Statements 21.02.2011
Parodontale Chirurgie - ein Auslaufmodell?
Statement von Prof. Dr. Ulrich Schlagenhauf, Präsident Deutsche Gesellschaft für Parodontologie e. V.
Als ich vor mehr als fünfundzwanzig Jahren als Graduiertenstudent in den USA die grundlegenden Kenntnisse für meine spätere Karriere als Parodontologe erwerben konnte, war die Parodontologie eine offensichtlich chirurgisch ausgerichtete zahnärztliche Fachdisziplin.
Die radikalchirurgische Elimination tiefer parodontaler Taschen bei gleichzeitiger Rekonturierung des alveolären Knochens war die unverzichtbare Basistherapie zur Kontrolle jeder fortgeschrittenen Parodontalerkrankung und die Erlernung der hierzu erforderlichen Operationstechniken absoluter Schwerpunkt der postgradualen Ausbildung.
Heute, knapp drei Jahrzehnte später, weisen aktuelle nicht chirurgische Behandlungskonzepte auch bei schweren und aggressiven Erkrankungsformen einen so ausgeprägten Therapieerfolg auf, dass eine primär chirurgisch-resektiv ausgerichtete Parodontaltherapie mittlerweile einen Anachronismus mit auf Einzelfälle reduzierter Indikation darstellt.
Bedeutet dies nun, dass parodontale Chirurgie generell nur noch eine Therapieoption für fortbildungsferne Nostalgiker ist? Nichts könnte falscher sein. Gerade die Fähigkeit moderner nicht chirurgischer Therapiekonzepte parodontale Entzündungsprozesse auch in sehr tiefen parodontalen Defekten wirksam zu eliminieren, hat erst die Basis dafür geschaffen, regenerative Parodontalchirurgie im klinischen Alltag sinnvoll einsetzen zu können.
Nur bei annähernd entzündungsfreien Gewebeverhältnissen zeigen minimalinvasive Operationstechniken ihr wahres Potenzial und belohnen Zahnarzt und Patient mit einer Vorhersagbarkeit des Therapieerfolgs, der einem unkritischen Hineinoperieren in noch entzündetes und bakteriell kontaminiertes Gewebe zwangsweise versagt bleiben muss.
Nutzen Sie daher die in diesem Heft angebotenen Informationen, um den Paradigmenwechsel in der parodontalen Chirurgie auch in Ihrer Praxis Wirklichkeit werden zu lassen. Ich wünsche Ihnen hierbei viel Erfolg und Freude bei der Arbeit am Patienten.