Implantologie 12.01.2015
Piezochirurgie gestützte Explantation eines Implantates
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Piezochirurgiegestützte Explantation eines intrasinusoidal perforierenden Implantats – Ein Fallbericht
Die implantatinduzierte Kieferhöhlenentzündung kann ein komplikationsträchtiges Problem in der dentalen Implantologie darstellen. Besonders gefürchtet sind postoperative Kieferhöhlenaffektionen, die durch intrasinusoidal perforierende Implantate oder auch durch eine Infektion von alloplastischem Knochenmaterial entstehen können. Klinisch zeigen sich die Komplikationen in Form von chronischen Sinusitiden bis hin zu akuten Infekten, bei denen die Patienten u.a. in unterschiedlicher Ausprägung Schmerzsymptomatiken aufweisen können. In der folgenden klinischen Fallstudie wird die Sanierung einer infizierten Kieferhöhle, wie auch die piezochirurgisch-unterstützte Entfernung eines entzündeten Implantates beschrieben.
Klinischer Fall
Anamnese
Es stellte sich eine junge, gesunde Patientin mit rezidivierenden chronischen, rechtsseitigen Kieferhöhlenbeschwerden vor. Sie berichtete von Druckschmerz und chronischem Schnupfen mit Sekretaustritt aus der rechten Nasenhöhle. Die Beschwerden setzten etwa sechs Monate nach Implantation im oberen rechten Seitenzahnbereich ein. Die Kieferhöhle war mehrfach von endonasal her gespült und eine Septumdeviation begradigt worden, jedoch ohne Erfolg.
Untersuchung
Klinisch imponierte eine diskrete Schwellung der Wange rechts mit Parästhesie im Versorgungsbereich Nervus trigeminus II. In der intraoralen Inspektion fiel eine diskrete weiche Schwellung in Regio 15 auf. Zahn 16 stellte sich avital dar, da sechs Monate zuvor hier eine endodontische Versorgung durchgeführt worden war. Die weiteren Zähne waren unauffällig. In der radiologischen Diagnostik (OPG, DVT; Abb. 1 und 2) fand sich eine diffuse Verschattung der Kieferhöhle rechts mit einer apikalen Läsion bei Zahn 16. Im DVT imponierte eine zirkuläre Verschattung der Kieferhöhle rechts mit basal betonter Hyperplasie im Bereich des Implantats 15. Aufgrund der rezidivierenden Schmerzen und frustranen Kieferhöhlenbehandlungen entschied sich die Patientin nach eingehender Aufklärung und Abwägung der Therapieoptionen für die Explantation des Implantats 15.
Operation
Die Explantation in Regio 15 und gleichzeitige Kieferhöhlenrevision wurden in Intubationsnarkose durchgeführt. Dazu erfolgten die Darstellung der fazialen Kieferhöhlenwand (Abb. 3 und 4) und die Einzeichnung des Kieferhöhlenfensters (Abb. 5) mit darauffolgender marginaler Schnittführung. Anschließend wurde eine Fensterung der Kieferhöhlenwand mithilfe des Knochen schneidenden Instruments OT7 von Mectron (Piezosurgery® Medical) vorgenommen (Abb. 6). Bei der Inspektion des Sinus maxillaris konnte das hyperplastische Gewebe exkochleiert werden (Abb. 7). Das Implantat 15 ragte hinein. Dabei war es von einer schmierigen Auflagerung bedeckt. Histologisch handelte es sich hierbei um eine Mukozele mit geringer granulozytär-entzündlicher Exsudation. Im weiteren Verlauf wurde ein zweiter kaudal gelegener Deckel entfernt, sodass das Implantat zur vollen Darstellung kam (Abb. 8). Mit einer dünnen Spitze wurde zirkulär um das Implantat der Knochen reduziert bis das Gewinde frei war und das Implantat leicht nach vestibulär gebogen werden konnte (Abb. 9 und 10). Nach Kürettage erfolgte die Rückpositionierung der Knochendeckel. Sie wurden etwas verlagert eingelegt, um eine Augmentation im Bereich der Explantationsstelle zu erzielen. Die Knochendeckel wurden mit Naht fixiert und mit Fibrinkleber stabilisiert (Abb. 11). Abschließend wurden ein Nasenfenster und eine Tamponade in der Kieferhöhle angelegt. Nach komplikationsloser Wundheilung konnte die Patientin mit geringer Schwellung und reizlosen Wundverhältnissen nach drei Tagen die Klinik verlassen (Abb. 12).
Diskussion
Zahlreiche Explantationen von Implantaten sind auf eine Periimplantitis zurückzuführen. DeLuca et al. (2006) zeigen auf, dass parodontal erkrankte Patienten eher periimplantären Knochenabbau, Periimplantitis und Implantatverlust fürchten müssen als parodontal gesunde Patienten.1
Für die Explantation gibt es mehrere erfolgversprechende Techniken, darunter das Luxieren des Implantats bei starkem Lockerungsgrad. In der Knochenchirurgie verwendete man in der jüngeren Vergangenheit herkömmliche Fräsen, wie zum Beispiel die auch als Trepanbohrer bezeichneten Hohlfräsen. Diese zylinderförmigen Bohrer mit einem zentralen Hohlraum für kreisförmige Sägeschnitte im Knochen gibt es in verschiedenen Größen und Längen, sie führen jedoch besonders in tiefen Bohrstollen zu einer starken thermischen Überhitzung und Verbrennung des Knochens. Trotz dessen lassen sich mit entsprechend filigranem Vorgehen keine präzisen Schnitte entlang des Gewindes erzielen (Micrometric Cut), da sie mit ihrem jeweiligen Durchmesser eine bestimmte Menge an Knochenmaterial herauslösen und damit eine zusätzlichen Knochenabbau verstärken.2,3 Der intraoperative Erhalt von gesunden Osteozyten stellt daher eine Conditio sine qua non, um in der postoperativen Regeneration ein Maximum an Knochengewinn zu erzielen.4
Ein weiterer Vorteil der piezoelektrischen Knochenchirurgie im Vergleich zu Hohlfräsen ist die optimale Kühlung des Operationsfeldes. Das Kühlmittel wird durch Schwingungen laminal entlang der Instrumentenspitzen geführt, was eine bessere Kühlung in tieferen Regionen bewirkt.5 Dank der exakten Schnittführung und der genauen Osteotomie wird ferner der Entzündungsprozess des Gewebes und damit das Risiko für postoperative Komplikationen verringert.6
Fazit
Die piezoelektrische Knochenchirurgie ist eine zunehmend etablierte Methode in der Osteotomie und Osteoplastik. Sie bietet mikrometrische Schnitte für minimalinvasive Operationen mit maximaler chirurgischer Präzision und intraoperativer Sensibilität, was die Sicherheit in der Chirurgie erhöht. Das Gewebe wird mithilfe spezieller Arbeitsinstrumente dreidimensional mit Ultraschall behandelt. Die Besonderheit dieser Technik ist, dass sie den Unterschied zwischen Hart- und Weichgewebe erkennt: Es wird nur der Knochen behandelt, nicht aber Weichgewebe wie Zahnfleisch, Gefäße oder Nerven. Außerdem kann mit piezoelektrischer Knochenchirurgie das Gewebe besser gekühlt werden als mit herkömmlichen Instrumenten, was die Heilung des Gewebes deutlich beschleunigt.
Alle Abbildungen mit freundlicher Genehmigung von Dr. Dr. Andreas Wysluch.
Hier gibt es die vollständige Literaturliste