Recht 28.02.2011
Rechtsquiz zur Zahnarztwerbung
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Kaum ein Rechtsgebiet ist so dynamisch wie das zahnärztliche Werberecht. Was gestern noch als berufswidrige Werbung galt, regt heute schon niemanden mehr auf. Doch wie liberal ist das Werberecht inzwischen wirklich? Und wo liegen die hartnäckigsten Irrtümer? Bringen Sie Ihr Wissen hier – vorläufig – auf den neuesten Stand.
Zulässigkeit von Werbung
1. Dürfen Zahnärzte werben?
A Zahnärzte betreiben kein Gewerbe. Daher ist ihnen jede Art von Werbung untersagt, hiervon ausgenommen ist das eigene Praxisschild.
B Zahnärzten ist nicht jede, sondern nur berufswidrige Werbung untersagt, wobei als berufswidrig insbesondere eine anpreisende, irreführende oder vergleichende Werbung gilt.
C Zahnärzte unterliegen mittlerweile keinen berufsständischen Werbeverboten mehr, es gelten die auch von Kaufleuten zu beachtenden wettbewerbsrechtlichen Beschränkungen.
D Im Bereich der Zahnarztwerbung ist heute nur noch die Informationswerbung im Internet unzulässig.
2. Worauf müssen werbende Zahnärzte im Unterschied zu werbenden Ärzten in besonderem Maße achten?
A Auf (fast) nichts. Die berufsrechtlichen Regeln für Zahnarztwerbung und das sonstige Auftreten von Zahnärzten im Wettbewerb entsprechen im Wesentlichen den für Ärzte geltenden Regeln.
B Auf einiges. Die besondere Wettbewerbssituation von Zahnärzten untereinander rechtfertigt es nach Ansicht der Berufsgerichte, die Grenzen der erlaubten Außendarstellung weiter zu ziehen als bei der Arztwerbung.
C Zahnarzt- und Arztwerbung unterscheiden sich jedenfalls dadurch, dass Ärzte die Führung von Bezeichnungen nach der Weiterbildungsordnung auf ihren Praxisschildern stets angeben dürfen, Zahnärzte dagegen nur ausnahmsweise.
D Zahnärzten drohen im Falle berufswidriger Werbung höhere Bußgeldzahlungen als Ärzten, weil Zahnärzte in der Regel über höhere Einkünfte verfügen.
Werbung auf Praxisschildern
3. Was darf aufs Praxisschild?
A Zugelassen sind an sich nur Bezeichnungen nach der Weiterbildungsordnung, „geduldet“ werden darüber hinaus inzwischen aber Bezeichnungen jeglicher Art.
B Angegeben werden darf die Führung von Bezeichnungen nach der Weiterbildungsordnung sowie sonstige von den Kammern zugelassene Gebiets-, Teilgebiets- und Zusatzbezeichnungen.
C Folgende Angaben sind zulässig: Bezeichnungen nach der Weiterbildungsordnung, Erwähnung von den Kammern zugelassener Gebiets-, Teilgebiets- und Zusatzbezeichnungen, wahrheitsgemäße Hinweise auf sonstige Betätigungsfelder.
D Da Praxisschilder nicht mehr als „Werbung“ gelten, sind alle der oben genannten Beschränkungen inzwischen obsolet.
Sachlichkeitsgebot
4. Nach dem Sachlichkeitsgebot in der Zahnarztwerbung darf der Zahnarzt …
A … lediglich „nüchterne Fakten“ für seine Werbung benutzen, sog. Sympathiewerbung ist ihm demgegenüber nicht gestattet.
B … den Informationscharakter seiner Werbung nicht durch unsachliche Anpreisungen in den Hintergrund drängen, was Formen der sog. Sympathiewerbung aber andererseits nicht ausschließt.
C … unsachliche Argumente nicht für Werbezwecke bemühen, jedoch ist das Sachlichkeitsgebot zwischenzeitlich aufgegeben worden, weshalb sich die Frage nicht mehr stellt.
D … seine Leistungen nicht mit der Leistung anderer Zahnärzte in Bezug setzen (sog. vergleichende Werbung).
5. Die Abbildung eines „Kussmunds“ in der Zahnarztwerbung …
A … ist albern, anstößig und ungeachtet aller Liberalisierung im zahnärztlichen Werberecht aus guten Gründen weiterhin unzulässig.
B … ist eine witzige, innovative und letztlich überzeugende Form der Zahnarztwerbung die unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt Probleme aufwirft.
C … macht die Zahnarztwerbung nicht per se unzulässig, jedoch kann sich die Unzulässigkeit der „Kussmund“-Werbung weiterhin aus anderen Gründen ergeben (z.B. Häufigkeit und Aufdringlichkeit der Werbung).
D … ist nur im Bereich der sog. Dentalästhetik bzw. bei Implantaten und auch dort nur außerhalb des Internets zulässig, während diese Form der Werbung im Bereich allgemeiner zahnärztlicher Leistungen vermieden werden muss.
6. Der Hinweis auf eine Behandlung „in ruhiger Atmosphäre“ bei der zahnärztlichen Behandlung …
A … ist grundsätzlich zulässig, da dieser Hinweis die Grenzen der Sachlichkeit nicht überschreitet.
B … ist generell unzulässig, da auf diese Weise in unsachlicher Weise suggeriert wird, dass alle anderen Zahnärzte hektisch oder Pfuscher seien.
C … ist bereits deshalb unzulässig, weil Zahnärzte ungeachtet der auf Praxisschildern erlaubten Angaben (siehe oben) lediglich über Öffnungszeiten, Ansprechpartner und Betriebsferien informieren dürfen.
D … ist schon deshalb „zulässig“, weil er im Rechtssinne gar keine „Werbung“ darstellt.
Werbemedien
7. Zahnarztwerbung einer Zahnarzt-GmbH in der Zeitschrift „auto motor und sport“ …
A … ist ebenso zulässig wie die Zahnarztwerbung in anderen Medien, soweit sie interessengerecht und sachangemessen erfolgt.
B … ist generell unzulässig, da dem Zahnarzt die Werbung in sog. Publikumszeitschriften grundsätzlich versagt ist.
C … ist dann zulässig, wenn sie ihrer Aufmachung nach nicht so sehr „Werbung“, sondern vielmehr Public Relations-Inhalte transportiert, weil hierfür andere Regeln gelten.
D … bedient das Klischee vom „reichen Zahnarzt“ und verstößt deshalb gegen das Antidiskriminierungsrecht.
8. Wann ist Printwerbung zulässig?
A Es gelten die allgemeinen Grundsätze. Anzeigen müssen danach insbesondere im Hinblick auf Format, grafische Gestaltung, Häufigkeit der Veröffentlichung und ihre Werbeaussage angemessen sein.
B Zulässiger Anzeigeninhalt ist grundsätzlich nur, was auch auf dem Praxisschild gestattet ist.
C Für den Einzelzahnarzt stellen Anzeigen eine berufswidrige Werbung dar, weil ihm zu Werbezwecken nur Praxisflyer, Terminzettel und kleinere Werbegaben (z.B. Kugelschreiber) erlaubt sind.
D Printwerbung mit lokalem Bezug ist für den Zahnarzt zulässig, überörtlich ausgerichtete Anzeigen müssen demgegenüber ausscheiden.
9. Was gilt im Internet?
A Das bereits zur Printwerbung Gesagte. Die Wahl des Mediums Internet rechtfertigt es nicht, die Grenzen für die erlaubte Außendarstellung von Zahnärzten enger zu ziehen.
B Ein strengerer Maßstab. Da Werbung im Internet eine praktisch unbegrenzte Reichweite hat, ist der Zahnarzt darin auf sogenannte Informationswerbung beschränkt.
C Internetwerbung ist für Zahnärzte weiterhin unzulässig.
D Internetwerbung ist dann zulässig, wenn sie sich auf eine Online-Ausgabe des Praxisschilds beschränkt.
Werbung von Dritten
10. Die Anbringung eines „Werbespiegels“ im Wartezimmer des Zahnarztes, auf den Zeichnungen, Bilder und Texte werbenden Inhalts projiziert werden …
A … ist unzulässig, weil „Wartezimmerwerbung“ dem Zahnarzt ausnahmslos untersagt ist.
B … ist wohl (nur) dann zulässig, wenn die Werbeinhalte nach Form und Inhalt im Übrigen nicht berufswidrig erscheinen, also auch vom Zahnarzt selbst stammen dürften.
C … ist generell zulässig, da es sich nicht um Zahnarzt-, sondern um Drittwerbung handelt.
D … ist zulässig, soweit die Werbeinhalte einen wenigstens losen Bezug zum zahnärztlichen Bereich aufweisen.
Werbung mit „Gütesiegeln“
11. Darf ein Zahnarzt mit dem Logo eines Franchiseunternehmens werben, das schlagwortartig auf die Einhaltung geprüfter Qualitäts- und Behandlungsstandards hinweist?
A Ja, denn es handelt sich dabei ja nicht um originäre Zahnarztwerbung.
B Nein, denn es ist dem Zahnarzt nicht gestattet, seine Berufsbezeichnung für gewerbliche Zwecke zu verwenden („Fremdwerbungsverbot“).
C Ja, wenn die Standards jedenfalls nicht unter den gesetzlichen Anforderungen liegen und eine Überprüfung des Inhalts der Standards durch die Zahnärztekammer durch Vorlage einer Dokumentation der Maßnahmen bei Bedarf erfolgen kann.
D Ja, wenn die entsprechenden Standards von der Kassenzahnärztlichen Vereinigung zertifiziert sind.
Auflösung: So ist es richtig! Die „richtigen“ Antworten beruhen auf Entscheidungen der Rechtsprechung, die erfahrungsgemäß einem raschen Wandel unterliegt und Gegenstand teils heftiger Kritik in der Literatur ist. Einige Entscheidungen sind darüber hinaus vereinzelt geblieben, sodass deren Beständigkeit in besonderer Weise unsicher erscheint. 1. B) (Zahnarztwerbung) 2. A) (Zahnarzt-/Arztwerbung) 3. C) (Praxisschild), vgl. etwa BVerfG NJW 2001, 2788 ff. 4. B) (Sachlichkeitsgebot), z.B. BGH GRUR 2004, 164 ff. 5. C) (Kussmund), zuletzt u.a. OLG Hamm GRUR-RR 2005, 396 6. A) (Ruhige Atmosphäre) 7. A) (auto motor und sport), instruktiv: BVerfG, Beschl. v. 26.09.2003, Az. 1 BvR 1608/02 8. A) (Printwerbung) 9. A) (Internet), u.a. BVerfG MMR 2002, 159; GRUR 2003, 966 10. B) (Werbespiegel), so im Ergebnis VG Münster NJW-RR 1999, 265 11. C) (Gütesiegel), instruktiv: BVerwG GesR 2010, 33 |
Autoren: FA, MedR Norman Langhoff, LL.M., RA Niklas Pastille