Zahntechnik 09.02.2016

Herstellung von Metallkeramik im digital gestützten Press-over-Konzept



Herstellung von Metallkeramik im digital gestützten Press-over-Konzept

Foto: © DentalPatient_Pressmaster – Shutterstock

Mit den Vorteilen außergewöhnlicher Präzision aus der CAD/CAM-Technik sowie den ästhetischen Möglichkeiten, die die Presstechnik bietet, entstehen täglich hochwertige Dentalprodukte in der Metallkeramik. Von der Einzelkrone bis hin zu weitspannigen Brücken kann das Press-over-Konzept aus betriebswirtschaftlicher Perspektive und zahntechnischer Eignung absolut überzeugen.

CAD/CAM-Technologien haben in den vergangenen Jahren weiter an Bedeutung gewonnen. Hinsichtlich der Benutzerfreundlichkeit und Präzision hat sich die Technik stark verbessert. Jedoch wären die Anschaffungskosten einer CAD/CAM-Anlage für ein kleines zahntechnisches Labor mit sieben Mitarbeitern nach wie vor viel zu hoch. Daher ist die externe Fertigung immer noch die sinnvollste Lösung, um alle Vorteile wie die Entlastung der Fachkräfte von den mechanischen Routinearbeiten, der Wegfall typischer Fehlerquellen, zum Beispiel beim Guss, Zeit-, Material- und Energieersparnis sowie der Zugriff auf eine Vielzahl von Materialien und Produkten auszunutzen.

Der Erfolg liegt auf der Hand

Der Einsatz von CAD/CAM-Technik beabsichtigt bewusst eine weitgehende Automatisierung des Herstellungsprozesses in der Zahntechnik. Im Dentallabor Naumann wird daher seit mehreren Jahren neben dem Metallgerüst ein Wax-up-Käppchen parallel digitalisiert und extern im Fräszentrum von der Bego medical GmbH in Bremen produziert. Das Ziel dieser Entwicklung besteht in erster Linie in der Herstellung ästhetischer und biokompatibler Restaurationen zu Preisen, die schließlich deutlich unter den Kosten der traditionellen Herstellung von Zahnersatz liegen sollen. Seitdem das Press-over-Konzept eingesetzt wird, können auch Aufträge für ein Preissegment realisiert werden, das bis dato mit der bioästhetischen Schichttechnik nicht im Angebot war. Gerade aus wirtschaftlicher Sicht ist es beruhigend, dass nun auch eine solch hochwertige Presskeramik als alternative Versorgungsform angeboten werden kann. Des Weiteren überzeugen die definierten Arbeitsprozesse durch konstante Qualität und Reproduzierbarkeit. Die konsequent niedrige Reklamationsquote steigert somit jährlich den Gewinn in diesem Arbeitsbereich.

Prozessoptimierung auf hohem Niveau

Überpresst werden Gerüste aus Edelmetall- und edelmetallfreien Aufbrennlegierungen mit einem Wärmeausdehnungskoeffizienten (WAK/CTE) von 13,8 bis 14,6 x 10–6 K–1 (20–500 °C). Die Indikationen reichen von Einzelzahnrestaurationen über kleine bis zu weitspannigen Brücken. Das Überpressen von Zirkongerüsten ist uneingeschränkt auch möglich, wird hier aber nicht näher betrachtet. Als wirtschaftliche Alternative zur manuellen Modellation lässt sich das Wax-up ebenso wie das Metallgerüst dank CAD/CAM-Technologie automatisch erstellen. Mithilfe des 3Shape Scanners wird von der Stumpfmodellsituation ein Datensatz für die geplante anatomische Restauration erstellt. Der Datensatz wird danach von der Software automatisch in je einen Datensatz für das virtuelle Metallgerüst und einen weiteren für das virtuelle Wax-up aufgeteilt, die per Internet an das Fräszentrum geschickt werden. Eine schnelle Internet-Datenleitung ist hierbei von Vorteil. Edelmetallfreie Gerüste werden daraufhin im SLM-Verfahren und Edelmetallgerüste im CAD/Cast-Verfahren aus einer breiten Palette von Legierungen produziert. Der anatomische Aufbau vom Wax-up wird im Printer aus rückstandslos verbrennbarem und – nicht zu vergessen – dimensionsstabilem Kunststoff hergestellt und dann umgehend zusammen mit dem Gerüst binnen 48 Stunden an das Dentallabor geschickt.

Vorbereitung und Überpressen

Wie bei der ursprünglichen Presskeramik wird jetzt auf dem mit Opaquer gebrannten Metallgerüst das bereits digital modellierte Wax-up-Käppchen auf dem Gerüst aufgepasst. Das Wax-up kann ohne Mühe bearbeitet werden. Anschließend wird es mit gängigem Wachs übermodelliert, um zum Beispiel die gewünschten Feinheiten zu erhalten. Die ausmodellierten Objekte werden nun mit einem seitlichen Abstand von mindestens 5 mm zueinander auf dem Presssockel in gewohnter Weise angestiftet. Dann werden sie eingebettet und die vorgewärmte Pressmuffel wird in den gut vorgeheizten Pressofen gegeben. Ohnehin kann der Pressvorgang sowohl mit schnell als auch konventionell aufheizbarer Einbettmasse, hier zum Beispiel Bellavest SH von BEGO, umgesetzt werden. Die eingebettete Modellation wird ausgebrannt und in die entstandene Hohlform wird die Presskeramik eingebracht. Genaue Materialmengen können anhand des Wachsgewichtes vor dem Ausbrennen ermittelt werden. Als Pressmaterial wird hier DC Ceram™ 12.5 von Ceramay, ein zweiphasiger leuzitverstärkter Silikatkeramikwerkstoff in fünf Grundfarben und zwei verschiedenen Pelletgrößen, verwendet. Das überschaubare System von Ceramay schont nachhaltig die Lagerhaltungskosten. Für den Pressvorgang wird der Programat EP 3010 von Ivoclar Vivadent eingesetzt. Die Pressmuffel wird in diesem Gerät gleichmäßig durchwärmt. Auch Pressobjekte mit beispielsweise sehr dünnen Randbereichen können dank optimaler Temperaturverteilung problemlos gepresst werden. Die benutzerfreundliche Bedienung des Ofens schließt Fehler nahezu aus. Fehlpressungen sind bisher immer auf einen Anwendungsfehler zum Beispiel durch falsches Anstiften zurückzuführen gewesen. Nach dem Ausbetten werden nur noch die Presskanäle abgetrennt und das Objekt wird auf dem Stumpfmodell aufgepasst.

Der letzte Schliff

Da bereits die ganze Erfahrung und Kreativität der zahntechnischen Fachkraft bezüglich der Form in das Wax-up fließen kann, ohne sich vorher mit Schulter, Dentin und Korrekturbränden zu beschäftigen, gelingt es tatsächlich, von dem perfekt modellierten Wachsobjekt eine exakte Kopie in Keramik herzustellen. Im Vergleich zur gewohnten Schichttechnik ist bei dieser Vorgehensweise beispielsweise das Integrieren eines funktionellen Okklusionskonzeptes bereits in Wachs möglich gewesen. Dank der verschiedenen fluoreszierenden oder opaken Malfarben können alle denkbaren und gewünschten Spezialeffekte mit einem feinen Pinsel erzielt werden. Als nächster Arbeitsschritt wird der Malfarbenbrand durchgeführt, der gegebenenfalls wiederholt werden kann, um ein intensiveres Farbergebnis zu erzielen. Mehrfaches Brennen ist aber in der Regel nicht mehr notwendig. Auch ohne Schichtungsschema können mit nur wenigen Grundfarben und der breiten Palette an Malfarben sämtliche Schlüsselfarben ästhetisch brillant hergestellt werden. Eine optimal gelenkte Transparenz des Materials ermöglicht einerseits, die Metallgerüste ausreichend zu maskieren und doch auch zahnschmelzähnlich zu erscheinen. Da im Vergleich zur klassischen Schichtkeramik die Presskeramik nicht schrumpft, bleibt die gesamte fein modellierte Vorarbeit inklusive aller okklusalen Kontaktpunkte oder etwaiger scharfkantiger Keramikschultern bis zum letzten Glasurband exakt erhalten. Anschließend lässt sich die Keramik hervorragend polieren. Für eventuelle Ergänzungen oder Reparaturen stehen Korrekturmassen zur Verfügung, die ggf. nachträgliches Auftragen von Keramik komplikationslos umsetzen. Die Massen für Press- und Schichttechnik sind praktischerweise miteinander kompatibel.

Der Wandel und seine Folgen

Durch den reibungslosen Ablauf in der Herstellung mit dem Press-over-Konzept ist es möglich, die knappen personellen Ressourcen im zahntechnischen Alltag zu schonen und diese Reserven für die zwingende Funktion in der Bewegung und die ideale ästhetische Formgebung zu investieren. Dem Ziel, Legierungen und Keramik hochqualitativ, kalkulierbar und rationell in funktionellen Zahnersatz umzusetzen, sind die Hersteller moderner Keramikmassen und Legierungen abermals ein Stück näher gekommen. Abschließend soll jedoch nicht verschwiegen werden, dass die Umstrukturierungen in den Arbeitsprozessen der Keramikabteilung vorerst auf starke Widerstände gestoßen sind. Letztendlich war es nur durch gute Führungsqualität und Fingerspitzengefühl möglich, ein wirtschaftliches Mitdenken bei den Mitarbeitern herbeizuführen und sich modernen Technologien und Materialien zu öffnen. Dies überzeugte letztendlich von den Vorzügen des Wandels.

Schlussfolgerung

Unsere Bilanz nach fast neun Jahren Anwendung ist: Jeder Zahntechniker, der einen Malpinsel halten kann, kommt mit diesem Konzept einfach zurecht, denn es erklärt sich wirklich von selbst. So ist es auch möglich, dass mit gesicherten Grundkenntnissen vor allem in Zeiten von Fachkräftemangel auch ein „Nicht-Keramiker“ brillante Ergebnisse erzielen wird. Der Einsatz moderner Technologien im Labor und auch bereits bei der Zahnfarbenbestimmung in der Zahnarztpraxis trägt letztlich zum Erfolg dieses Konzeptes bei. Bestätigt wird dies täglich durch die minimale Reklamationsquote. 

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