisch zum Wegfall des Honoraranspruchs
Das OLG Frankfurt am Main schloss sich der vorinstanzlichen Entscheidung an. Denn es sei keine Rechtsgrundlage gegeben, um die 12.000 Euro zurückzuerhalten. Das Gericht gab an, dass das gezahlte Honorar nicht allein deshalb zurückzuzahlen ist, weil ein Behandlungsfehler vorliegt, der qualitativ einer Nichterfüllung des Behandlungsvertrages gleichkommt. Vielmehr komme ein Rückzahlungsanspruch nur infrage, wenn die Voraussetzungen einer auf diese Rechtsfolge gerichteten gesetzlichen Anspruchsgrundlage vorlägen, was hier nicht der Fall ist.
In derartigen Fällen können sich die Kläger auf verschiedene Grundlagen stützen: zum einen kann ein Anspruch auf ungerechtfertigte Bereicherung nach § 812 Abs.1 Satz 1 BGB bestehen. Dieser sei aber nicht gegeben, da der Rechtgrund, der zur Honorarzahlung verpflichtet, nicht weggefallen sei. Bei dem Vertrag zwischen den Zahn-/Arzt und den Patienten handelt es sich nämlich um einen Dienstvertrag. Dabei erlangt der Arzt den Honoraranspruch nicht erst dann, wenn er den Patienten erfolgreich behandelt hat, sondern er verdient sein Honorar schon durch sein bloßes Tätigwerden. Der Behandlungsfehler führt dann nicht automatisch zu einem Wegfall des Honoraranspruchs. Auch wenn die Behandlungsleistung des Zahnarztes generell geeignet sein müsse, den angestrebten Erfolg zu erreichen, schulde der Zahnarzt nicht den Erfolg seiner zahnärztlichen Bemühungen, denn in der Regel könne und wolle der Zahnarzt für den Erfolg der Behandlung nicht garantieren. Deshalb scheide auch eine Zweckvereinbarung zwischen Zahn-/Arzt und Patient aus.
Eine weitere Möglichkeit des Patienten wäre, wenn er vom Vertrag mit dem Zahn-/Arzt zurücktreten würde nach § 346 Abs.1 BGB. Die Vorschrift könne jedoch gesetzlich nicht unmittelbare angewendet werden und ein Rücktritt wurde auch zwischen beiden Parteien nicht vereinbart. Darüber hinaus gibt es im Dienstvertragsrecht kein spezielles gesetzliches Rücktrittsrecht. Auch kann ein solcher Anspruch nicht aus § 628 BGB (Teilvergütung und Schadensersatz) hergeleitet werden. Denn es fehlte an einer Kündigung vonseiten der Klägerin. Zwar hat sie keine weiteren Nachbesserungen vom Beklagten gefordert, jedoch habe sie die Behandlung als beendet erachtet, sodass man aus diesem Verhalten nicht auf eine Kündigung schließen kann. Würde man eine Kündigung annehmen, so wäre diese gleichwohl unwirksam, da dem beklagten Zahnarzt kein schwerwiegender Vertragsverstoß nachgewiesen werden kann. Laut dem Sachverständigengutachten hatte die Klägerin keinerlei körperliche Beschwerden.
Auch kann die Klägerin das an den Beklagten gezahlte Honorar von 12.000 Euro nicht im Wege von Schadensersatz zurückfordern. Denn eine Nacherfüllung in Form, den vorhandenen Zahnersatz im Oberkiefer nachzubearbeiten, wurde nicht durchgeführt. Die Patientin hat nämlich den Zahnarzt zur Nacherfüllung von sich aus nicht aufgefordert, was sie eigentlich hätte machen müssen. Da die Klägerin erst nach Wochen sich an andere Zahnärzte gewandt hatte, hätte sie keinerlei Nachteile erfahren, wenn sie dem beklagten Zahnarzt eine Frist zur Nachbesserung gewährt hätte. Hinzu kommt noch, dass das gezahlte Honorar keinen zu ersetzenden Schaden darstellt. Denn im Falle eines Behandlungsfehlers ist der Patient hinsichtlich des materiellen Schadensersatzes vermögensmäßig so zu stellen, als wäre kein Behandlungsfehler eingetreten. Dies führt nicht zur Rückzahlung des Honorars.
Rechtsposition der Zahnärzte gestärkt
Das Urteil stärkt die Rechtsposition der Zahnärzte gegenüber den Patienten und ist auch folgerichtig. Denn dem behandelnden Zahnarzt muss auf alle Fälle zuerst die Option eingeräumt werden, mögliche Nachbesserungen selbst durchführen zu können. Ob dieser, für den juristischen Laien nicht leicht zu verstehenden Fall, vor den BGH neu verhandelt wird, bleibt abzuwarten. Falls dies eintritt, ist dann fraglich, ob er sich der Entscheidung des OLG anschließt. Denn nach bisheriger Rechtsprechung des BGH verfolgt er einen etwas anderen Lösungsansatz.
Autorin: Karin Gräfin von Strachwitz-Helmstatt