Alterszahnmedizin 17.06.2025

Zur Durchführung der modifizierten PA-Strecke bei vulnerablen Patienten



Menschen mit Pflegebedarf, egal, ob älter oder jünger, benötigen auf ihre Um­stände zugeschnittene Care-­Leistungen. Das schließt natürlich auch den besonderen Bedarf in Bezug auf ihre Mundgesundheit ein. Die erfahrene Dentalhygienikerin Isabella Hampel stellt im Folgenden eine modifizierte PA-Strecke für Pa­tien­ten nach § 22a SGB V, das heißt vulnerable Patienten, vor.

Zur Durchführung der modifizierten PA-Strecke bei vulnerablen Patienten

Foto: UKT, Poliklinik für Zahnerhaltung, Dr. J. Rippberger

Die Zahn- und Mundgesundheit älterer Menschen mit Pflege­bedarf ist ­deutlich schlechter im Vergleich zu gleich­altrigen Senioren ohne Pflegebedarf. Mit fortschreitender Pflegebedürftigkeit nimmt die allgemeine Belastbarkeit ab, die Fähigkeit zur Therapie sinkt, die Mundhygiene wird zunehmend vernachlässigt, und die Eigenverantwortung für die eigene Mundgesundheit ist stark eingeschränkt.1 Auch jüngere Menschen mit Pflege- oder Unterstützungsbedarf weisen einen schlechteren Mundgesundheitsstatus auf als Menschen ohne Pflegebedarf.2 Vor diesem Hintergrund wird die Notwendigkeit einer angepassten Therapiestrategie deutlich, die den spezifischen Bedürfnissen dieser Pa­tien­ten­gruppe gerecht wird.

Rahmenbedingungen

Seit Juli 2021 gelten für alle Patienten, die einem Pflegegrad zugeordnet sind oder Leistungen der Eingliederungshilfe nach § 99 SGB IX beziehen, im Rahmen der vertragszahnärztlichen Versorgung3 neue Regelungen für den Zugang zu budgetfreien Präventions- und Parodontitisleistungen. Voraussetzungen für die Behandlung in der verkürzten PA-Strecke sind: eingeschränkte Mundhygienefähigkeit, eingeschränkte Kooperation oder die Notwendigkeit einer Vollnarkose. Die automatische Einstufung in Grad B sichert vier modifizierte UPTs in zwei Jahren. Folgende Positionen ent­fallen: ATG, MHU, BEVa, BEVb, UPTa, UPTb, UPTg. Einige ­davon können durch die ebenfalls budgetfreien Präventionsleistungen4 ersetzt werden. Diese Strecke erlaubt eine flexible Handhabung der Behandlung, die vollkommen auf die individuelle Situation, Fähigkeiten und den Gesund­heits­zustand der Patienten abgestimmt wird. Eine ausführliche Doku­menta­tion und die korrekte Kennzeichnung ist unerlässlich, um die gegebenen Umstände des Patienten adäquat abzubilden und die Leistung budgetfrei abzurechnen.
Patientenprofil

Ein 38-jähriger Patient mit Trisomie 21 (ICD-10-Q90.9)5 ist in Pflegegrad 3 eingestuft. Seine eingeschränkte ­Fähigkeit zur täglichen Mundhygiene und die limitierte Unterstützung durch die betreuenden Personen machen ihn zum idealen Kandidaten für die modifizierte PA-Strecke.

Vorbehandlung

  • Umfassende Anamnese und Kontrolluntersuchung sowie Erhebung des PSI.
  • Erhebung eines Vier-Stellen-Parodontalstatus mit BOP. Mindestvoraussetzungen sind zwei Stellen je Zahn.
  • Anzeige der Behandlung bei der GKV gemäß Formblatt 5e.
  • Dokumentation der Befunde und Erstellung eines individuellen Mundgesundheitsplans (Abb. 5) und einer individuellen Mundgesundheitsaufklärung (BEMA-Nr. 174a und 174b), in diesem Fall mit den betreuenden Personen.

Therapie

  • Aufgrund der Dringlichkeit der Befunde und der ­guten allgemeinen Verfassung des Patienten begann die anti­infektiöse Therapie direkt im Anschluss.
  • Während der Sitzung wurde eine supragingivale Reinigung der Zähne durchgeführt, um die Mund­gesundheit des Patienten zu stabilisieren.
  • Eine Endokarditisprophylaxe wurde im Vorfeld regel­­gerecht durchgeführt.

Unterstützende Parodontitistherapie

  • Die erste UPT fand regelkonform nach drei Monaten statt.
  • Es wurde eine Vier-Stellen-Messung mit BOP nach UPTdS erhoben.
  • Die Entfernung aller supragingivalen Beläge wurde durch die UPTc S abgegolten.
  • Alle subgingivalen Beläge wurden an den Zähnen mit Rest­taschen entfernt.
  • Nach weiteren drei Monaten kam der Patient zur Präven­­tionssitzung, in deren Verlauf ein Mund­­gesund­heits­plan erstellt wurde, eine individuelle Mund­gesund­heits­auf­klä­rung erfolgte sowie der supra­gin­givale Zahnstein entfernt wurde (BEMA-Nr. 174a und 174b, 107a).
  • Dieses Szenario wird beständig weiter­geführt.

Fazit

Die Regelungen nach § 22a SGB V bieten eine wertvolle Möglichkeit, die Mund­gesund­heit bei eingeschränkten Patienten zu optimieren. Hier wird sichergestellt, dass auch Patienten mit besonderen Bedürfnissen angemessen behandelt werden können. Die daraus resultierenden regelmäßigen Behandlungen können dazu beitragen, dass die Mundgesundheit dieser Patienten langfristig stabilisiert oder sogar verbessert wird.6

TIPP: Die DG PARO stellt auf par-richtlinie.de/vulnerable-patienten wichtige Hinweise zum Thema „Behandlung von Parodontitis bei Versicherten nach § 22a SGB V“ bereit.

Die Literaturliste können Sie sich hier herunterladen.

Dieser Fachbeitrag ist im PJ Prophylaxe Journal erschienen.

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