Recht 06.08.2024

Praxisverkauf an Investoren: Wie ist der aktuelle Stand?



Praxisverkauf an Investoren: Wie ist der aktuelle Stand?

Foto: Häuserillustrationen: © veekicl, Greifarm: © Engel73 – stock.adobe.com

Über kein Thema im Dentalmarkt wurde in den letzten Jahren so viel geschrieben und noch mehr diskutiert: Der Ankauf von Praxen durch Investoren. Im Jahr 2015 ermöglichten rechtliche Änderungen durch das GKV-Versorgungsstärkungsgesetz die Gründung zahnärztlicher MVZ. Was folgte, war die Erschließung des Marktes durch Investorengruppen, die bereits spätestens seit Beginn des Jahres 2018 eine enorme und ab dann stetig ansteigende Präsenz im zahnärztlichen Praxisgeschehen entwickelten. Doch wie ist der Stand heute, knapp zehn Jahre nach erstmaliger Ermöglichung des Praxisverkaufs an Investoren? Der Beitrag entwirft ein aktuelles Bild.

Das Thema erhitzt nach wie vor auf der einen Seite so mancherlei Gemüt, auf der anderen Seite hat eine große Zahl an Zahnärzten von der Entwicklung stark profitiert. Nach wie vor fragen sich Praxisabgeber, ob es sich noch lohnt, Kontakt zu potenziellen Käufergruppen aufzunehmen, um die eigene Praxis vielleicht doch noch lukrativ in professionelle Hände abgeben zu können. Dabei hat sich in den letzten Jahren eine Menge getan: Die Coronapandemie war für viele Praxen ein Einschnitt und auch die institutionellen Anleger landauf, landab hatten mit der Pandemie zu kämpfen. Nicht wenige Gruppen verhängten einen viele Monate andauernden Ankaufstopp für neue Praxen und konzentrierten sich zunächst darauf, die eigene bis dahin aufgebaute MVZ-Gruppe mit Bordmitteln zu stärken. Der Krieg in der Ukraine und die damit im Zusammenhang stehende Zinsentwicklung führte zu weiteren Herausforderungen, für die von den Investorengruppen verfolgte sogenannte Buy-and-build-Strategie im dentalen Praxismarkt.

Veränderte Preispolitik

Corona, Krieg, kriselnde Wirtschaftslage – manch eine im Aufbau befindliche MVZ-Kette hat dies nicht überlebt. Andere gingen gestärkt daraus hervor. Was alle institutionellen Käufergruppen im Dentalmarkt jedoch gemein hatten, war eine veränderte Preispolitik: Die Preise fielen. Bezahlten große, durchaus seriöse Investoren zu Beginn der Deregulierung im Dentalmarkt für sehr gute Praxen („Leuchttürme“) noch teilweise das Acht- bis Zwölffache des durchschnittlichen bereinigten Jahresgewinns (in Einzelfällen auch mehr), so sind diese Faktoren rapide gesunken. Dennoch ist es bei ertragsstarken und auch ansonsten gut aufgestellten Praxen auch heute noch möglich, mit Faktoren grob zwischen drei und fünf immer noch einen wesentlich höheren Kaufpreis zu erzielen als beim klassischen Praxisverkauf an zahnärztliche Kollegen.

Praxiskauf mit stärkerer Differenzierung

Es werden also weiterhin Praxen gekauft, aber stärker ausdifferenziert, für realistischere Marktpreise und durch weniger Ketten. Auch zeigt sich, dass bestehende MVZ-Gruppen zunehmend den Fokus darauf legen, die vorhandenen regionalen Cluster zu stärken und auszubauen und nicht unbedingt bestrebt sind, Gebiete, in die deren Kette noch nicht durch Ankäufe vorgedrungen ist, neu zu erschließen.

Regulierungsideen

Grund dafür mögen auch die in der aktuellen politischen Diskussion stehenden Bestrebungen sein, die von Fremdkapital getragenen zahnärztlichen MVZ weiter gesetzlich zu regulieren. Dabei werden diverse Regulierungsaspekte kontrovers (und nicht nur im zahnärztlichen, sondern auch im humanmedizinischen Bereich) von unterschiedlichsten Playern im Gesundheitswesen – sei es die Bundes(zahn)ärztekammer oder die KV Bayern – diskutiert. Diese Regulierungsideen umfassen beispielsweise die Einführung eines MVZ-Transparenzregisters, die räumliche Beschränkung der Gründung von MVZ auf einen bestimmten Radius rund um das Trägerkrankenhaus (beispielsweise 50 km), das Erfordernis eines fachlichen Bezugs des Krankenhauses zu dessen MVZ, der Wegfall der Möglichkeit des Verzichts zugunsten der Anstellung im MVZ bis hin zur Begrenzung von Marktanteilen.

Weitere Rechtsprechung steht noch aus

Was am Ende des Gesetzgebungsprozesses aus der Vielzahl an politisch diskutierten Maßnahmen zur weiteren Regulierung übrig bleibt und tatsächlich in geltendes Recht gegossen wird, bleibt abzuwarten. Möglicherweise bleibt auch bei dieser Reform nicht allzu viel übrig, da sich die Stimmen mehren, die eine noch weitergehende Regulierung des Marktes an dieser Stelle für teilweise verfassungswidrig erachten.

Alternative zu Investorengruppen

Was sich bei alldem abzeichnet, ist die Tendenz zur Gründung kleinerer, lokaler MVZ-Gruppen vor Ort. So haben nicht nur von Fremdkapital getragene Investorengruppen die neuen gesetzlichen Möglichkeiten, die das Institut MVZ bietet, genutzt, sondern auch findige Vertragszahnärzte konnten nach und nach durch geschickte Expansion kleinere Praxisimperien aufbauen. Diese lokalen „Ketten“, meist in der Form einer sogenannten überörtlichen MVZ-Berufsausübungsgemeinschaft (MVZ-üBAG) organisiert, sind für Praxisabgeber eine echte professionelle Alternative zu den bundesweit agierenden Investorengruppen.

Fazit

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Probleme, die der Praxisverkauf an Investoren für viele Zahnärzte gelöst hat – sei es die schwierige Suche nach einem Nachfolger oder die Personalbeschaffung – nicht verschwunden sind. Und so ist auch der Verkauf der Praxis an institutionelle Anleger nach wie vor möglich und als solcher auch wirtschaftlich immer noch attraktiver als der klassische Verkauf an zahnärztliche Kollegen. Natürlich ist der Verkauf der eigenen Praxis keine rein ökonomische Entscheidung. Daher ist zu bedenken, dass sicher der ein oder andere Zahnarzt von Berichten über Investorengruppen, bei denen die Qualität leiden könnte – seien diese im Einzelfall zutreffend oder nicht –, abgeschreckt sein mag. Es gilt, eine differenzierte Entscheidung zu treffen. Wer sich dennoch dazu entschließt, an einen institutionellen Käufer zu verkaufen, muss heutzutage etwas genauer suchen, denn solche Käufer zu finden, ist schwerer geworden, aber bei Weitem noch nicht unmöglich.

Dieser Artikel ist in der ZWP Zahnarzt Wirtschaft Praxis erschienen.

Mehr News aus Recht

ePaper