Cosmetic Dentistry 24.11.2015

Direkte minimalinvasive Frontzahnrestauration

Die defektorientierte Behandlung steht in der modernen Zahnmedizin mehr denn je im Fokus. Hierzu gehört auch die minimalinvasive Therapie von Läsionen und/oder Verfärbungen im Frontzahnbereich. Dank innovativer Komposit-Materialien haben sich die zahnärztlich-rekonstruktiven Möglichkeiten in den vergangenen Jahren erheblich erweitert.

Wo noch vor wenigen Jahren nur eine indirekte Veneer-Restauration zum hochästhetischen Ergebnis führte, können heute in vielen Fällen moderne Komposite eine adäquate Alternative sein. Komposite haben sich in den vergangenen Jahren stark gewandelt. Forschung und Industrie haben sich den Bedürfnissen der Anwender und Patienten angepasst und aus dem Trend Kompositrestauration einen Status quo gemacht. Dank moderner Materialien wie IPS Empress Direct gelingt es, Frontzahnrestaurationen so zu schichten, dass sie im ästhetischen Ergebnis dem natürlichen Vorbild sehr nahekommen. Der Zahnarzt profitiert von den Anwendungsvorteilen eines Komposits, ohne Kompromisse in der Ästhetik eingehen zu müssen.

Materialtechnische Einblicke   

IPS Empress Direct ist nach meiner Ansicht das am besten geeignete Material, wenn höchste Ansprüche an die Ästhetik gestellt werden. Durch die natürlich wirkende Opazität, Fluoreszenz und Opaleszenz des Materials lassen sich naturgetreue Restaurationen mit einem effizienten Vorgehen vereinen. In der Regel ist bei einem Füllungsmaterial für den Frontzahnbereich die Füllstoffzusammensetzung wichtiger als bei Universalkompositen. Nicht nur die materialtechnischen Anforderungen, zum Beispiel Volumenschrumpf, Oberflächenhärte, Biegefestigkeit, Polierbarkeit und Verschleissresistenz, müssen erfüllt werden. Ausschlaggebend ist zudem die perfekte Abstimmung der optischen Eigenschaften. Diesen Anforderungen ist Ivoclar Vivadent mit IPS Empress Direct gerecht geworden. Die Monomere im Komposit bestimmen die Reaktivität, die Festigkeit, den Schrumpf und das Handling. In der Monomermatrix sind Füllstoffe eingebettet, welche die Abrasionsresistenz, Festigkeit, Polierbarkeit, Glanz, Röntgenopazität und Transluzenz des Materials bestimmen. Grobe Bariumglasfüller geben den Dentinmassen eine hohe Festigkeit, wohingegen die Schmelzmassen feinere Bariumglasfüller enthalten, die dem Material eine perfekte Polierbarkeit, höheren Glanz und geringere Abrasionsanfälligkeit verleihen.

Optische Eigenschaften 

Das Kompositsystem integriert 32 Farben und 5 Transluzenzstufen. Grundsätzlich sind Fluoreszenz, Transluzenz und Opaleszenz ausschlaggebend für das ästhetische Ergebnis. Die naturnahe Fluoreszenz von IPS Empress Direct wird durch spezielle Pigmente erzeugt. Die optimalen lichtoptischen Eigenschaften einer Restauration sind unserer Ansicht eine Besonderheit des Materials, die aus seiner Zusammensetzung resultiert. Wie beim natürlichen Zahn besitzen die Dentinmassen von IPS Empress Direct eine höhere Opazität und Farbsättigung als die Schmelzmassen. Dadurch wird das  ästhetische Ergebnis aus der Tiefe heraus unterstützt. Die Transluzenz der Schmelzmassen wurde so eingestellt, dass eine natürliche Streuung der Dentinfarben erreicht werden kann. Transluzenz ist bei einem Komposit dann gegeben, wenn die Brechungsindizes der Füllstoffe und der Matrix einen ähnlichen Wert haben. Zudem ermöglicht die Farbe Trans Opal die Nachbildung einer natürlichen Opaleszenz. Die Restauration erscheint im Auflicht blau und im Durchlicht orangerot – adäquat zum natürlichen Zahn. Doch nur mit optimalen Materialeigenschaften ist noch keine ästhetische Restauration geschaffen. Der Zahnarzt muss mit einer perfekten Schichttechnik und Feingefühl die Form, die Farbe sowie die optischen Eigenschaften herausarbeiten. Dafür bedarf es eines abgestimmten Handlings, welches dank IPS Empress Direct intuitiv ist.

Fallbericht

Ein 28-jähriger Patient wurde in meine Praxis überwiesen. Er war unzufrieden mit der Farbe und Stellung des linken seitlichen Inzisiven (Abb. 1). Die Anamnese ergab eine endodontische Vorbehandlung des Zahnes 22, auf welche die deutliche Verfärbung zurückzuführen war. Die bestehende Kompositrestauration wich in ihrer Farbe stark von der natürlichen Zahnsubstanz ab. Zudem begünstigte die Stellung des Zahnes 22 das suboptimale Erscheinungsbild. Der Zahn wich nach palatinal ab und wirkte im Gegensatz zu den Nachbarzähnen sehr klein. Der Patient wünschte ein ästhetisches Ergebnis, welches in einer Behandlungssitzung erreicht werden kann. Das ist  die perfekte Indikation für IPS Empress Direct.

Schichtung 

Wir schlugen dem Patienten eine direkte Füllungstherapie vor. Die Behandlung kann mit einer minimalinvasiven Technik in einer Sitzung abgeschlossen werden. Zunächst wurde an Zahn 22 eine modifizierte Veneerpräparation vorgenommen und die verfärbten Anteile entfernt. Hierbei achtete ich darauf, so wenig wie möglich Zahnsubstanz abzuschleifen. Unter Berücksichtigung minimalinvasiver Kriterien wurde selbst die vorhandene Kompositfüllung nicht vollständig entfernt (Abb. 2). Nach der Konditionierung und der Applikation eines Haftvermittlers sollte im ersten Schritt das verfärbte Dentin kaschiert werden. Für diesen Zweck wurde IPS Empress Direct Color Weiß ausgewählt und so auf die Zahnoberfläche gebracht, dass die Restauration nicht vollständig opak erschien (Abb. 3). Nun wurde die Zahnoberfläche komplett mit IPS Empress Direct A2 Dentin (Abb. 4) überzogen. Um dem Zahn im inzisalen Bereich ein lebendiges Farbspiel zu verleihen, schichtete ich IPS Empress Direct A2 Enamel auf und ahmte die Schmelzbereiche der Nachbarzähne nach. Die natürlichen Schneidezähne wiesen aufgrund ihrer relativ hohen Transparenz inzisal einige dunkle Bereiche auf. Diese konnten mit IPS Empress Direct Color Blau imitiert werden. Aufgrund der dünnen Schmelzschicht hatten die zervikalen Bereiche der natürlichen Zähne eine gelbliche Färbung, die ich am Zahn 22 mit IPS Empress Direct Color Honiggelb nachbildete (Abb. 5). Abschließend wurde die Schmelzschicht mit IPS Empress Direct A2 Enamel komplettiert. Diese Schicht wurde mithilfe von OptraSculpt Pad, einem großartigen Modellierinstrument, ausgeformt (Abb. 6 und 7). OptraSculpt Pad dient der finalen Formgebung der Restauration. Die speziellen schaumartigen Pad-Aufsätze erlauben ein schnelles und haftfreies Adaptieren von Komposite und sind in unserem Arbeitsalltag unverzichtbar geworden. Zuletzt trug ich IPS Empress Direct Trans Opal dünn auf und formte die Restauration erneut mit dem OptraSculpt Pad. Mit Trans Opal konnten die natürlichen optischen Eigenschaften auf der Oberfläche des Zahnes nachgeahmt werden. Es folgte die Polymerisation der Restauration entsprechend der vom Hersteller empfohlenen Lichthärtezeiten.

Ausarbeitung

Die Überschüsse wurden mit einem Finierer und feinkörnigem Diamanten entfernt. Nach einer Kontrolle der Okklusion und Funktion konnte ich die Restauration mit Silikonpolierern und Polierscheiben in wenigen Schritten auf Hochglanz polieren. Nach der Fertigstellung freute sich der Patient über das neue Erscheinungsbild im Frontzahnbereich (Abb. 8). Der Zahn 22 fügte sich in Farbe und Form schön in die Zahnreihe ein. Es zeigten sich lichtoptische Eigenschaften, die mit den natürlichen Zähnen vergleichbar sind. Zwei Monate später konsultierte der Patient erneut die Praxis. Die Restauration hatte sich optimal integriert. Farbe und Form ließen keine Wünsche offen (Abb. 9 und 10).

Fazit

Das vorgestellte Material IPS Empress Direct ist ein Nanohybrid-Komposit für die direkte Füllungstherapie. Durch die natürlich wirkende Opazität, Fluoreszenz und Opaleszenz des Materials lassen sich mit etwas Geschick in kurzer Zeit ästhetische Frontzahnrestaurationen herstellen. Patienten kann mit diesem Material bei entsprechender Ausgangssituation eine adäquate Alternative zum laborgefertigten Keramikveneer angeboten werden.

Autor: Dr. Ali H. Özoglu

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