Recht 27.03.2012
Jederzeitige Stornomöglichkeit bei Arztterminen?
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Interessant ist eine Entscheidung des Amtsgerichts (AG) Bremen vom 09.02.2012 (9 C 0566/11), wonach ein Patient den mit einer Arztpraxis telefonisch vereinbarten Termin jederzeit stornieren kann, ohne hierfür eine Vergütung zu schulden.
In dem konkreten Fall stornierte eine Patientin einen zuvor telefonisch vereinbarten Praxistermin kurzfristig, worauf der Arzt ein Ausfallhonorar in Höhe von 300,00 Euro einforderte. Nach Auffassung der Bremer Richter steht dem Arzt kein Vergütungsanspruch gemäß den §§ 611, 615 BGB zu. Ein Patient, der mit einer Arztpraxis einen Termin vereinbart habe, könne diesen jederzeit stornieren, ohne dass er dem (nicht)behandelnden Arzt eine Vergütung schulde. Die Vergütungspflicht nach § 615 BGB setze bereits nach dem Wortlaut der Norm ein bestehendes Vertragsverhältnis, typischerweise ein Dauerschuldverhältnis voraus, in dessen Rahmen ein vertraglich festgelegter Termin vom Dienstberechtigten nicht wahrgenommen werde. Schließlich werde die Annahme einer Vergütungspflicht bei Stornierung oder Nichtwahrnehmung reservierter Dienstleistungen anderer Art (Friseur, Theater, Kino etc.) - soweit ersichtlich - zu Recht nicht vertreten. Warum für Arzttermine etwas anderes gelten solle, sei nicht ersichtlich. Terminabsprachen hätten für sich genommen einen bloß organisatorischen, aber nicht rechtsverbindlichen Inhalt. Im Übrigen wäre die über Rückenschmerzen klagende Patientin nach § 627 BGB berechtigt gewesen, einen etwaigen Vertragsabschluss jederzeit zu kündigen. Eine Terminstornierung sei im Zweifel als außerordentliche Kündigung auszulegen, wobei auch kein Schadensersatzanspruch wegen enttäuschten Vertrauens in das zukünftige Zustandekommen des Behandlungsvertrags bestünde.
Bewertung
Hinsichtlich des Ausfallhonorars in einer Arzt- und Zahnarztpraxis gibt es zwischenzeitlich eine umfangreiche Rechtsprechung. Ein Ausfallhonorar kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Arzt / Zahnarzt eine durchorganisierte Bestellpraxis führt, ein „Leerlauf" in der Praxis entsteht, der sich nicht umgehen lässt und mit dem Patienten eine bestimmte Zeit für die Behandlung vereinbart wurde. Es ist ratsam mit dem Patienten eine Vereinbarung zu treffen, wonach dieser verpflichtet ist, dass ein Ausfallhonorar zu zahlen, wenn er am Behandlungstermin ohne rechtzeitige Information nicht erscheint.
Kazemi & Lennartz Rechtsanwälte, Bonn, Newsletter I-03-12