Implantologie 12.12.2013
Sofortimplantation nach Implantatbruch im Unterkiefer
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Einmal in situ sind Implantate enormen Belastungen ausgesetzt. In einigen Fällen kann es zu Frakturen der Aufbauten und Prothetik kommen, in wenigen zu Brüchen des Implantatkörpers selbst. Das bereits osseointegrierte Implantat sollte dann nur mithilfe bestimmter Werkzeuge entfernt werden. Im vorliegenden Fallbericht werden eine solche Implantatexplantation nach Implantatbruch und eine sofortige Reimplantation beschrieben.
Mit zunehmendem Einsatz und längerer Belastungsdauer von dentalen Implantaten zeigen sich immer mehr Schwachstellen und Komplikationen einzelner Komponenten. Hierzu zählen Beschädigungen und Lockerungen von Implantataufbauten und Verbindungsschrauben sowie Brüche einzelner Komponenten. In der Literatur wird die Häufigkeit dieser Komplikationen mit 1,5–1,8 % angegeben und auf mechanische Überlastung zurückgeführt (Priest et al. 1999; Robert et al. 2003). Solang das Implantat selbst ohne Beschädigung bleibt und weiter osseointegriert ist, kann eine erneute prothetische Versorgung vorgenommen werden. Liegt eine Fraktur am Implantatkörper vor, zeigt dies die hohe Belastung, die auf Implantate während des Kauvorganges wirkt (Abb. 1). Eine erneute Versorgung auf diesem Implantat ist nicht möglich, auch sind Beschädigungen an benachbarten Implantaten, die in der gleichen Versorgung durch Verblockung integriert sind, nicht ausgeschlossen. Hierzu zählen vor allem die nicht unmittelbar erkennbaren Beschädigungen durch Materialdehnung und Materialermüdung. Auch diese Implantate sollten im Rahmen der Neuversorgung überdacht werden. Wird der neue Zahnersatz auf Implantaten geplant, muss zunächst das gebrochene Implantat entfernt werden. Dies erfolgt in der Regel durch Umfräsen mit einer Lindemannfräse oder einem Trepanbohrer. Beides führt zum zirkulären periimplantären Knochenverlust, der eine direkt nachfolgende Implantation nicht zulässt (Abb. 2). Die einzige Alternative zum Erhalt des periimplantären Knochens besteht im Herausdrehen des Implantatkörpers aus dem Kiefer. Mit einem in den Implantatkörper eingeschraubten Spezialinstrument und der Krafterhöhung reißen die Osteoplasten von der Titanoberfläche ab. Hierbei werden Kräfte von bis zu 350 Ncm aufgebaut, die zum Abscheren der Osteoblasten und zum Bruch der Osseointegration führen.
Dies glatte Abscheren der Osteoblasten ist an den fein abgezeichneten Gewindegängen des Implantatstollens und an der sauberen Implantatoberfläche nach Explantation nachzuvollziehen. Das maximal knochenschonende Verfahren ermöglicht je nach vorliegendem Bohrstollendurchmesser und den begleitenden Umständen (reizlose Gingiva, geringer periimplantärer Knochendefekt) eine sofortige Re-Implantation mit einem neuen Implantat.
Fallvorstellung
Die 2008 alio loco eingegliederten Implantate und verblockten Implantatkronen Regio 46 und 47 zeigten nach fünf Jahren Belastungsphase eine zunehmende, aber schmerzfreie Lockerung mit bukko-lingualer Beweglichkeit von 4 mm. Da die Köpfe der hochgoldhaltigen Prothetikschrauben keine Retention für einen Schraubendreher aufwiesen, wurden diese mit einem Diamantschleifkörper durch den okklusalen Zugang abgetrennt. Nach dem Entfernen der Kronen zeigte sich das Abutment 47 im Kronenblock; der obere tellerförmige Anteil des Implantates 46 war vollständig lose und glatt vom restlichen Implantat abgeschert. Radiologisch und klinisch wiesen beide Implantate eine regelrechte Osseointegration mit minimalem Knochenabbau auf, sodass eine Entfernung und sofortige Re-Implantation geplant wurde (Abb. 3). Nacheinander wurde die beiden Implantate mit einem Spezialwerkzeug (DENTIUM HELP-KIT) entfernt, hierzu wurde das linksschneidende Hartmetallwerkzeug (XRFXT) linksdrehend vorsichtig in den Implantatkörper eingeschraubt. Mit zunehmendem Kraftaufwand übersteigt die Reibung zwischen dem Werkzeug und Implantat die Haftkraft der Osteoblasten an der Implantatoberfläche und führt schließlich zum Bruch des Implantates aus der Osseointegration. Anschließend konnten die Implantate vollständig aus dem Kiefer unter Erhalt des Knochens herausgeschraubt werden. Dies konnte durch die glatt nachgezeichneten Gewindegänge im ehemaligen Implantatbett und der sauberen Implantatoberfläche nachvollzogen werden (Abb. 4–8). Die entzündungsfreien Implantatstollen der vormaligen zylindrischen OSSEOTITE-Implantate (BIOMET 3i) mit einem Durchmesser von 4 mm boten sich für die Aufnahme von CAMLOG-Implantaten Ø 5,0 Länge 11 mm Regio 46 und Ø 4,3 Länge 13 mm Regio 47 an. Da bei der Explantation auf eine Aufklappung verzichtet wurde, erfolgte auch die Re-Implantation transgingival mit Gingivaformern zur offenen Einheilung (Abb. 9–12). Durch das schonende Vorgehen der Explantation und sofortigen Implantation traten keine postoperativen Beschwerden in Form von Blutung, Schwellung oder Schmerz auf. Das Entzündungsrisiko ist durch die Abdeckung aller Knochen- und Wundflächen auf ein Minimum reduziert, sodass auf eine perioperative/postoperative Antibiose verzichtet wurde. Die postoperative Gabe eines oralen Antibiotikums zur Entzündungsprophylaxe war aufgrund des schonenden operativen Vorgehens und dem Verschluss der Schleimhautwunde nicht erforderlich.