Prophylaxe 15.11.2012

Auswirkung in der täglichen Prophylaxe – Fluoreszenz und selektive Farbverstärkung



Auswirkung in der täglichen Prophylaxe – Fluoreszenz und selektive Farbverstärkung

Karies lässt sich durch den Einsatz von Intraoralkameras, die sich die Fluoreszenz von Zahngewebe zunutze machen, bereits frühzeitig diagnostizieren. Neue Technologien wie beispielsweise die Fluoreszenztechnologie in Kombination mit selektiver Farbverstärkung machen es heute möglich, noch frühzeitiger einzugreifen - und zwar bereits im Rahmen von Prophylaxebehandlungen.


Das Einfärben und Bewerten des Biofilms, der die Ursache für Erkrankungen des Zahnhart- und Weichgewebes ist, wird schon seit einiger Zeit beschrieben (Axelsson 1999). Die einfachste Methode besteht darin, ein Färbemittel auf die zu prüfende Oberfläche aufzutragen, um somit den bakteriellen Belag sichtbar zu machen. Nach dem Abspülen der überschüssigen Farbe kann der Zahnarzt mit dem Patienten (entweder mit einem Spiegel oder anhand einer Fotografie) den Zahnstatus betrachten und bewerten. Diese Methode wird zurzeit in den Zahnarztpraxen noch relativ selten eingesetzt, da sie einige Zeit in Anspruch nimmt und nach der Anwendung eine Zahnreinigung erforderlich macht (Abb. 1). Um die Einwände zu entkräften, wurden auch Systeme mit Fluoreszein (bei natürlichem Licht kaum sichtbar), die Lichtquellen mit spezifischen Wellenlängen ausgesetzt werden (Faller 2000), diskutiert. Deren Nutzen ist jedoch nach wie vor nicht offiziell bestätigt. Die Entwicklung intraoraler Kameras, deren Dioden das Zahngewebe fluoreszieren lassen (Banerjee 2002), führte zum „SOPROCARE“-Konzept, das seine praktische Umsetzung in der Entwicklung einer intraoralen Kamera durch das Unternehmen Sopro innerhalb der Acteon-Gruppe fand. Diese Kamera ist mit allen digitalen Bildverwaltungssoftwareversionen kompatibel. Nachdem sich dieses Gerät bereits hundertfach in der klinischen Praxis bewährt hat, möchten wir in diesem Artikel aufzeigen, wie diese Technologie zu einem neuen Bestandteil der täglichen Prophylaxe werden kann.

Eingesetzte Technologie: Fluoreszenz und selektive Farbverstärkung

Wirkungsweise

Das eingesetzte Gerät verwendet eine intraorale Hochleistungskamera (Zoom mit einer bis zu 100-fachen Vergrößerung; Abb. 2), die mit weißen und blauen LEDs ausge-stattet ist. Das LED-Licht wird vom Zahngewebe absorbiert und in Form von Fluoreszenz zurückgegeben. Diese Fluoreszenz wird markiert und dann farbverstärkt. Zahnhart- und Weich-gewebe können damit gekennzeichnet werden. Das System erhielt vom Hersteller Sopro aus der Acteon-Gruppe den Namen „SOPROCARE“. Es nutzt die Eigenschaften der Gewebeautofluoreszenz sowie die der selektiven Farbverstärkung, um Zahnschmelz- und Dentinkaries, verkalkte bzw. nicht verkalkte Plaque sowie Zahnfleischentzündungen sichtbar zu machen. Es ist das erste und bislang einzige System, das diese beiden photonischen Technologien in einer Intraoralkamera integriert. Die Kamera beleuchtet das Dentalgewebe mit einer Wellenlänge von 440 bis 680nm. Das angeregte Material absorbiert die Energie und reflektiert sie in Form von fluoreszierendem Licht. Das so gewonnene Bild kann über das normale anatomische Bild gelegt werden und die Nuancen, die im weißen Licht nicht sichtbar sind, werden in Echtzeit für jede Gewebeart erkennbar. Die Abbildungen 3a und 3b zeigen ein vereinfachtes Fluoreszenz-Bild mit selektiver Farbverstärkung (Abb. 3a: Perio-Modus; Abb. 3b: Karies-Modus). Bei der selektiven Farbverstärkung werden die Eigenschaften der Blaulichtabsorption genutzt. Dadurch wird die Verfärbung bestimmter Gewebearten (z.B. entzündetes Zahnfleisch) verstärkt. Die Abbildungen 4a und 4b zeigen das Bild nach der Bestrahlung mit weißem Licht (links) und anschließend mit blauem und weißem Licht mit selektiver Farbverstärkung (Perio-Modus); analog für Karies im Tageslicht- und im Karies-Modus wie in den Abbildungen 5a und 5b dargestellt.

Großer Indikationsbereich

1. Kommunikation zwischen Patient und Zahnarzt (Abb. 6a und 6c)Zahnärzte wissen, dass das erste Beratungsgespräch entscheidend ist. Deshalb müssen sie sowohl die klinischen Anzeichen als auch mögliche Risikofaktoren erkennen, idealerweise in Form einer „Co-Diagnose“ (Arzt-Patient-Interaktion). Dabei werden die subjektiven Feststellungen und Schmerzempfindungen des Patienten mit den Beobachtungen des Zahnarztes kombiniert. Das kann zum Beispiel über Erklärungen anhand eines Spie-gels geschehen, der allerdings nur das Offensichtliche zeigt. Mithilfe von Röntgenaufnahmen kann der Patient jedoch auch das sehen, was „unsichtbar“ ist. Der anschließende Einsatz einer Intraoralkamera macht es ganz einfach möglich, die aufgenommenen Bilder, auf denen Kariesläsionen stark vergrößert dargestellt werden, gemeinsam anzusehen (Mary 1997). Die Patienten lernen so Schritt für Schritt, ihren Mund und ihre Zähne aus der Sicht ihres Zahnarztes zu betrachten. Eine Kamera wie die SOPROCARE erweitert die Möglichkeiten des Informationsaustausches. Mit nur wenigen Klicks bietet sie eine einfache Handhabung, viele Auswahlmöglichkeiten der Vergrößerung – von der Makrovision (Abb. 4) bis hin zur Darstellung mehrerer Zähne (Abb. 6) – und Fluoreszenzaufnahmen mit selektiver Farbverstärkung. Damit ist es möglich, Areale mit Kariesverdacht (Abb. 5) oder Zahnfleischläsionen zu erkennen (Hervorhebung weicher oder verkalkter Plaque und beginnende Entzündung; Abb. 7).

2. Patientenmotivation und Plaquekontrolle

Heute können Zahnärzte die Existenz eines bakteriellen Biofilms auf Zahnoberflächen, in Interdentalräumen und auf den an das Zahnfleisch angrenzenden Oberflächen, die von ihnen behandelt werden, nicht mehr länger ignorieren. Sie wissen, dass die Patienten über diesen Biofilm aufgeklärt werden müssen, damit sie bei ihrer eigenen Behandlung aktiv mithelfen (Rozencweig 1988). Das Wie und Warum der persönlichen Mundhygiene und die Notwendigkeit ihrer Kontrolle auf Regelmäßigkeit und Effektivität lassen sich einfacher erklären, wenn man es zeigen und veranschaulichen kann (Abb. 7a bis 7c und 8a bis 8c). Die Bilder können mit jeder handelsüblichen Bildgebungssoftware bzw. mit der speziellen Bildverwaltungssoftware Sopro Imaging gespeichert und verwaltet werden. Dadurch können die bei früheren Besuchen gemachten Bilder mit der aktuellen klinischen Situation verglichen, der Fortschritt bewertet, die Patienten ermutigt und ihre Anstrengungen in die richtige Richtung gelenkt werden.

3. Früherkennung von Läsionen für eine noninvasive Behandlung

Dank der Fluoreszenztechnologie kann schon sehr frühzeitig eine Diagnose (bereits bei beginnender Zahnschmelz-Demineralisierung) gestellt werden, wodurch eine präventive oder minimalinvasive Behandlung der Läsionen möglich ist (Terrer et al. 2009). SOPROCARE dient in erster Linie der Aufklärung und Motivation des Patienten, da dieser selbst bereits frühe Anzeichen von Zahnläsionen „sehen“ kann. Er kann sogar nachverfolgen, wie der Zahnarzt das behandelte Gewebe überprüft. Dies unterstreicht die Bedeutung des Zähneputzens und der Behandlung erkannter Frühläsionen zu Hause (z.B. mit Fluoridzahnpasta, Zahnpflege-Produkten mit CPP-ACP- Nanokomplexen etc.) ebenso wie die minimalinvasive Behandlung durch den Zahnarzt (PZR im Rahmen der Prophylaxe, Behandlung mit Fluoridlack oder Mikrofüllungen; Abb. 9a bis 9g).

4. Perioperative Kontrolle nach Entfernung weicher und verkalkter Biofilme während der PZR (Abb. 6a bis 6c und 10a bis 10e)

Das Entfernen weicher und verkalkter Biofilme im Rahmen einer professionellen Zahnreinigung supra- oder subgingivaler Zahnoberflächen durch eine Dentalhygienikerin ist ein wichtiger Bestandteil der Karies- und Parodontitis-Prophylaxe (Goodson et al. 2004). Mit der Intraoralkamera kann der Zahnarzt die durchgeführten Behandlungsschritte perioperativ kontrollieren. Perio-Modus und Wahl der jeweiligen Vergrößerung ermöglichen eine schnellere und genauere Untersuchung der behandelten Bereiche.

Fazit

Das neue SOPROCARE erweitert das standardmäßige Einsatzspektrum von Intraoralkameras. Die Bearbeitung der mithilfe der Fluoreszenztechnik auf-genommenen Bilder und die selektive Farbverstärkung bieten die Möglichkeit einer frühzeitigen Diagnose von Karies und Zahnfleischentzündungen. Es lassen sich sowohl weiche als auch verkalkte bakterielle Zahnbeläge darstellen, die durch Bürsten oder eine Prophylaxebehandlung in der Zahnarztpraxis entfernt werden müssen. SOPROCARE macht es möglich, den Patienten von Beginn an in die Behandlung miteinzubeziehen. Er wird so eher die erforderlichen Behandlungspläne zur Prophylaxe verstehen und deren Umsetzung akzeptieren. Somit bietet das Gerät die Chance, Karies und Parodontitis im Keim zu ersticken.

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