Cosmetic Dentistry 05.10.2015

Funktion ist nicht alles, aber ohne Funktion ist alles nichts



Funktion ist nicht alles, aber ohne Funktion ist alles nichts

Kein Lächeln gleicht dem anderen und seine Einzigartigkeit unterstreicht unsere Individualität. Die Ästhetische Zahnmedizin darf sich nicht nur darauf konzentrieren, ein natürliches, gesundes und vitales Lächeln wiederherzustellen. Sie muss vor allem bei ­ästhetisch kompromittierten Fällen die Funktion an erster Stelle berücksichtigen. Vielfach verursacht eine gestörte Funktion, zum Beispiel bei starkem Substanzverlust wichtiger Führungsflächen, ästhetische Disharmonien. Weiterhin resultiert aus funktionellen Fehlbelastungen und Fehlstellungen ein ästhetisch ungünstiger Arkadenverlauf der Gingiva.

Häufig werden diese ästhetisch komplexen Fälle ohne fundierte Diagnostik vorschnell therapiert. Dies führt zu instabilen, ästhetisch meist unbefriedigenden Langzeitergebnissen und im End­effekt zu einer Schwächung der Patientenbindung an den ­Behandler.

Patientenfall

Ein 74-jähriger Patient stellte sich mit dem Wunsch einer Neuversorgung in unserer Praxis vor. Sein Wunsch lag in der Korrektur der Oberkieferfront, die er selbst als zu lückig und abgenutzt empfand. Weiterhin zielte sein Anliegen auf eine vollständige Wiederherstellung der Kaufunktion. Es erfolgte eine detaillierte klinische und funk­tionelle Befundung mit digitaler Röntgenanalyse, digitaler Fotoanalyse und Situationsmodellen, die sowohl ästhetische als auch funktionelle Probleme ergab: Der Patient zeigte parafunktionelle Abrasion im Ober- und Unterkiefer mit gelenknaher Gruppenführung, Verlust der Vertikaldimension, insuffiziente Frontzahnführung und deutlich druckdolenter Kaumuskulatur. Die Analyse zeigt die Zuordnung der Ästhetikklasse 4. Neben der weißen Ästhetik müssen auch rote Ästhetik und Funktion in die Behandlungsplanung mit einfließen. Dem Patienten wurde ein Behandlungsplan vor­gelegt, der seinen Wünschen entsprach, von ihm jedoch Geduld und aktive Mithilfe forderte.

Behandlungsablauf

Primär war die zentrische Bisslage wiederherzustellen. Die über das zebris® JMA-Registriersystem ermittelten reproduzierbaren Patientendaten ermöglichen die Herstellung einer individuell gefertigten Arbeit. Mithilfe von Schienentherapie, begleitet von Physiotherapie und dem Eingliedern von laborgefertigten CAD/CAM-gefrästen Funktionskauflächen, wurde eine Front-Eckzahn-Führung in zentrischer Position erreicht.

Im Zuge der Vorbehandlung folgte die Aufstellung eines funktionell-ästhetischen Wax-up in Zentrik. Für den Erfolg einer solch komplexen Therapie ist ein Wax-up unabdingbar. Es zeigt dem Patienten, wohin die therapeutische Reise ästhetisch führen soll und leistet wertvolle Dienste in der Kommunikation. Genauso bietet es dem Behandler die Möglichkeit der besseren Einschätzung der funktionellen Situation. Nach erfolgreicher funktioneller Therapie wurden CAD/CAM-gefertigte Tabletops als Langzeitbehandlungsrestauration eingesetzt. Die Herstellung des Langzeitprovisoriums wurde durch Matchen des Wax-up mit der Ausgangs­situation erreicht. Gefräst wurde das Material in einer 5-Achs-Simultan-Fräsanlage, der Tizian Cut 5 smart plus der Firma Schütz Dental GmbH, aus PMMA Multi Blank A2.

Die Tragedauer der Tabletops belief sich auf sechs Monate. Durch die provisorische Langzeitrestauration war genug Zeit, parodontal stabile Verhältnisse zu schaffen, die Implantate im Unterkiefer zu setzen und geschlossen einheilen zu lassen sowie die neu gewonnene Zentrik und Vertikaldimension zu überprüfen. Nach entsprechender Adaption der neuen Bisssituation erfolgte die Umsetzung in die keramische Restauration. In einem zweizeitigen Verfahren wurden Unterkiefer und Oberkiefer präpariert und mit entsprechenden restaurativen Maßnahmen erneuert. Zur Schaffung eines harmonischen und ­natürlichen Gingivaverlaufs konnte im Unterkiefer isogingival präpariert werden. Im Oberkiefer musste aufgrund des ästhetisch ungünstigen Arkaden­verlaufs die Gingiva neu konturiert werden. Der ästhetisch-funktionelle Zahnersatz wurde im Labor aus e.max-Keramik vollanatomisch gepresst, reduziert und mit e.max Ceram-Schichtkeramik fertiggestellt. Die Brücken wurden aus Zirkonoxidgerüst gefertigt und mit ZirPress-Keramik der Firma Ivoclar Vivadent überpresst. Nach Einprobe mit CHX-Gel ­erfolgte das Einsetzen adhäsiv und rein lichthärtend mit dem Syntac-System und Tetric EvoFlow der Farbe A1 (Firma Ivoclar Vivadent). Zur Sicherung des Behandlungsergebnisses bekam der Patient eine Aufbissschiene und wir nahmen ihn in das Recallproramm unserer Praxis auf.

Fazit

Funktion ist nicht alles, aber ohne Funktion ist ­ ALLES nichts! Langfristig perfekt ästhetische Ergebnisse lassen sich nur mit profunder Diagnostik und Berücksichtigung der weißen, roten und vor ­allem der funktionellen Ästhetik erreichen. Selbst der modernste Zahnersatz allein kann ohne Herstellung einer neutralen und stabilen und funktionellen Okklusion mit physiologischer Kondylenposition kein zufriedenstellendes Resultat erzielen. Durch enge Zusammenarbeit von Zahnarzt, Zahntechniker und einem Patienten mit hoher Compliance wird ein funktionell gesundes und hoch­ästhetisch ansprechendes Ergebnis geschaffen. Das Ziel ist erreicht: Ästhetik, die funktioniert!

Mehr Fachartikel aus Cosmetic Dentistry

ePaper