Recht 03.12.2009

Kickbackvereinbarungen können Zahnärzten teuer zu stehen kommen



Kickbackvereinbarungen können Zahnärzten teuer zu stehen kommen

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Rabattvereinbarungen mit Auftraglabors (Kickbacks) können nach der neuesten Rechtsprechung Zahnärzte teuer zu stehen kommen. Dies kann vor allem dann der Fall sein, wenn der Zahnarzt in voller Höhe bei der Krankenkasse oder den Patienten abrechnet. Es droht dann neben strafrechtlichen und berufsrechtlichen auch zivilrechtliche Konsequenzen in Form von Schadensersatz.

In einem Fall, den das Sozialgericht Düsseldorf zu entscheiden hatte (Urteil vom 25.2.2009, Az. S 2 KA 29/08), bezog der beklagte Zahnarzt Zahnersatz von einem Dentallabor. Hierfür vereinbarten beide Parteien zuvor ein Rabattsystem, welches der Zahnarzt zusammen mit einem Außendienstmitarbeiter des Labors ausgehandelt hatte. Danach bezahlte der beklagte Zahnarzt zunächst die Rechnungen des Labors in vollem Umfang. Erst nachträglich erhielt er umsatzbezogene monatliche Rückvergütungen (sogenannte Kickbacks) in Höhe von 30 bzw. 25 Prozent der Nettobeträge. Trotzdem ließ er von seinen Angestellten die Behandlungskosten mit der zuständigen KZV Nordrhein und/oder – soweit es Eigenanteile oder Privatleistungen betraf – mit den Patienten abrechnen und die Rechnungen einer gesetzlichen Krankenversicherung zur Erstattung vorlegen. Die mit dem Dentallabor vereinbarten Rückvergütungen wurden hierbei verschwiegen. Dies führte dazu, dass die Sachbearbeiter der KZV Nordrhein und die Patienten, die die Rechnungen bezahlten, irrtümlicherweise davon ausgingen, die in den Rechnungen angegebenen Preise für den Zahnersatz seien tatsächlich vom Zahnarzt verauslagt worden. Sie erstatteten ihm daher die von ihm angegebenen Ausgaben. Insgesamt konnte der Zahnarzt nach den Ermittlungen der KZV Nordrhein durch dieses Rabattsystem einen Mehrbetrag von 132.761 Euro einnehmen, wovon der Anteil der klagenden Krankenkasse etwa 37.000 Euro betrug. Sie machte diesbezüglich nunmehr Schadensersatz in dieser Höhe aus unerlaubter Handlung gegen den Zahnarzt geltend. Zur Begründung führte sie an, dass sie bei korrektem Abrechnungsverhalten nur die Preise nach den sogenannten „Standardpreislisten“ des Dentallabors zu zahlen gehabt hätte. Stattdessen habe sie aufgrund des gemeinsamen Zusammenwirkens zwischen dem Zahnarzt und den Verantwortlichen des Dentallabors die überhöhten Preise nach dem sogenannten „Komforttarif“ beglichen, obwohl die Leistungen beider Tarife vollständig gleich gewesen seien und der „Komforttarif“ lediglich der Täuschung gedient habe.

Rabatte müssen weitergegeben werden
Wegen dieses Abrechnungssystems verurteilte das Gericht den Beklagten zu einer Zahlung von 55.553,13 Euro Schadensersatz. Das Urteil ergebe sich aus §§ 823 Abs. 2 BGB, 263 StGB, 830 BGB in Verbindung mit § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V, so die Richter. Zuvor war der Zahnarzt schon von einem anderen Gericht in einem Strafverfahren wegen Betrugs zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung verurteilt worden. Ferner wurde ihm die vertragszahnärztliche Zulassung mit Beschluss des Zulassungsausschusses entzogen.

Das Gericht begründete seine Entscheidung damit, dass die klagende Krankenkasse nur zur Erstattung von Kosten in solcher Höhe verpflichtet war, wie sie tatsächlich entstanden waren. Denn die Kosten nach der BEL II-Liste stellen nur die maximal abrechnungsfähigen Höchstpreise dar, die ein Dentallabor berechnen darf. Wie schon im Urteil (Az. L 11 KA 11/08) des Landessozialgerichts NRW vom 28.5.2008 ausgeführt, sei für jedermann der allgemeine Rechtsgrundsatz evident. Danach müssen als Aufwendungen geltend gemachte Beträge tatsächlich entstanden sein. Beträge, die man hingegen im Endergebnis nicht zu tragen hat, sind nicht als Aufwendungsersatz erstattungsfähig. Dies ergibt sich auch anhand der Regelungen des § 3 Abs. 1 RVO – Gesamtvertrag Nordrhein in Verbindung § 667 BGB.

Somit hatte der beklagte Zahnarzt die Verpflichtung, die nachträglich erhaltenen Rückzahlungen an die Krankenkassen und an die Patienten weiterzugeben. Dies gilt ungeachtet dessen, dass es ihm auch oblegen hatte, von Anfang an die getroffenen Rabattvereinbarungen offenzulegen, anstatt auf seinen Abrechnungen gegenüber der KZV Nordrhein zu bestätigen, nur tatsächlich anfallende Kosten in Rechnung gestellt zu haben.

Mithilfe der sogenannten Differenzhypothese lässt sich der Schaden, der der Krankenkasse entstanden ist, ermitteln. Nach dieser stellt der Schaden die Wertdifferenz zwischen der tatsächlichen, durch das schädigende Ereignis (mit-)geschaffenen, und der hypothetischen Vermögenslage dar, die stünde, wenn das schädigende Ereignis hinweggedacht wird (ständige Rechtsprechung des BGH). Hätte der Zahnarzt rechtmäßig abgerechnet, so wären sowohl die ihm zugegangenen Kickback-Rabatte als auch die Gewinnanteile für das Dentallabor nicht entstanden. Es entspricht der Lebenserfahrung, dass bei einer gesetzlichen Krankenkasse überschüssige Gelder als Tagesgelder angelegt bzw. fehlende als Kredit aufgenommen werden (vgl. BSG, Urteil vom 13.3.1997, Az. 12 RK 11/96).

Zweifelhafter Gewinn vs. wirtschaftliche Existenz
Das Urteil zeigt einmal mehr auf, welche Folgen resultieren können, wenn bewusst gegen das Abrechnungssystem verstoßen wird. Es kann dabei nicht von einer Gutgläubigkeit der handelnden Personen ausgegangen werden. Auch im Falle der Unwissenheit ist es empfehlenswert, sich um rechtlichen Rat zu bemühen, bevor man auf zweifelhafte Angebote Dritter aufspringt. Denn andernfalls kann damit die wirtschaftliche Existenz ruiniert werden. Dieses Risiko dürfte der zweifelhafte Gewinn aber häufig nicht annähernd wert sein.

Autorin: Karin Gräfin von Strachwitz-Helmstatt


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