Statements 21.02.2011

"Freiberuflichkeit und Zahnärzte: Wichtiger denn je"

"Freiberuflichkeit und Zahnärzte: Wichtiger denn je"

Foto: © Ärztekammer des Saarlandes

Statement von Dr. Hans Joachim Lellig, Vorsitzender und Vizepräsident der Ärztekammer des Saarlandes

Im Vorspann des Gesetzgebers der letzten Gesundheitsreform, dem GKV Wettbewerbsstärkungsgesetz vom 1. April 2007 heißt es: „Deutschland hat ein modernes und leistungsfähiges Gesundheitswesen, das allen Bürgerinnen und Bürgern Zugang zu einer hochwertigen Gesundheitsversorgung gewährt und zugleich 4,2 Millionen Beschäftigten und Selbstständigen Arbeitsplätze bietet."

Dieses Gesundheitswesen gibt es so zwar noch, gegenteilige Entwicklungen lassen sich aber nicht mehr verleugnen. Mehr und mehr werden strukturelle Veränderungen vorgenommen, eine Tendenz, die in den beiden letzten Reformgesetzen kulminiert. Gerade diese jüngste Gesetzgebung hat zu erkennbaren Veränderungen im Gesundheitswesen geführt. Der Wettbewerb als durchgängiges Prinzip macht mehr und mehr Leistungserbringer zu Dienstleistern, die ärztliche Leistung zu einem Produkt und den Patienten zu einem Kunden. Diese Entwicklung wird begünstigt durch eine zunehmende Verlagerung ärztlicher Leistungen aus Einzelpraxen oder Praxiszusammenschlüssen in Einrichtungen der Gesundheitsversorgung wie Krankenhäuser und medizinische Versorgungszentren. Hierunter leidet das Vertrauen, die entscheidende Grundlage für das Arzt-Patienten-Verhältnis. Durch Selektivverträge droht zudem ein Kernelement des bisherigen Systems zu Ende zu gehen, die im Grundsatz gleiche Versorgung an jedem Ort in Deutschland unabhängig von der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Krankenkasse mit freier Wahl des Leistungserbringers.

„Jede medizinische Behandlung hat unter Wahrung der Menschenwürde und unter Achtung der Persönlichkeit, des Willens und der Rechte der Patientinnen und Patienten, insbesondere des Selbstbestimmungsrechtes, zu erfolgen“, so oder ähnlich werden die Patientenrechte in den Berufsordnungen der Ärzte und Zahnärzte als oberstes Prinzip ärztlichen Handelns festgelegt. Wir bekennen uns daher zu einem partnerschaftlichen Kooperationsmodell mit dem Patienten. Dieses kann aber nur funktionieren, wenn dies in einem freiberuflichen Rahmen mit ethisch-moralischer Einbindung des Arztes einerseits und der freien Arztwahl und dem Vertrauen des Patienten in die Qualifikation des Arztes andererseits miteinander verknüpft ist. Das Bekenntnis der Politik zur Freiberuflichkeit darf sich daher nicht auf Sonntagsreden beschränken, während der politische Alltag das Gegenteil produziert. Freiberuflichkeit ist ein besonderes Merkmal unserer Gesellschaftsordnung, das es gerade im Gesundheitswesen im Interesse der zu versorgenden Patientinnen und Patienten in besonderer Weise zu verteidigen gilt. Freiberuflichkeit bedeutet eigenständiges, unabhängiges Handeln und volle Verantwortlichkeit für dieses Handeln im Falle der Niederlassung auch in Form wirtschaftlicher Selbstständigkeit. Die Sicherung freiberuflicher Strukturen erfordert daher auch eine leistungsgerechte Honorierung.

Die mit der Freiberuflichkeit verbundene Freiheit ist keine absolute Freiheit, sondern gebunden an öffentlich-rechtliche Pflichten. Ausdruck dieser Verbindung von Freiheit und Pflicht ist die freiberufliche Selbstverwaltung in Kammern und Verbänden, in denen die Freien Berufe ihre Angelegenheiten selbst regeln. Das Prinzip von Subsidiarität und Selbstverwaltung macht dabei aus Betroffenen Beteiligte.

Es kann davon ausgegangen werden, dass auch in Zukunft in einem staatsfernen und sich selbst verwaltenden Gesundheitswesen der freiberuflich tätige (Zahn-)Arzt die flächendeckende und wohnortnahe Versorgung ohne unzumutbare Wartezeiten beim Zugang zur Gesundheitsversorgung gewährleistet. Auch die freie Arztwahl mit einem dauerhaften und personenbezogenen Arzt-Patienten-Verhältnis ist an die Freiberuflichkeit des Arztes gebunden.

Wenn wir also noch immer eines der modernsten und leistungsfähigsten Gesundheitswesen im Vergleich der westlichen Industrienationen vorweisen, so ist dies genau diesen Grundvoraussetzungen, unter denen dieses System aufgebaut wurde, zu verdanken. Wer an seinen Wurzeln weiter sägt und die Lösung in einer staatsnahen oder auch kapitalgelenkten Versorgung sieht, gefährdet dieses Erfolgsprinzip in höchstem Maße.

Als Schlusswort möchte ich daher gerne unsere gerade wiedergewählte Bundeskanzlerin Merkel zitieren, die auf dem Festakt zum 60-jährigen Bestehen des Bundesverbandes der Freien Berufe am 4. März 2009 in Berlin postulierte, dass „die Bundesregierung an der freiberuflichen Tätigkeit des Arztes festhalten wolle“. Diesen Spiegel müssen wir der Politik ständig vorhalten und ihre Verstöße dagegen offen benennen. Nur so hat die auf dem Prinzip der Freiberuflichkeit basierende (zahn-)ärztliche Versorgung auch weiterhin eine Chance.


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